Wie werden die angekündigten Strafzölle der Trump-Administration steirische Exporteure treffen? Mit welchen Strategien werden exportorientierte Unternehmen darauf reagieren? Und welche neuen Märkte bieten die größten Zukunft schancen? Eine hochkarätige Runde diskutierte bei uns am Roundtable.
Nach Trumps Zoll-Ankündigungen – mit welchen Auswirkungen auf die steirische Exportwirtschaft rechnen Sie?
Hartleb: Die USA sind das Exportland Nummer zwei für die Steiermark – anteilsmäßig ist der US-Markt für unser Bundesland sogar höher als für gesamt Österreich. Zuletzt sind die Exporte in die USA stark gestiegen – um 22 Prozent im ersten Halbjahr 2024 auf rund 1,9 Milliarden Euro. Wir haben hierzulande viele Technologiefirmen, kleinere und größere, die den amerikanischen Markt adressieren. Die Entwicklung der Exporte über die Zeit ist beeindruckend. In den 90er-Jahren – als ich im Außenwirtschaftscenter in New York tätig war – hat Österreich im Jahr Waren im Wert von nicht einmal vier Milliarden Schilling exportiert, heute sind es 12 Milliarden Euro. Dazu kommen rund 800 österreichische Niederlassungen in den USA. Der Trend war jahrelang klar: Die USA deindustrialisiert und Europa exportiert, während die USA den Dienstleistungssektor im IT-Bereich hochgefahren haben. Dieser Trend wird sich nicht so einfach umkehren. Egal, was passiert, ich bin sicher, der US-Markt wird auch künftig nicht wegbrechen.
Was macht Sie so zuversichtlich?
Hartleb: Zum einen haben wir viele Firmen, die schon Niederlassungen im Markt haben. Und zum anderen haben viele unserer heimischen Unternehmen Technologien zu bieten, die die USA nicht so einfach aus dem Boden stampfen können. Europa hat hier durchaus eine Position der Stärke. Wir sind weder als Markt noch als Technologielieferant so leicht ersetzbar. Die Amerikaner werden auch unter Trump investieren – das bietet auch unseren Exporteuren Chancen, zumal die Chinesen vermutlich zunehmend aus dem Markt gedrängt werden. Daher bin ich nicht so pessimistisch, der US-Markt wird bedeutend bleiben. Klar, der Druck für europäische Firmen, sich in den USA lokal niederzulassen, wird steigen. Solche Phasen hat es in der Vergangenheit immer wieder gegeben und wir haben damit umgehen müssen. Was noch dazu kommt: Das Handelsbilanzdefizit der USA ist zwar groß, aber auch ihr Leistungsbilanzüberschuss. Die IT-Riesen der USA machen in Europa enormes Geschäft – das wird irgendwann auch beim US-Präsidenten ankommen.

Siemens Energy Austria produziert in Weiz Transformatoren für Energienetze sowie Windkraftanlagen und liefert in die halbe Welt – auch in die USA. Welche Auswirkungen erwarten Sie?
Göß: Im Bereich Energienetze hat die USA riesigen Aufholbedarf, was die Netzinfrastruktur und die Umstellung auf dezentrale Energieerzeugung betrifft – entsprechend groß ist auch der Markt. Dazu kommt der stark steigende, vor allem KI-getriebene Energiehunger von Rechenzentren. Zig Milliarden werden dort investiert. Allein im Bundesstaat Georgia müssen in den nächsten Jahren 600 Meilen neue Stromleitungen verlegt werden – inklusive Umspannwerke, Verteilzentren etc. Gerade in diesem Bereich sind die USA aber stark deindustrialisiert – das gilt auch für einen Teil der Produkte, die wir in Weiz herstellen, also das Segment der Leistungstransformatoren. Die USA sind davon abhängig, Produkte in diesem Bereich zu importieren. Ein Highlight unserer Exportgeschichte haben wir im Vorjahr just in den USA gefeiert. Der 5.000ste Großtransformator aus unserem Werk – über 300 Tonnen schwer – ging über den Seeweg nach New York. Ein Großteil der Transformatoren im Großraum New York ist aus unserem Werk.
Das heißt, Sie betrachten die Entwicklung relativ entspannt?
Göß: Zum Zollthema gibt es bislang viele Überschriften, aber derzeit noch wenig Details (Anm.: Die Diskussion fand Ende Februar statt.) Beim derzeitigen Stand der Dinge schätze ich das Risiko für unsere Sparte nicht besonders hoch ein. Möglicherweise liegt das größere Risiko in den Gegenreaktionen der Europäischen Union. Denn auch wir müssen bestimmte Spezialkomponenten aus den USA zukaufen – und wenn die EU im Gegenzug für Importe aus den USA Zölle verhängt, die über die Klassiker Harley Davidson und Whisky hinausgehen, dann könnte es auch uns betreffen – zum Nachteil aller Beteiligten: Wir hätten einen Wettbewerbsfähigkeitsnachteil in Europa und das fertige Produkt, das wir exportieren, macht sich die USA zweifach teuer. Und noch ein Punkt: Wenn Elon Musk mit seiner DOGE-Einheit die US-Bürokratie weiter aufmischt, sägt die USA an der administrativen Basis, die die unzähligen Erlässe, gerade im Zollbereich, umsetzen muss. Daher bin ich sehr gespannt, wie das ausgeht.

Auch die KNAPP ist stark am US-Markt präsent. Der weltgrößte Einzelhändler Walmart etwa ist wichtiger Kunde.
Robosch: Es ist richtig, die USA sind für uns ein enorm wichtiger Markt –aber KNAPP zeichnet aus, dass wir global sehr breit aufgestellt sind. Wir sind in ganz Europa aktiv, in Südamerika, in Australien und in Teilen Asiens. Der US-Markt ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen, weil dort der Bedarf an weniger flächenhungrigen, höher automatisierten Lagerverteilzentren gestiegen ist. Mittlerweile rücken alle Anbieter – teilweise von Amazon getrieben – näher an ihre Kunden heran und damit näher an die Städte. Diese Trends spielen uns in die Hände. Was die angekündigten Zölle betrifft, warten wir noch auf Details, aber aller Voraussicht nach werden uns diese insofern betreffen, als diesmal auch profilierter Stahl von den Zollmaßnahmen erfasst sein dürfte. Und diese Stähle brauchen wir unter anderem für unsere Regale – dieser Anteil in unseren Projekten ist nicht unerheblich. Was uns aber hilft, ist unsere starke Niederlassung in den USA. Schon heute erzielen wir eine Wertschöpfung im Ausmaß zwischen 40 und 60 Prozent bei unseren US-Projekten und haben die Möglichkeit, dies bei Bedarf noch weiter zu erhöhen. Zudem würden Zölle ja auch den Großteil unserer Mitbewerber betreffen. So hat zum Beispiel einer der größten lokalen Marktbegleiter erst kürzlich seine gesamte Produktion von Michigan nach Mexiko verlegt. Ein weiterer Faktor: Der Euro-Dollar-Wechselkurs kann sich aus Sicht von US-Unternehmen günstig entwickeln, was Zölle bis zu einem gewissen Grad wieder ausgleichen würde.
Also kein Grund für Panik, wie Ihr CEO zuletzt schon in einem Zeitungsinterview meinte?
Robosch: So ist es – Panik wäre ein schlechter Ratgeber. Ich bin überzeugt, dass wir auch in Zukunft gut aufgestellt sind – weltweit und in den USA. Der US-Markt wird nicht weggehen und für uns weiterhin wichtig bleiben – gleichzeitig werden wir uns weiter international diversifizieren, um nicht zu sehr von einzelnen Märkten abhängig zu sein. Grundsätzlich gilt: Zoll-Entscheidungen sind im Endeffekt neue Gegebenheiten, an die man sich als Unternehmen in irgendeiner Form anpassen muss. Umgekehrt würde es uns in Europa sehr helfen, wenn wesentliche, politische Entscheidungen auf höchster Ebene schneller und geeinter getroffen werden. Wenn wir immer drei Jahre diskutieren, bis wir zu einer Entscheidung kommen, verliert der Kontinent immer mehr den Anschluss.
Wie wichtig ist der US-Markt für Binder & Co.?
Pfeffer: Wir machen rund zehn Prozent unseres Umsatzes in den USA. Im Vergleich zu Europa ein deutlich geringerer Umsatzanteil, aber die USA sind durchaus ein Wachstumsmarkt, den wir von Gleisdorf aus bedienen. Wir exportieren dorthin hauptsächlich Glasrecyclingmaschinen – ein Bereich, der eine hohe Spezialisierung erfordert. Unsere Mitbewerber kommen nicht aus den USA, daher würden Zölle alle treffen. Wir haben keine Produktion vor Ort, aber einen Standort für Service und Sales, um ständig einsatzbereit zu sein. Die Amerikaner schätzen unsere Reaktionsschnelligkeit. Daher sehen wir die Zollthematik nicht so dramatisch, auch die Zolltarifnummern, die derzeit im Gespräch sind, sind für uns nicht sehr bedeutend. Letztendlich können wir nur in der Nische erfolgreich sein und müssen hier Technologieführer bleiben. Glas mit Recyclingglas zu erzeugen ist billiger als mit neuem Glas. Unsere Maschinen bieten also einen echten Mehrwert. Beim Metallrecycling ist es ähnlich, weshalb wir auch diesen Bereich forcieren. Diese Entwicklungen werden auch unter Trump weitergehen – weil sie, unabhängig vom ökologischen Nutzen, einfach wirtschaftlich Sinn machen.
Ihre Schlussfolgerung?
Pfeffer: In der Umwelttechnologie ist Europa stark aufgestellt – ich finde, Europa müsste sich viel mehr seiner Stärken besinnen. Generell haben wir hierzulande natürlich ein Thema, das uns alle beschäftigt: die hohen Kosten, die uns am Standort sehr stark treffen. Bei Binder & Co. produzieren wir zwar nicht sehr energieintensiv, aber die Personalkosten sind immens. Wir merken, dass die Margenerosion bereits begonnen hat. 95 Prozent unserer Produkte vertreiben wir in der Welt. Wir machen in Europa über 50 Prozent Umsatz, den größten Teil in Deutschland, 35 Prozent fallen auf Asien und Australien. Damit hat die Wettbewerbsfähigkeit am Standort eine essenzielle Bedeutung.

smaXtex enzwickelt Sensorik im Bereich der Kuh-Gesundheit für Milchwirtschaftsbetriebe. Zuletzt stieg der US-Fonds KKR ins Unternehmen ein – wie wichtig sind die USA als Wachstumsmarkt?
Scherer: Die USA sind für uns sehr wichtig – und derzeit unser schnellst wachsender Markt. Wir expandieren weltweit und haben unseren Umsatz in den vergangenen vier Jahren jeweils jährlich verdoppelt. Was die Zollsituation betrifft, bin ich ganz bei meinen Vorrednern – wir müssen zuerst abwarten, was konkret umgesetzt werden wird. Das Schlimmste wäre, in einen Panikmodus zu verfallen. Auch unsere Wettbewerbsfähigkeit wird weniger von den USA, sondern vielmehr von uns selbst in Europa bestimmt. Die Lohnkosten wurden angesprochen. Wir müssen wieder ein positives Klima schaffen und Bürokratismus und Lohnkostensteigerungen hinter uns lassen – da haben wir eine unausgewogene Balance. Wir müssen dafür sorgen, dass sich Leistung wieder lohnt. Wir haben super ausgebildete Mitarbeiter, tolle Start-ups und erstklassige Technologien in der Steiermark – aber wir müssen die Menschen, die wollen, sich auch entfalten lassen. Das wäre meine Hoffnung.
Ihre Produkte haben einen hohen Software-Anteil. Würden Zölle das Unternehmen dennoch treffen?
Scherer: Tatsächlich liegt bei uns ein hoher Anteil der Wertschöpfung in der Software. Die USA importiert viel Hardware, aber exportiert bekanntlich viel an Datenund Cloud-Diensten. Daher kann ich mir nicht vorstellen, dass Trump in diesem Bereich Zölle einheben wird – das würde umgekehrt die USA treffen. Insgesamt beurteile ich die Situation als schwer berechenbar. Als Unternehmen müssen wir akzeptieren, dass die Zeit der langfristigen Planbarkeit vorbei ist. Es geht mehr denn je darum, agil zu bleiben und schnell reagieren zu können. Das macht es sicher herausfordernd. Wir haben vor drei Jahren eine Niederlassung in den USA eröffnet – für Vertrieb, Support und Consulting. So können wir schneller reagieren. Zum Stichwort Industrialisierung in den USA: Ich habe vor rund 20 Jahren bereits einmal eine Firma im Bereich Präzisionsmesstechnik in den USA gegründet. Damals druckte das Time Magazin auf seiner Titelseite „Manufacturing is back“. Seither haben die Amerikaner eine gewisse Aufholjagd in der Produktion hingelegt.
Pfeffer: Das sehe ich in unserem Segment nicht – unsere Nische ist zu klein. Neue lokale Anbieter haben weiterhin hohe Markteintrittsbarrieren.

Göß: Im Segment der Transformatoren gibt es zwar Industrie vor Ort, allerdings ist die Nachfrage so groß, dass die Kapazitäten bei Weitem nicht ausreichen. Es dauert Jahre, um Fabriken in diesem Bereich aufzubauen – und vor allem das Know-how der Mitarbeiter. Der Automatisierungsanteil ist relativ gering, weil die Varianz hoch ist und die Stückzahl niedrig. Man braucht spezialisiertes Personal im Engineering und in der Fertigung. Das ist einer der Gründe, warum wir von Weiz aus Transformatoren in die ganze Welt liefern. Wir machen das seit 130 Jahren und haben die nötigen Fachkräfte, wie nur ganz wenige Stand-orte auf der Welt. Diese können sie nicht einfach auf Knopfdruck vermehren. Aus diesem Grund errichtet Siemens Energy im Raum Weiz derzeit einen neuen, größeren Fertigungsstandort für Transformatoren für Windkraftanlagen. Der Bereich, den ich kaufmännisch leiten darf. Diese Transformatoren liefert Siemens Energy an Windturbinenhersteller, die größtenteils in Deutschland und Dänemark beheimatet sind. Etwa 80 Prozent aller in Betrieb befindlichen Offshore-Windkraftanlagen, die nicht aus China kommen, sind mit unseren Transformatoren ausgestattet. Darauf sind wir natürlich stolz. Das ist ein interessanter Markt mit extremem Drive, was Innovation betrifft. Ein Markt mit großer Zukunftsperspektive – vor allem in Hinblick auf die Energiewende.
Hartleb: Es sind genau diese Positionierungen in technologischen Nischen, die unseren Firmen einen gewissen Schutz bieten. Es bestätigt sich immer wieder, dass Unternehmen aus Österreich, vor allem aus der Steiermark, in den Zielmärkten auf Grund des hohen Spezialisierungsgrads und dem Umstand, dass unsere Unternehmen meist als Zulieferer agieren, fest verankert sind. Wir sind also in Marktnischen tätig, bei denen die Eintrittsschwellen hoch sind und viel Know-how nötig ist. Hier sehe ich auf Deutschland vergleichsweise größere Herausforderungen zukommen, da deutsche Unternehmen ja vielfach Gesamtanlagen verkaufen und damit häufig in unmittelbarer Konkurrenz zu lokalen Anbietern stehen. Für uns ist hier die – wahrscheinlich zu enge – Verflechtung mit der deutschen Industrie und die starke Einbettung in deren Zulieferketten indirekt problematisch. Die Frage ist, wie schaffen wir hier mehr Unabhängigkeit? Wie können wir die Dynamik in anderen Märkten nutzen? In der Vergangenheit sind wir oft mit der deutschen Industrie mitgegangen. Jetzt wäre wohl die beste Zeit, dass wir uns stärker eigenständig – parallel und vielleicht sogar in Konkurrenz – in Märkte bewegen. Es muss nicht immer nur der deutsche Konzern sein. Auch die Spanier und Italiener sind gut unterwegs, auch die Portugiesen, die etwa in Afrika und Südamerika sehr aktiv sind.
Pfeffer: Deutschland ist für Österreich sicherlich kritischer zu sehen als die USA. Die Stagnation bei unserem Nachbarn dauert nun schon zwei, drei Jahre an und ist auch bei uns spürbar – Entscheidungen werden ständig vertagt, vieles ist auf Hold. Wir sind zum Glück technologisch breit aufgestellt und haben mehrere Standbeine. Aber die Entwicklung in Deutschland stellt einen Engpass dar, der wirtschaftliche Auswirkung hat – nicht nur für unser Unternehmen.
Wie könnten wir uns von Deutschland weniger abhängig machen?
Hartleb: Gefragt ist eine technologische Vertiefung. Aber auch eine geografische Diversifikation. Schließlich haben wir ja auch ein China-Risiko – China ist immerhin Exportmarkt Nummer vier für die Steiermark. Und da könnten Entwicklungen auf uns zukommen, die es künftig schwieriger machen, den Markt zu bedienen – siehe den Handelskrieg USA-China. Zu den Märkten, die wir bisher zu wenig beachtet haben, zählt sicherlich Indien. Indien ist derzeit Nummer 25 in der steirischen Exportstatistik – recht bescheiden für die fünftgrößte Weltwirtschaft und das bevölkerungsreichste Land der Welt. Dort werden gerade Unsummen in die Infrastruktur investiert. Da haben wir, glaube ich, ein bisschen einen weißen Fleck – und in der Vergangenheit wohl zu sehr nach China geschielt, in der Hoffnung, dass es dort leichter geht. Aber nicht nur Indien, ganz Südostasien, Afrika oder Südamerika bieten ungeheure Chancen. Allesamt Märkte, die noch zu wenig im Fokus stehen.
Scherer: Indien ist sicherlich auch für uns in Zukunft ein Thema. Es ist das Land mit den meisten Milchkühen. Allerdings sind über zwei Drittel der Milchwirtschaft nicht im offiziellen Markt. Der durchschnittliche Milchlandwirt in Indien hat 1,6 Tiere. Das heißt, da kommt die Milch von der Kuh direkt in die Kaffeetasse. Aber es gibt natürlich auch große und interessante Milchwirtschaftsbetriebe.
Robosch: Wir sind in beiden Märkten vertreten, sowohl in Indien als auch China, wobei wir uns dort in erster Linie auf das Sourcen konzentrieren. Wir haben auch Anlagen gebaut, aber China hat sich für uns als relativ schwieriger Markt erwiesen. Und Indien kommt für unseren Automatisierungsgrad noch ein wenig zu früh. Aber wir beobachten den Markt sehr genau. Der wichtigste Markt in Asien für uns ist derzeit Südkorea. Dazu kommen andere Länder, die sich in puncto Wohlstandslevel ebenso entwickeln und früher oder später Bedarf an unseren Anlagen haben werden. Es gibt im gesamten asiatischen Bereich für uns noch Wachstumspotenzial.

Pfeffer: Wir hatten in China einen Standort und uns wieder zurückgezogen, weil man dort immer wieder mit erratischen Entscheidungen zu kämpfen hat. Mit Südkorea haben auch wir sehr gute Erfahrung – Indien ist für die Verpackungsindustrie bereits jetzt ein wichtiger Markt, der sich noch weiter entwickeln wird. Unser Anspruch muss es sein, Innovation und Technologie immer an erster Stelle zu setzen. Wir müssen in den Nischen stark bleiben und die Know-how-intensiven Produkte, die wir hier haben, in die Märkte weltweit verkaufen. Entscheidend ist für uns, auf mehreren Standbeinen zu stehen – technologisch und geografisch.
Göß: Siemens Energy hat mehrere Standorte in China, von wo aus der gesamte asiatische Markt mit Transformatoren bedient wird. Für uns in Weiz sind Taiwan und Südkorea interessant. Gerade Taiwan hat extrem große Windenergieausbaupläne, getrieben durch die Chip-Hersteller, die gezwungen sind, grüne Energie zu verwenden. Taiwans Regierung hat sehr rigorose Lokalisierungsanforderungen beschlossen. Jetzt müssen verschiedenste Komponentenhersteller dort entweder Werke aufbauen oder sich aufwändige Konzepte überlegen, um diese Anforderungen zu erfüllen, bei denen Komponenten und Produkte teilweise dreimal um die Welt segeln, bis sie dann Strom erzeugen. Das Pro blem dabei ist, dass man auf diese Weise das Ziel der Dekarbonisierung aus den Augen verliert. Das Thema sehe ich auch im Rahmen der gesamten Zoll-Debatte und der möglichen Handelskriege – der Klimaschutz droht einer der großen Verlierer zu werden.
Scherer: Ich bin ein pathologischer Optimist. Überall, wo es Herausforderungen gibt, gibt es auch Chancen. Und überall, wo motivierte Menschen mit einer positiven Grundeinstellung etwas erreichen wollen, wird dies möglich sein. In der Milchwirtschaft schaffen wir mit unserer Technologie den sogenannten Triple Win – wir machen die Milchproduktion nachhaltiger, indem wir rund 15 Prozent CO2 pro produziertem Liter Milch einsparen, wir erhöhen das Tierwohl und wir verbessern das Betriebsergebnis der Produzenten. Damit haben alle was davon: die Gesellschaft, die Tiere und der Landwirt – weltweit. Der Milchkonsum wird weiter steigen. Es gibt weltweit ca. 280 Millionen Milchkühe – den adressierbaren Markt für uns beziffern wir mit ca. 100 Millionen. Aktuell haben wir etwas über eine halbe Million Kühe online. Das heißt, es gibt enormes Potenzial. Unser nächstes Wachstumsprogramm haben wir CentaurX genannt. Wir haben eine Strategie entwickelt, um unser Wachstum weiter stark in Richtung über 100 Millionen sogenannte Annual Recurring Revenues zu entwickeln. In dieses Ziel investiert KKR, einerseits in unseren Standort hier, in die Weiterentwicklungen und in die globale Expansion. Und das unabhängig davon, wie die Geschichte mit Trump oder potenziellen Handelskriegen weitergeht. Die Nachfrage nach Milch wird nicht weniger – nachhaltige und effiziente Milchwirtschaft ist in Zukunft mehr denn je gefragt. Und dazu leisten wir einen wichtigen Beitrag.

Wird es zum Handelskrieg kommen?
Hartleb: Trump wird sich wohl daran orientieren, wo wir Europäer Zölle einheben – etwa bei den Autos – und es uns gleichtun. Das wäre rational. Aber ob es dabei bleiben wird, ist Kaffeesud lesen. Er wird aber sicher Gegendruck von der eigenen Industrie bekommen – wegen der steigenden Kosten für die eigene Produktion. Wir sehen beim Internationalisierungscenter Steiermark auch, dass die Amerikaner gerade sehr aggressiv anwerben. Wir haben laufend Delegationen hier aus den USA, die von uns gerne die Kontaktdaten der Top-Firmen hätten, um sie zur Übersiedlung in die USA zu bewegen. Dafür sind wir natürlich nicht zu haben. Aber es zeigt, dass sie ein günstiges Zeitfenster sehen, Firmen und Know-how ins Land zu holen. Firmen werden laufend sehr verlockende Angebote z.B. auf Basis des Inflation Reduction Acts gemacht, der ja nichts anderes als ein riesiges Subventionssystem ist. Ich finde, da müssen wir politisch dagegenhalten, ohne gleich allzu protektionistisch zu werden.
Pfeffer: Entscheidend wird sein, dass wir als Europa uns strategisch gut positionieren und einsehen, dass wir uns auf jahrzehntelange Partner nicht mehr verlassen können. Das haben wir zuletzt ja alle vorgeführt bekommen. Die Lösung müsste national und europäisch sein. National insofern, dass wir unsere Hausaufgaben machen und Rahmenbedingungen schaffen, die uns wieder konkurrenzfähig machen. Und europäisch, indem sich die Volkswirtschaften der EU wieder ihrer Stärken besinnen und aufhören, sich auseinander dividieren zu lassen. Diese Chance müssen wir nutzen. Der Wohlstand, den wir und die Generation vor uns erarbeitet haben, ist nicht selbstverständlich. Wir müssen alles tun, ihn zu erhalten. Dazu muss – es wurde angesprochen – Leistung wieder belohnt werden. Wenn jemand viel arbeitet, soll er viel verdienen. Das würde uns allen helfen – in Österreich und in Europa.
Rückt die EU durch Trump wieder näher zusammen?
Robosch: Das wäre Hoffnung, die man haben kann. Ich würde sagen, ein paar Dinge sind bereits in Bewegung gekommen, die sehr festgefahren waren – zum Beispiel die Anpassung des Green Deal in Richtung Clean Deal. Das ist durchaus etwas, dem wir alle positiv gegenüberstehen. Es ist dringend notwendig, dass wir europäischer denken und, wie schon vorhin gesagt, schneller und geeinter zu Aussagen und Handlungen kommen, als das bislang der Fall war.
Scherer: Ich sehe einen Mentalitätsunterschied zwischen Europäern und Amerikanern, was die Wirtschaft betrifft. In den USA gilt sehr stark, dass Wohlstand von Leistung und nicht von Umverteilung getrieben wird. Diese Einstellung bedeutet einen gewissen Wettbewerbsvorteil. Die oben angesprochene Gefahr eines Handelskriegs in Kombination mit der international schwächer werdenden Wettbewerbsfähigkeit von Europa ist eine Herausforderung. Ich sehe hier die Chance für Europa, sich wieder stärker auf gemeinsame Werte zu fokussieren und gleichzeitig einen Entrepreneurial Spirit zu fördern.
Göß: Ein Thema könnte in der EU – durch Trump gepusht – nun tatsächlich auf die Agenda kommen: Nämlich dass sich die EU überlegt, wie sie für ihre eigene industrielle Wertschöpfung wieder ein ebenes Spielfeld schaffen kann – nicht was die USA betrifft, sondern vor allem gegenüber asiatischen Produzenten. Wir spüren das in unserer Sparte sehr stark – chinesische Hersteller und deren Produkte drängen mit möglichen staatlichen Milliarden-Subventionen in den Markt und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie kann ihrerseits nur gehalten werden, wenn Komponenten aus Asien importiert werden. Ich hoffe, dass der aktuelle Druck nun dazu führt, dass man sich dessen mehr bewusst wird und hier gegensteuert. Was wir in unserer global gesehen kleinen Region wie der Steiermark auf jeden Fall machen müssen: noch stärker zusammenarbeiten und Innovationsnetzwerke aufbauen. Österreich wird nie Lohnstückkosten-Weltmeister sein, aber wir können die Innovativsten sein. Wenn wir diese Vor-teile in Innovation und Technologie weitertreiben, können wir alle möglichen Präsidenten der USA überleben.
Hartleb: Ich war fast 30 Jahre im Ausland tätig. Seit meiner Rückkehr erlebe ich jeden Tag, dass hier wirtschaftspolitisch extrem viel gut gelaufen und der Standort Steiermark weiterhin attraktiv ist – dazu tragen unsere Cluster bei, die super aufgesetzt wurden, aber auch die sehr starke Vernetzung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Klar, man kann immer noch besser werden, aber insgesamt bin ich recht optimistisch. Wir brauchen mehr denn je eine Standortpolitik, die internationale Firmen anzieht, um sich hier anzusiedeln – in Bereichen, wo wir schon Leuchttürme haben und gut positioniert sind. Das wäre mein Anliegen, dass wir unsere Standortstärken noch intensiver international kommunizieren – um die besten Köpfe anzusprechen und am Ende des Tages technologisch hochstehende Produkte exportieren zu können.
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