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Digitalisierung: Cyber-Security als größte HERAUSFORDERUNG

Vor einem Jahr hat der in München ansässige IT-Konzern CANCOM die K-Businesscom AG (vormals Kapsch BusinessCom AG) übernommen. Seit Jänner firmiert das Unternehmen in Österreich auch nach außen hin unter CANCOM. Ein Gespräch mit Reinhold Wurzinger, ehemaliger Standortleiter in Graz und nun Vice President Sales bei CANCOM Austria, über IT-Trends, die Herausforderungen der Branche und das Besondere am Standort Graz.

Vor gut eineinhalb Jahren haben Sie Ihre Büroräumlichkeiten im Technopark Raaba bezogen. Sind Sie hier gut angekommen?
WURZINGER: Am alten Standort in Seiersberg lautete die Devise: Wir wollen weiter wachsen. Das ist uns gelungen und so wurde der Standort vor eineinhalb Jahren zu klein und wir sind in den Technopark Raaba übersiedelt. Uns gefiel besonders die Vision der Eigentümerfamilie Schreiner und hier gibt es eine gute Verkehrsanbindung, soziale Treffpunkte und alle Möglichkeiten, um zeitgemäß und innovativ zu arbeiten. Alles für Modern Working eben. Ein halbes Jahr nach der Übersiedlung zeigte sich in einer Mitarbeiterbefragung, dass über 90 Prozent vom Standort begeistert sind. Im Vergleich zum alten Standort arbeiten viele lieber im Büro, auch wenn sie zum Beispiel nur für ein paar Stunden hier sind.

„Wir müssen stärker als
bisher für mögliche
Attacken und Betrugsversuche
mit Schadsoftware
sensibilisieren.“

REINHOLD WURZINGER
VICE PRESIDENT SALES
CANCOM AUSTRIA

CANCOM positioniert sich in Österreich als führender ICT-Lösungs- und Service Provider. Was genau macht denn für Sie eine „schlanke“ IT aus, bei der sich Ihre Kunden auf ihre Kernkompetenzen fokussieren können?
WURZINGER: Die Kunden sind in ihrem jeweiligen Business Meister und so sollte es auch bleiben. Aber Digitalisierung und somit die gesamte IT ist in jedem Unternehmen heute auch sehr erfolgskritisch. Und IT-Security ganz besonders. Als IT-Dienstleister können wir hier unterstützen und in vielen Bereichen die Verantwortung übernehmen, damit sich unsere Kunden um ihr Geschäft kümmern können. Vor allem auch in Zeiten von Fachkräftemangel.

Was ist der Vorteil von solchen IT-Services?
WURZINGER: Das ist ganz klar: Der Kunde zahlt bei uns nur, was er tatsächlich braucht. Wenn er expandiert, dann braucht er mehr Ressourcen und kann schnell und unkompliziert aufstocken. Benötigt man einmal weniger, wenn das Geschäft zum Beispiel saisonal ausgerichtet ist oder zwischendurch das Business zurückgefahren wird, reduziert man. Services lassen sich gut skalieren. Wir sind zudem ein Systempartner, der wirklich sprichwörtlich „ums Eck“ ist. Und eine weitere große Stärke von CANCOM ist unser Partnernetzwerk – wir arbeiten gemeinsam mit lokalen und internationalen Partnern zusammen.

Sie haben bereits das Thema Security erwähnt. Das hat jetzt wohl mit Artificial Intelligence (AI) noch zusätzlich an Brisanz gewonnen?
WURZINGER: Ja. Die Entwicklungen im Cyber-Security-Umfeld sind enorm. AI sehen wir nicht vordergründig als Bedrohung, sie wird uns vielmehr als Assistenzmittel in der Digitalisierung und auch im Kontext unserer Cyber-Defense-Dienstleistungen dienlich sein. Die Angst um verlorengehende Jobs in unserem Umfeld ist auch nicht berechtigt – im Gegenteil, gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden damit noch besser werden und manche Tätigkeiten werden durch AI viel einfacher. Aber wir dürfen uns auch nichts vormachen, denn auch für die „dunkle Seite im Cyberwar“ ist AI eine Hilfe. Angriffe können hochautomatisiert von AI durchgeführt werden und die Angreifer werden immer schneller und effizienter. Es wird jetzt sehr stark darum gehen, Kunden, aber auch unsere Mitarbeitenden noch mehr für mögliche Attacken und Betrugsversuche mit Schadsoftware zu sensibilisieren.

Werden es Menschen sein, die Betrügereien aufdecken oder benötigt man stets eine noch klügere AI als die des Angreifers?
WURZINGER: Der Mensch wird immer eine wichtige Rolle spielen, damit Assistenzsysteme Betrügereien erkennen und interpretieren können. Es wird darum gehen, diese bestmöglich zu trainieren, die Entscheidungen selbst werden letzten Endes Menschen treffen. Das bedeutet aber, stets einen Schritt voraus zu sein, stark in die Prävention zu gehen und die Kunden zu sensibilisieren. Über eines muss man sich im Klaren sein: Hundertprozentigen Schutz gibt es nicht, es braucht zusätzlich stets eine gute Backup-Strategie für alles, was geschützt werden muss.

Das bedeutet mehr Arbeit und mehr Arbeitskräfte bei Ihnen sowie bei Ihren Kunden?
WURZINGER: Wir tun unser Bestes, um die klassische IT sicherer zu machen. Security-Maßnahmen werden dabei sozusagen „drübergestülpt“. Neben der klassischen Basisarbeit wie Backup oder Firewalling gilt es, das Sicherheitslevel noch höher zu setzen. Dazu muss auch der Kunde seine Hausaufgaben machen. Ist das der Fall und er ist zu – sagen wir – 70, 80 Prozent geschützt, können wir mit unseren zusätzlichen Cyber Defense Services in Richtung 98, 99 Prozent Schutz kommen. 100 gibt es nicht, nirgends. Dass Cyber Security ein ernstzunehmendes Thema ist, ist mittlerweile überall angekommen. Zum Glück.

CANCOM
Vor einem Jahr wurde die K-Businesscom (bis 2022 Kapsch BusinessCom) von dem in München ansässigen Hybrid IT Service Provider CANCOM übernommen. Das ITLösungsangebot von CANCOM umfasst Beratung, Umsetzung, Services sowie den Betrieb von IT-Systemen. Seit 2024 firmiert das Unternehmen in Österreich unter CANCOM Austria. Mit Ausnahme von Burgenland und Niederösterreich betreibt CANCOM Austria in allen Bundesländern Niederlassungen. 

Zusätzlich bietet das Unternehmen mit der CANCOM a+d IT Solutions, die bereits seit 1994 in Österreich aktiv ist, smarte Workplace-Lösungen mit Geräte-Lifecycle-Management zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele ihrer Kunden und Employee Choice Programmen für Endgeräte verschiedenster Hersteller.

In der DACH-Region unterhält die CANCOM Gruppe in Summe 80 Standorte mit insgesamt 5.600 Mitarbeitenden, 2022 erwirtschaftete der Konzern einen Jahresumsatz von 1,3 Mrd. Euro. 
In Graz sind derzeit 175 Personen beschäftigt. CANCOM Austria ist auch Gesellschafter in der Human.technology Styria GmbH, einem Technology Cluster, der die Themen Gesundheit mit lokaler Wertschöpfung verknüpft. 

Wie steht es mit der Digitalisierung von Prozessen?
WURZINGER: Die nimmt mehr und mehr an Fahrt auf. Kunden sehen mittlerweile zum Beispiel die Notwendigkeit, ihre Maschinen zu vernetzen, weil man Informationen bekommt, mit denen man besser, einfacher oder auch nachhaltiger produzieren kann. Predictive Maintenance ist ein weiteres Stichwort: hier meldet die Maschine vorzeitig nötige Reparaturen. Mit AI lassen sich wiederum Daten besser auswerten. Bei all diesen Themen kommt der Security-Aspekt zum Tragen. Die Königsdisziplin sehe ich darin, zum Beispiel Produktionsmaschinen samt Software nicht mehr kaufen zu müssen, sondern, dass unsere Kunden dies als Service für ihre Endkunden inklusive verschiedener Businessmodelle zur Verfügung stellen.

Was raten Sie kleineren Unternehmen, für die eine vorhin beschriebene Digitalisierung kein Thema ist?
WURZINGER: Diesen Unternehmen würden wir zu einer digitalen Basisplattform raten, die entsprechend kleiner dimensioniert ist. Auch bei kleinen Handwerksbetrieben gibt es ERP-Systeme, Buchhaltung oder Abrechnung. Dort, ebenso wie bei Verbänden oder Gemeinden, sollte eine solide und abgesicherte IT-Basis vorhanden sein, die den täglichen Ablauf unterstützt.

Welche Fehler sollten Unternehmen in Bezug auf ihre IT-Infrastruktur nicht machen?
WURZINGER: Nicht zu lange warten, um Dinge in Bewegung zu setzen. Man muss nicht von heute auf morgen alles erledigen, aber es braucht einen Fahrplan für die Entwicklung, auch und gerade in Bezug auf die Security. Hier raten wir, das Bewusstsein für das Thema zu schärfen, aus Beispielen zu lernen und nicht zwangsläufig das Rad neu erfinden zu wollen. Das gilt vor allem für die Digitalisierung. Es gibt hierzu viele gute Veranstaltungen und Communities, laufend werden neue Erkenntnisse publiziert. Dabei gilt nicht selten: Weniger ist mehr, man muss nicht mit einem hoch vernetzten System anfangen. Aber in Zeiten wie diesen ist es ratsam, zu beginnen, Daten zu sammeln, sei es in einer Excel-Liste, sei es aus persönlichen Informationen des Produktionsleiters, der in absehbarer Zeit in Pension gehen wird. Auf keinen Fall sollte das Thema unter den Tisch gekehrt werden im Sinne von: Das geht mich nichts an.

Was ist Ihnen in Ihrer Kundenarbeit wichtig?
WURZINGER: Unsere Vertriebsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter besprechen mit den Kunden Use Cases und sind hier rasch in der Lage, die Dimensionen dessen, was benötigt wird, abschätzen zu können. Auch in Bezug auf die Kosten. Die Basisthemen sind über alle Branchen ähnlich, danach geht das Feld auseinander. Wir beschäftigen mittlerweile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus verschiedenen Branchen bei uns im Unternehmen, aus dem Gesundheitsbereich oder Produktionsleiter aus der Industrie, die mit ihrem Know-how den Brückenschlag bilden und Übersetzungsfunktion haben.

Neben den ganzen Sicherheitsthemen: Mit welchen weiteren Herausforderungen rechnen Sie sonst noch?
WURZINGER: Unsere Branche leidet massiv in ganz Europa unter Fachkräftemangel. Auch die Preisentwicklung ist nicht zu unterschätzen, denn in der IT zeigte sich in den letzten Jahren ein massiver Preisanstieg. Die IT-Budgets bei den Kunden sind deshalb zuletzt stark gestiegen. Umso wichtiger ist es, die Kunden nun gut zu beraten und die passenden und kostengünstigen Lösungen zu finden. Wir raten hier zu Hybridlösungen, also einerseits die eigene IT bestmöglich zu nutzen, aber auch Cloud-Dienste. Aufgrund der zunehmenden Komplexität werden gerade für kleinere Unternehmen ohne eigene IT-Abteilung Beratungsleistungen und Services immer wichtiger. Bei den großen Unternehmen, die vertraglich an führende internationale IT-Hersteller wie Microsoft, Cisco oder HPE gebunden sind, sehen wir uns mehr denn je als Systemintegrator für die Infrastrukturen und entwickeln zusätzlich kundenspezifische Anwendungen.

Wie sind Ihre Kunden aufgestellt?
WURZINGER: Wir merken eine hohe Aufmerksamkeit bei unseren Kunden für die Themen Cloud und Security. Die meisten Entwicklungen laufen mittlerweile in Cloudsystemen. Dennoch versuchen wir, auch hybrides Denken unseren Kunden zu vermitteln. Eine Cloudtransformation im IT Bereich lässt sich nicht verhindern. Und wir raten, keine Angst davor zu haben, sondern mit Respekt zu überlegen, was dorthin ausgelagert werden kann. Geht es allerdings um Informationen aus der Produktion oder um wichtige Unternehmensdaten, sollte dem eigenen Rechenzentrum Vorrang gewährt werden. IT ist ein businesskritischer Bereich und viel wichtiger als noch vor ein paar Jahren – je früher also ein Fahrplan für die Zukunft entwickelt werden kann, desto besser. Und dabei unterstützen wir als Partner mit Consulting, Design, Implementierung, Integration, Betrieb und Services inklusive Hard- und Software. Also eigentlich denken wir dabei immer End-to-end.

Wie sorgen Sie dafür, immer einen Schritt voraus zu sein, vor allem und gerade im Bereich Security?
WURZINGER: Wir versuchen die Besten am Markt zu rekrutieren, arbeiten schon frühzeitig mit HTL‘s und Fachhochschulen zusammen und investieren stark in Weiterentwicklung und Weiterbildung. Unsere internationalen Partner bieten zusätzliche Schulungs- und Zertifizierungsprogramme an. Wir sind gut mit Partnern, Kunden und internationalen Cyber Defense Centern vernetzt und tauschen uns im Security Kontext viel über aktuelle Herausforderungen und Gefahren aus. Auch kleinere Kunden ohne eigene IT-Abteilung profitieren von diesem Erfah rungsschatz, wenn sie unsere Services nutzen. Wir betreiben in Kapfenberg mit dem EarthDataSafe ein eigenes Hochsicherheitsrechenzentrum. Das alles zusammen ist unser Schlüssel zum Erfolg.

Welche Bedeutung hat ihr Standort in Graz für das Thema Fachkräftemangel?
WURZINGER: Wir haben in Raaba ein Umfeld geschaffen, das auch junge Leute anzieht. Nachhaltigkeitsthemen, Modern Working, ein angenehmer und gut erreichbarer Arbeitsplatz – all das sind wichtige Aspekte, um gute Mitarbeitende zu bekommen. Die nachfolgende Generation legt großes Augenmerk darauf, wo und unter welchen Bedingungen sie arbeiten wird. Wir können ihnen das bieten.

Woher kommen Ihre Beschäftigten?
WURZINGER: Wir treten stark in HTL‘s und FH’s auf. Für Absolventinnen und Absolventen gibt es ein Traineeprogramm, bei dem sie nach Absolvierung des Präsenz- oder Zivildienstes in zwei Jahren sechs Abteilungen durchlaufen und schauen können, wo ihre persönlichen Stärken liegen und was sie künftig arbeiten wollen. Parallel zum Job ist es bei uns auch möglich zu studieren. Wir bilden auch Lehrlinge selbst aus, dazu betreiben wir in Wien eine Lehrwerkstatt. Und natürlich sprechen wir auch Universitätsabsolventinnen und -absolventen an.

Wohin soll sich der CANCOM-Standort Graz entwickeln?
WURZINGER: Ich sehe viel Potenzial in den lokalen Ausbildungsstätten und der Nähe zu anderen Ländern, vor allem im Hinblick auf Softwareentwicklung und Security Experts. Im Großen und Ganzen kann man sagen: Graz ist ein Brückenkopf in den Süden und Osten. Und eine sensationelle Stadt. Wir haben Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bundesländern, die nach Graz übersiedeln, weil die Region so schön ist und hier so viel geboten wird.

Fotos: Oliver Wolf

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