Der Wettbewerb zwingt Industriebetriebe zum Optimieren ihrer Kosten. Silvia Hofer und Christian Oberhumer von LeitnerLeitner über die Chancen, die Slowenien, Kroatien, Bosnien und Serbien hier bieten.
Für Industriebetriebe sind die Zeiten schwierig geworden. Hoher Kostendruck zwingt zu Optimierungsmaßnahmen, die Verlagerung der Produktion ins angrenzende Nachbarland könnte eine Lösung sein. Als verlängerte Werkbank Österreichs kommen in Europa nur mehr wenige Länder infrage, in Ostländern wie Tschechien oder Ungarn ist das Lohnniveau in den letzten Jahren stark gestiegen, zudem herrscht in vielen Bereichen Vollbeschäftigung. Günstigere Rahmenbedingungen bieten nach wie vor Slowenien und Kroatien, vor allem aber Bosnien und Serbien. Dort unterhält das Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatungsunternehmen LeitnerLeitner Büros. Christian Oberhumer und Silvia Hofer vom LeitnerLeitner-Standort Graz über die Chancen, die diese Länder bieten.

Die Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin Silvia Hofer ist Partnerin bei LeitnerLeitner. Sie
ist vor allem tätig für Familienunternehmen, öffentlich-rechtliche Einrichtungen, Konzerne und freie Berufe.
Warum sollte man einen Markteintritt in diesen Ländern in Erwägung ziehen?
Silvia Hofer: Aufgrund des noch niedrigeren Lohnniveaus sind diese Länder interessant für Unternehmen bei gleichzeitig guten Chancen, zu passenden Arbeitskräften zu kommen. Die Motivation der jungen Leute in diesen Ländern ist hoch. Sie sind erfolgsorientiert, gut qualifiziert und bestrebt zu lernen. Viele sprechen neben der Muttersprache und Englisch weitere Sprachen. Wir merken auch Offenheit und Neugierde, gerade im technischen Bereich. In der IT und im Ingenieurswesen ist das Ausbildungsniveau sehr gut.
Christian Oberhumer: Die Abwanderung aus diesen Ländern ist zwar hoch, aber wer bleibt, ist in der Regel motiviert, persönlich weiterzukommen. Unternehmer finden dort sowohl Arbeiter für einfache Tätigkeiten, aber auch Entwickler für die technischen Bereiche. Für jene, die in Forschung und Entwicklung investieren wollen, stehen auch einige Förderungen oder Steuerbegünstigungen bereit. Diese Länder profitieren stark von der EU, weil man die Volkswirtschaften ja weiterentwickeln möchte. Von einer Ansiedlung eines Unternehmens aus dem Ausland profitieren auch die lokalen Märkte, es entstehen in diesen Regionen auch mehr lokale Betriebe.
Christian Oberhumer ist Gesellschafter und Partner bei LeitnerLeitner. Der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater betreut Unternehmen im Rahmen der Wirtschaftsprüfung sowie Financial Advisory Services.

Welche Rolle spielt Österreich als Partner?
Hofer: Österreich ist seit den 90er-Jahren ein wichtiger Investor in diesen Ländern. Die Qualität, das Knowhow und die Technologien, die von Österreich aus exportiert werden, spielen für diese Länder durchaus eine große Rolle. Neben Österreich ist auch Deutschland ein Hauptinvestor, viele Unternehmen sind deutsche Konzerne, die ebenso in Österreich tätig sind.
Oberhumer: Wir beraten unter anderem High Net Worth Individuals (HNI), also vermögende Privatpersonen, ein Bereich, der in Österreich und Deutschland seit Jahrzehnten etabliert ist. Dieses Segment ist zuletzt vor allem in Slowenien und Kroatien zunehmend gewachsen – ein Zeichen dafür, dass sich die Wirtschaft in diesen Ländern gut entwickelt und der Wohlstand steigt.
LeitnerLeitner zählt zu den führenden Kanzleien für Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung und Financial Advisory Services in Zentral- und Südosteuropa. Mit einem internationalen Team von rd 1000 Mitarbeiter:innen an 18 Standorten in 9 Ländern hat sich die Kanzlei zu einem der führenden Beratungsunternehmen in Europa entwickelt. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit der Kooperationskanzlei LeitnerLaw Rechtsanwälte ist integraler Bestandteil des Beratungsansatzes. LeitnerLeitner ist Mitglied von Taxand.
LeitnerLeitner begleitet steirische Unternehmen beim Markteintritt in Slowenien, Kroatien, Bosnien und Serbien. Es unterhält dort Länderbüros mit Deutsch sprechenden Experten. Diese unterstützen beim Markteintritt, beraten bei rechtlichen, steuer- und zollrechtlichen bis zu betriebswirtschaftlichen Themen, bieten Unterstützung bei Buchhaltung, Bilanzierung, Lohnverrechnung. Die Kollegen vor Ort verfügen über ein weiteres, wichtiges Asset: Sie kennen Land, Leute und Mentalitätsunterschiede.
Welche Vorbehalte haben steirische Industriebetriebe, wenn es darum geht, im Ausland zu produzieren?
Oberhumer: Vorbehalte gibt es vor allem bei der Rechtssicherheit, und hier eher in Bosnien und Serbien, die EU-Mitglieder Slowenien und Kroatien unterliegen bereits gemeinsamen EU-Verordnungen und Richtlinien, die eine gewisse Rechtssicherheit geben. Offene Fragen gibt es beim Thema Umsatzsteuer und bei der Zollthematik. Mitunter sind das nur Kleinigkeiten, etwa das Versäumen von Fristen, das aber dennoch teuer werden kann.
Wie wichtig ist die EU-Mitgliedschaft für Ihre Klienten?
Hofer: Wenn wie in der EU die rechtlichen Grundlagen teilweise vereinheitlicht sind, erleichtert das einiges, allem voran beim Zollthema. Nicht vergessen werden darf die politische Stabilität, die in der EU gegeben und für ein Investment im Ausland enorm wichtig ist.
In welchen Bereichen benötigt es Unterstützung, wie Sie sie anbieten?Oberhumer: Vor allem im steuerrechtlichen Bereich, bei der Ein- und Ausfuhr von Waren aus diesen Ländern in die EU und umgekehrt.
Auch wenn Industriebetriebe eigene Abteilungen unterhalten, benötigen sie in der Regel bei Zollthemen mit Drittländern Unterstützung. Wir begleiten Unternehmen aber bereits ab dem Gründen oder dabei, vor Ort die rechtlichen Themen abzuarbeiten. Ob Gesellschaftsform, Firmenbucheintrag oder Arbeitsverträge für die Mitarbeiter – wir sorgen für das gesamte Set-up, um die Prozesse des unternehmerischen Alltags bewältigen zu können.
Hofer: Unsere Kollegen vor Ort, mit denen wir schon viele Jahre zusammenarbeiten, klären auch über Mentalitätsunterschiede auf, die es für eine gute Zusammenarbeit benötigt. Hier gibt es halt gewisse „Behaviors“, die für beide Seiten gelten müssen, damit sich der österreichische Kunde in dem Land, in dem er investiert und ein Unternehmen aufbaut, wiederfindet.
Oberhumer: Wir haben umgekehrt auch aus Kroatien Kunden, die nun in Österreich investieren. Solche Geschäftsbeziehungen sind längst keine Einbahnstraßen mehr. Da spielt ein „Haus- und Hofberater“ wie wir es sind, auf den man sich verlassen kann, schon eine wichtige Rolle.
Welche Rolle spielt die Sprache?
Hofer: Auch wenn man denkt, Englisch sei im Business-Bereich schon angekommen: Viele Unternehmer sind froh, wenn sie ihre Themen auf Deutsch abhandeln können. Einige unserer Kollegen vor Ort sprechen Deutsch, es ist eine enorme Erleichterung, einfach das Telefon in die Hand zu nehmen, anrufen und das Thema mit nur einer Person in der eigenen Muttersprache besprechen zu können. Und zu wissen, dass man dort dieselbe Qualität erwarten darf, mit der in Österreich Dinge erledigt werden.
In Kooperation mit LeitnerLeitner
Fotos: Oliver Wolf, Adobe Stock (Mike Mareen)