Universitäres Entrepreneurship fußt auf vielen Parametern: Es braucht eine gründungsfreundliche Umgebung, proaktives Scouting nach Themen, Projekten und Personen und Plattformen zugunsten von Match-Makings zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und der Spin-off-Community.
Mit Mario Fallast ist im Team des Forschungs- & Technologie-Hauses der TU Graz selbst ein erfolgreicher Unternehmensgründer tätig. Gemeinsam mit einem Studienkollegen hatte er 2009 die smaXtec animal care gegründet, die sich längst zum weltweit tätigen IT-Unternehmen im Gesundheitsmonitoring von Kühen entwickelt hat. Es ist ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren, das Spin-offs und Start-ups auf universitärem Boden gut gedeihen lässt, wie Christoph Adametz, stellvertretender Leiter im Forschungs- & Technologie-Haus an der TU Graz (F&T-Haus), vor Augen führt: Ausgezeichnete erkenntnisorientierte Forschung und der zeitgerechte Schutz von bahnbrechenden Ergebnissen auch in Form von Patenten; erfolgreiche Vorbilder, die von der Universität prominent ins Rampenlicht gerückt werden; eine lebendige Start-up-Community am Standort und Studierende, welche die Karriereoption selbstständiges Unternehmertum als gleichwertig mit einer Wissenschafts- oder Privatwirtschaftskarriere erfahren.
Die Uni Graz setzt auf frühphasige Förderprogramme und ein volles Commitment der Universität.
INNOVATIONS-ÖKOSYSTEM
„Gute Bedingungen für Spin-offs an einer Uni erfordern das volle Commitment der Universität. Also ein proaktives Scouting nach Themen, Projekten und vor allem Personen – sowohl in der Forschung als auch in der Lehre. Es ist uns wichtig, auch Studierende für das Thema Gründen zu sensibilisieren und die nötigen Fähigkeiten zu vermitteln. Wir sehen Spin-offs nicht nur als wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen, sondern als Teil eines Innovations-Ökosystems“, unterstreicht Peter Riedler, Rektor der Universität Graz. Gelebtes unversitäres Entrepreneurship fußt auf einer entsprechenden Kultur und Infrastruktur sowie einem großen Netzwerk für Gründungsaktivitäten – ob Science Park Graz als Hightech Inkubator und FabLab der TU, ob Unicorn als Start-up- & Innovation Hub oder Zentrum für Entrepreneurship an der Uni Graz. Das Entwicklerstudio Bongfish startete im Fachbereich Gaming-Software. Dem Know-how der Schwesterfirma Blackshark. ai entstammt der digitale Zwilling unseres Planeten: das Spin-off PureSurf an der Universität Graz. Am Institut für Chemie entwickelt das Team rund um Leiterin Katalin Barta Weissert aus ligninbasierten Abfallprodukten der Papier- und Lebensmittelindustrie sowie der Landwirtschaft „grüne Tenside“. Das universitäre Start-up ProtectLiB wiederum revolutioniert das Recycling von E-Auto-Batterien, um eine kostengünstige und umweltfreundliche Wiederverwertung von Rohstoffen zu ermöglichen. Allein in den letzten zehn Jahren gab es im Umfeld der TU Graz 120 Unternehmensgründungen, gemeinsam haben diese 1.100 Beschäftige wie die Start-up-Map der TU Graz zeigt. 34 fielen in den Zeitraum zwischen 2018 und 2021. Das katapultierte die TU Graz im Bereich universitärer Unternehmensgründungen österreichweit auf Platz 1 – gefolgt von der TU Wien, wie die Initiative Spin-off Austria erhob.
Die TU Graz sensibilisiert im Forschungs-& Technologie-Haus auf viele Fragen des Unternehmertums.
PRE SPIN-OFF
Ganz am Anfang, noch im Pre Spin-off, fehlt es für Adametz allerdings noch an rasch verfügbarer öffentlicher Förderung für den Prototypenbau und erste Tests, „die aws-Prototypenförderung sollte massiv ausgebaut werden“. Das Angebot an Gründungszentren und Beratung in Österreich sei grundsätzlich gut, aber fast zu üppig, wohingegen das Unternehmenswachstum durch den Einstieg privater Investoren schwieriger als in anderen Ländern sei, „Österreich ist einfach auch ein kleiner Markt“. Mit „Meet Hidden Champions“ veranstaltet das F&T-Haus ein Recruitingevent exklusiv für Start-ups und KMU, die für ihr Wachstum Arbeitskräfte und Praktikanten suchen. Heuer hatten die 20 Unternehmen technischer und naturwissenschaftlicher Branchen mehr als 300 Jobs zu vergeben. Das Event „Tech Start-up Forum“ fungiert am 14. November als Pilotversuch: Start-ups treffen Investoren und Partnerunternehmen der TU Graz. „Ein zentrales Hindernis bei der Förderung von Spin-offs liegt vor allem darin, dass Unterstützungen häufig eher von der Forschungsseite und nicht vom Markt kommen. Das erschwert Gründungen für in der Wissenschaft tätige Personen. Zudem fehlt es an einer langfristigen Absicherung nationaler Förderprogramme, was wiederum die Planungssicherheit hemmt“, führt Riedler an. Notwendig wären aus seiner Sicht daher mehr Ressourcen, idealerweise direkt an der Universität, um die Entwicklung von Spin-offs gezielt zu unterstützen, sowie ein stärkerer Austausch zwischen Forschung und Markt – und das insbesondere im Hinblick auf die Talentakquise. Um den Transfer von Ideen in die Wirtschaft zu fördern, organisiert auch die Uni Graz regelmäßige Veranstaltungen im Unicorn im Dienste von Match-Makings zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und der Spin-off-Community und unterstützt die Ansiedelung von Unternehmen direkt am Campus der Uni Graz.
Fotos: BIG/Schreyer, Uni Graz/Leljak, TU Graz/Lunghammer, U Graz/Kaiser