Spirit of Styria

Smarte Boten gegen böse Zellen

Mit ihrem Start-up Cycuria Therapeutics arbeiten der renommierte Onkologe Philipp Jost und der erfahrene Biotech-Manager Nisit Khandelwal an einer bahnbrechenden Therapie zur Behandlung einer häufigen Form von Leukämie (AML). Wie die innovative Methode Krebszellen austrickst und warum der Campus der Med Uni Graz das ideale „Dorf“ für medizinische Forschung mit globalem Anspruch ist.

Mit dem Begriff Heilung muss man in der Krebsforschung immer vorsichtig sein“, räumt Philipp Jost, Onkologe und Wissenschafter, im Besprechungsraum des ZWT Accelerator am Campus der Med Uni Graz schon am Beginn des Gesprächs ein. „Aber unsere bisherigen Forschungen geben Anlass zur Hoffnung, dass es im besten Fall sogar Richtung Heilung gehen könnte. Auch wenn noch ein Stück des Weges zu gehen ist.“

Doch der Reihe nach: Philipp Jost, international renommierter Onkologe mit langjähriger Tätigkeit in München und Melbourne, forscht seit über 20 Jahren an innovativen Krebstherapien – Spezialgebiet: Zelltodmechanismen in Krebszellen. „Tumorzellen haben die unangenehme Eigenschaft, den programmierten Zelltod auszuschalten, der alte oder beschädigte Zellen absterben lässt. Krebszellen gelingt es, den Körper zu überlisten – sie wachsen weiter, obwohl sie krank sind und vom Immunsystem eigentlich attackiert werden sollten“, so Jost zur Ausgangslage. Erfolgreich ist eine Therapie folglich dann, wenn es gelingt, den „Überlebensmodus“ einer Krebszelle zu deaktivieren. „Wir müssen ihr das Signal geben, in den Zelltod zu gehen“, so Jost, der genau zu diesem Punkt vor Jahren an der TU München einen entscheidenden Durchbruch erzielte. Der Forscher entdeckte, dass der Einsatz spezieller Proteine – sogenannter Zytokine – diesen Prozess bei entarteten Zellen im Falle von AML (Akute Myeloische Leukämie) auslöst. Zytokin fungiert als Botenstoff, der den bösen Zellen ihre „Sterblichkeit“ signalisiert. Jost: „AML ist eine aggressive Erkrankung des blutbildenden Systems, die mit konventionellen Therapieformen heute nur unzureichend behandelt werden kann – hohe Rückfallraten, schlechte Prognosen und schwere Nebenwirkungen sind eine Herausforderung.“ Umso bedeutender ist der revolutionäre Zytokin-Ansatz, der leukämische Blasten und ihre Vorläufer angreift, ohne gesunde blutbildende Stammzellen zu schädigen.

Cycuria-Gründer Philipp Jost (r.) und Nisit Khandelwal im ZWT Accelerator am Med Uni Campus Graz

PERFEKTES UMFELD AM MED-CAMPUS
2020 übersiedelte Jost – dem Ruf als Universitätsprofessor für Onkologie an die Med Uni Graz folgend – in die steirische Landeshauptstadt. Hier setzte der Leiter des Comprehensive Cancer Centers seine Forschungen fort und gründete gemeinsam mit Nisit Khandelwal, einem erfahrenen Biotech-Manager aus München, dank Investoren aus Deutschland (Family Office Wieland) das Start-up Cycuria Therapeutics. Khandelwal hatte bereits vor Jahren das Start-up iOmx Therapeutics gegründet und es in Folge zu einem klinischen Biotech-Unternehmen mit derzeit 65 Mitarbeitern ausgebaut. Nicht weniger als 120 Millionen Euro Risikokapital konnte er dafür einwerben. „Ein Erfolg, den wir auch mit Cycuria anstreben – das Potenzial ist mindestens genau so groß“, erklärt Khandelwal, der wie Jost die Forschungsbedingungen in Graz lobt. „Der Campus führt Grundlagenforschung und Anwendung ideal zusammen – ich könnte mir keinen besseren Standort für unser Start-up vorstellen. Eine echte Medical Science City“, so Jost. „Forschungseinrichtungen, Klinik und Start-up-Center sind fußläufig wie in einem Dorf vereint – das ist international herausragend“, schwärmt auch Khandelwal. „In dieser kollaborativen Atmosphäre haben wir die besten Voraussetzungen, um von Graz aus mit einem Biotech-Start-up eine globale Dimension zu erreichen. Schließlich ist unsere Anwendung ,first-in-class‘ – also weltweit einzigartig – ein Vorsprung, den wir nutzen wollen.“

NÄCHSTE FINANZIERUNGSRUNDE STARTET
Der Zeitplan? „Die Ergebnisse im Labor sind äußerst positiv – die Wirkung wurde in relevanten Labormodellen nachgewiesen. Jetzt laufen die Vorbereitungen für die klinischen Studien, die wir in 3,5 Jahren in Angriff nehmen wollen. Danach rechnen wir mit weiteren zwei oder drei Jahren bis zur Zulassung des Medikaments“, so Khandelwal. „Die Entwicklungs- und Zulassungszeiten im Bereich Biotech sind langwierig – aus gutem Grund: es geht schließlich um die menschliche Gesundheit.“ Entscheidend für den Durchbruch sind daher ein langer Atem und eine solide Finanzierung. „In diesem Jahr planen wir eine neue Finanzierungsrunde. Im Blick haben wir sowohl heimische als auch europäische Investoren.“ Auch bei AWS und FFG wurden Anträge eingereicht. Bei Cycuria mit an Bord ist mit Felix Wieland eine weitere internationale Koryphäe. Der weltweit anerkannte Proteinbiochemiker und Gründungsdirektor des Biochemischen Zentrums der Universität Heidelberg bringt seine Expertise ein, um Zytokine hinsichtlich optimaler Wirksamkeit zu modifizieren. Wohin diese internationale Science- und Start-up-Power – gebündelt am Standort Graz – noch führen kann? „Das Potenzial für unsere Entwicklung ist enorm“, sind Jost und Khandelwal überzeugt. „Zudem sind wir zuversichtlich, unseren neuartigen Therapieansatz in weiterer Folge auch auf andere schwer behandelbare Krebsarten übertragen zu können. Dafür ist freilich noch viel Forschung nötig.“

Infos hier:
www.cycuria.com

Fotos: Oliver Wolf, iStock

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