Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl und Christoph Ludwig, Geschäftsführer der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG, im Interview über das Geheimnis des steirischen Start-up-Ökosystems, den Fokus auf Spin-off-Gründungen und die Initiative „Green Startupmark“.
Start-ups machen nur einen Bruchteil der Unternehmerschaft aus, genießen aber sehr hohe Aufmerksamkeit. Warum sind sie für einen Wirtschaftsstandort wichtig?
EIBINGER-MIEDL: Vorausschicken möchte ich, dass mir natürlich alle Unternehmensgründerinnen und -gründer gleich wichtig sind. Start-ups stehen deshalb vermehrt im medialen Fokus, weil sie oft stark wachsende Unternehmen sind, die rasch skalieren können und meist hochtechnologisch ausgerichtet sind. Daher bringen Start-ups nicht nur Aufmerksamkeit, sondern tun mit ihrer Innovationskraft dem gesamten Wirtschaftsstandort gut.
LUDWIG: Am Ende des Tages geht es immer darum, Wertschöpfung und Arbeitsplätze zu generieren. Und genau dafür bieten Start-ups große Potenziale. Folgerichtig setzt die Wirtschaftsstrategie des Landes Steiermark hier einen Schwerpunkt. Als SFG unterstützen wir Start-ups mit einer breiten Palette an Förderungs- und Finanzierungsinstrumenten, um eine möglichst große Hebelwirkung für den Wirtschaftsstandort zu erzielen.
Das steirische Innovations-Ökosystem wird oft zitiert: Worin liegt sein Erfolgsgeheimnis?
EIBINGER-MIEDL: Die wichtigste Zutat sehe ich in unserer Kooperationskultur – diese ist beispielgebend für Europa. Ob Cluster, Kompetenzzentren, Hochschulen oder Forschungseinrichtungen – wir arbeiten seit Jahren stetig an der Vernetzung aller relevanten Player. Und diese Zusammenarbeit trägt Früchte. Auch wenn sich etablierte Unternehmen mit Start-ups zusammentun, ist das eine absolute Win-win-Situation. Ein gutes Beispiel dafür ist das Data House am Campus der TU Graz, in dem Corporates genauso angesiedelt sind wie Start-ups und wissenschaftliche Institute.
„Die SFG ist der Joker für Jungunternehmerinnen und -unternehmer, den man in jeder Wachstumsphase ziehen kann.“
Christoph Ludwig,
Geschäftsführer SFG
Wo gibt es noch Entwicklungspotenziale?
LUDWIG: Ich bin ebenso überzeugt davon, dass kein anderes Bundesland in Österreich über ein derart starkes Ökosystem verfügt – ein echter USP für die Steiermark. Entscheidend sind die Schnittstellen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft – das sind häufig die Brutstätten für neue Ideen und die Gründung von Spin-offs. Genau in diesem Bereich sehen wir noch Potenzial. Daher unterstützt die SFG hier mit einem neuen Förderungsprogramm, um mehr Spin-off-Gründungen im Forschungsumfeld mit zu initiieren.
EIBINGER-MIEDL: Weiteres Potenzial sehe ich auch darin, dass wir vermehrt über die Bundesländergrenzen hinaus agieren. Im Start-up-Bereich strecken wir die Fühler immer mehr Richtung Südosteuropa aus. Unser klares Ziel ist, dass die Steiermark international noch mehr als spannender Start-up-Standort wahrgenommen wird.
LUDWIG: Ein tolles Beispiel dafür ist etwa der Science Park Graz, Österreichs größter Inkubator, der gemeinsam mit der Europäischen Raumfahrtagentur ESA den Inkubator ESA-BIC betreibt und internationale Gründungen in Graz unterstützt. Entscheidend für den Standort ist, dass wir nicht nur überregionale Start-ups anziehen, sondern auch internationale Investoren und Venture Capital Fonds.
Was brauchen Gründerinnen und Gründer in stürmischen Zeiten?
EIBINGER-MIEDL: Start-ups bringen von Natur aus Flexibilität und Anpassungsfähigkeit mit – Stärken, die ihnen gerade in Krisenzeiten zugutekommen. Unbestritten ist aber, dass die hohen Zinsen der vergangenen Jahre die Finanzierung für Start-ups zuletzt erschwerten. Ich bin aber zuversichtlich, dass künftig in einem Umfeld sinkender Zinsen wieder mehr privates Kapital in Start-ups investiert wird. In der SFG haben wir dafür die Voraussetzungen geschaffen und entsprechende Instrumente im Programm.
„Start-ups bringen nicht nur Aufmerksamkeit, sondern tun mit ihrer Innovationskraft dem gesamten Wirtschaftsstandort gut.“
Barbara Eibinger-Miedl, Wirtschaftslandesrätin
Was ist wichtiger: Kohle oder Kontakte?
LUDWIG: Beides ist wichtig – und als SFG können wir auch beides bieten. Im Finanzierungsbereich geht es uns vor allem darum, privates Kapital anzureizen. Wir sind bewusst dazu übergegangen, nur noch Venture Capital-Finanzierungen zu machen, wenn privates Kapital im gleichen Ausmaß investiert wird. Auch darüber hinaus bietet die SFG einen Werkzeugkoffer an Unterstützungen im Start-up-Bereich. Damit ist die SFG der Joker für Jungunternehmerinnen und -unternehmer, den sie in jeder Wachstumsphase ziehen können. Wir unterstützen auf allen Ebenen – ob mit Finanzierungen, Förderungen oder unserem Netzwerk. Die Förderungen gehen weit über die klassischen Gründungsförderungen Start!Klar und Start!Klar Plus hinaus und umfassen auch das Programm Lebens!Nah sowie Förderungen für die Themen Qualifizierung, F&E und Investitionen.
Wie können wir aus Start-ups noch mehr Scale-ups machen?
EIBINGER-MIEDL: Es zeigt sich, dass unsere Aktivitäten Früchte tragen, vor allem auch die Investitionen in den Ausbau unserer Infrastruktur – ob Unicorn Startup & Innovation Hub, ZWT oder Science Park Graz. Seit wir die Initiative Startupmark gestartet haben, hat sich die Steiermark bei Neugründungen sukzessive an die Spitze der Bundesländer gesetzt – gerade auch im Bereich der Scale-ups, wie der „Austrian Startup-Monitor“ bestätigt. Demnach erzielen Gründungen in der Steiermark höhere Umsätze und beschäftigen mehr Mitarbeiter als Start-ups an anderen Standorten.
LUDWIG: Unser Mindset ist klar: Das beste Start-up ist ein Scale-up. Es ist unser erklärtes Ziel, Start-ups dabei zu unterstützen, in die Wachstumsphase zu kommen, um Arbeitsplätze und Wertschöpfung zu generieren. Natürlich werden nicht alle Start-ups zu Scale-ups, aber es schaffen viele. Ich bin sicher, dass wir schon in den nächsten Monaten wieder von erfolgreichen Exits aus der heimischen Start-up-Szene hören werden – das sind Success-Storys, die der Standort dringend braucht.
Welche Art von Start-ups liegen Ihnen besonders am Herzen?
EIBINGER-MIEDL: Ich bin grundsätzlich immer begeistert, wenn jemand eine Idee hat und sich damit selbstständig macht. Wir brauchen unternehmerischen Spirit. In der Wirtschaftsstrategie des Landes haben wir einen Fokus auf die Stärkefelder Mobilität, grüne Technologien und Life Sciences. Daher freuen wir uns über Gründungen in diesen Feldern besonders. Bei Green Start-ups ist die Steiermark bereits die Nummer eins in Österreich. Im Vorjahr haben wir nun die „Green Startupmark“ ins Leben gerufen – mit Schwerpunkt auf die Region Obersteiermark. Denn die Industrieregion ist besonders gefordert, die grüne Transformation zu vollziehen. Daher wollen wir das Know-how von Start-ups rund um die Montanuniversität Leoben und andere Partner – mit Unterstützung durch Mittel der EU – gezielt stärken.
Fotos: Oliver Wolf