Die in Frohnleiten ansässige und international agierende Firma Komptech zählt zu den führenden Technologie- und Kompetenzpartnern für mechanisches und biologisches Abfallrecycling sowie die Aufbereitung holziger Biomasse. Komptech-Geschäftsführer Christoph Feyerer und Vertriebsvorstand Ewald Konrad verraten im Interview mit „SPIRIT of Styria“, mit welchen Strategien und Innovationen das Unternehmen durch das aktuelle Krisenumfeld steuert, warum die Zukunftsmärkte vermehrt außerhalb Europas liegen und wie durch den Bau des neuen Headquarters die Weichen Richtung Zukunft gestellt werden.
Schwache Konjunktur, multiple Krisen, gestiegene Kosten: Wie gut sehen Sie die Firma Komptech vor dieser anspruchsvollen Kulisse gerüstet?
CHRISTOPH FEYERER: Natürlich sind auch wir von der derzeitigen konjunkturellen Schwächeperiode betroffen. Die Industrie wie die Zementproduktion, die holzverarbeitende Industrie, die Baubranche, und damit auch die Abfallaufbereiter finden eine schwierige wirtschaftliche Situation vor. Sie sind derzeit eher verhalten, zu investieren, was uns als Unternehmen unmittelbar beeinflusst. Aber wir haben den Vorteil, dass wir in sehr vielen Regionen dieser Welt tätig sind und lokale Konjunkturschwankungen besser ausgleichen können. Teilweise kompensieren unsere vielen Geschäftsfelder sich gegenseitig. Dennoch ist gerade bei der Geschäftsmodellentwicklung Flexibilität wichtig, um gut durch die Krise zu kommen.
Wo liegen Ihrer Meinung nach aktuell die Zukunftsmärkte?
EWALD KONRAD: Wir generieren etwa die Hälfte unseres Umsatzes in Europa. Doch Zukunftsmärkte liegen derzeit außerhalb Europas, weshalb wir verstärkt auf der Suche nach neuen Märkten sind und diese selektiv und strukturiert erschließen. Darüber hinaus bedienen wir schon lange Märkte wie Japan oder Nordamerika. Letzterer ist für uns überhaupt der größte Einzelmarkt. Neben den klassischen Märkten sind wir aber auch in Regionen wie Korea, Australien und vor allem Afrika aktiv, wo wir gemeinsam mit der FIMA Industries GmbH ein großes Projekt zur Bekämpfung der Müllproblematik in Nigeria starten werden. Weitere Hoffnungsmärkte sind für uns außerdem Indien, wo wir bereits Fuß-abdrücke hinterlassen haben, und Südamerika, wo wir noch nicht flächendeckend aufgestellt sind.
Wie erschließt Komptech neue Märkte?
FEYERER: Wir verfügen historisch über ein sehr breites Produktportfolio in unterschiedlichsten Ausprägungen und sind in unseren Vertriebsmodellen äußerst innovativ. Das bedeutet, dass wir neben mobilen auch stationäre Lösungen anbieten und neuerdings semi-mobile Varianten: Diese Produkte sind einfach zu transportieren und verfügen trotzdem über elektrische Antriebe, stellen somit eine hohe Effizienz sicher. Dadurch können wir für die unterschiedlichen Anforderungen unserer Kunden maßgeschneiderte Gesamtlösungen bzw. ein Komplettpaket liefern. Das ist gerade in Regionen wie Afrika wichtig, wo das Stromnetz mitunter nicht so stabil und gut ausgebaut ist wie bei uns, um ein Beispiel zu nennen.
Komptech GmbH
Positioniert sich als Komplettanbieter für die Recyclingbranche. Neben den Technologielösungen zur Verwertung biogener Abfälle setzt das Unternehmen mit einem zweiten Leistungsschwerpunkt auf die Aufbereitung gemischter Stoffströme.
Das Unternehmen beschäftigt rund 770 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Unternehmensstandorte in Frohnleiten (Hauptstandort), Ljutomer (Slowenien) und Oelde (Deutschland). Bei einer Exportrate von 94,5% setzt das Unternehmen die Hälfte seines Umsatzes (213 Millionen Euro, Stand 2023) innerhalb Europas um.
www.komptech.com
Wer sind die Kunden von Komptech?
KONRAD: Das Portfolio reicht von großen internationalen Firmen, die Abfallmanagement in unterschiedlichen Regionen betreiben, über kleine Familienunternehmen bis hin zu öffentlichen Einrichtungen, Kommunen, Gemeinden und Städten. Aber auch Lohnunternehmen sind unsere Kunden, die mit unseren Maschinen für jemand anderen die Arbeit verrichten. Und wenn man jetzt in die Steiermark blickt, gibt es Abfallentsorger wie Saubermacher und Müllex, die zu unseren ersten Kunden gehören.
Die heimische Industrie klagt über Auftragsrückgänge und Investitionszurückhaltung. Gleichzeitig brauchen wir Investitionen, um die grüne Transformation zu schaffen. Welcher Faktor überwiegt auf Kundenseite – Zurückhaltung oder grüne Offensive?
KONRAD: Ich denke, dass viele Unternehmen sich in diesem Spannungsfeld zwischen Investitionszurückhaltung und dem dringenden Bedarf an grüner Transformation befinden. Auf Kundenseite lassen sich beide Tendenzen beobachten. Unternehmen, die über die notwendigen finanziellen Mittel verfügen, investieren bereits jetzt, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, denn langfristig wird der Fokus auf Nachhaltigkeit steigen und auch die Regulierungslandschaft wird dies erfordern. Der Großteil der Industrie jedoch agiert vorsichtiger und wartet ab, bis Unsicherheiten geklärt und Regularien greifbarer sind.
Konrad: „Innovation muss in größeren Kategorien gedacht werden, weshalb wir die neue Komptech-Sparte Industrial zur Aufbereitung gemischter Abfälle und Industrieabfälle gegründet haben.“
Feyerer: „Durch die Entwicklung neuer Geschäftsfelder geht es Richtung ambitioniertes, internationales Wachstum, aber nicht Wachstum um jeden Preis.“
FEYERER: Gewisse Investitionen werden jedoch nur verschoben. Als Übergangslösung versuchen viele, mit bestehenden Technologien ein Auslangen zu finden. Dabei sind neuere Technologien wesentlich energieeffizienter. Gerade das Thema Elektrifizierung bietet hier viel Potential, und ermöglicht deutlich geringere Betriebskosten. Das sind Argumente, die Kunden dazu veranlasst, trotz derzeit schwieriger Rahmenbedingungen zu investieren. Wir bieten auch die Möglichkeit, eine Maschine zuerst zu mieten und zu einem späteren Zeitpunkt zu übernehmen.
KONRAD: Zusätzlich arbeiten wir an alternativen Finanzierungsmodellen wie Pay-Per-Use: Das heißt vereinfacht gesagt, wenn man viel Arbeit hat, ist die Rate für die Maschine etwas höher, wenn man wenig Arbeit hat, ist die Rate niedriger. Es ist ein flexibles System, das sich an die Geschäftsleistung des Kunden anpasst.
Komptech verfügt über ein umfassendes Produktportfolio. In welchen Bereichen passiert die meiste Innovation?
KONRAD: Es ist schon wichtig, innovative Produkte auf den Markt zu bringen, doch Innovationen sollten in größeren Kategorien gedacht werden. Deshalb haben wir die neue Komptech-Sparte Industrial gegründet, in der die Aufbereitung gemischter Abfälle und Industrieabfälle im Vordergrund steht. Das ist für uns ein neues Thema. Wir möchten insbesondere die Zementindustrie ansprechen, die bereits einen gewissen Anteil an Ersatzbrennstoffen einsetzt. In Österreich ist dieser Anteil mit rund 80% bereits sehr hoch. In Europa mit etwa 50% bzw. weltweit mit rund 20% gibt es jedoch noch enormes Potenzial. Das deklarierte Ziel ist, diesen Anteil massiv nach oben zu bringen. Und hier möchten wir mit unserer Technologie eine zunehmend wichtigere Rolle spielen.
FEYERER: Ganz im Sinne der Circular Economy wollen wir ein Höchstmaß an Abfällen wieder der Verwertung zuführen und so gut es geht im Stoffkreislauf halten. Gemischte Abfälle wie Sperrmüll oder Gewerbe- und Industrieabfälle, welche sich nur bedingt für eine stoffliche Verwertung eignen, bereiten wir als hochwertige Ersatzbrennstoffe auf, um wiederum bei sehr energieintensiven Anwendungen Primärressourcen bzw. Primärenergieträger zu substituieren. Eine von uns neu entwickelte Zerkleinerungstechnik kann präzise Material zerkleinern, um diesen unterschiedlichen industriellen Anforderungen gerecht zu werden. Wir haben den Fokus, ständig effizienter zu werden, z.B. bei laufenden Kosten: Viele Anlagen sind mehrschichtig für tausende Stunden im Jahr in Betrieb. Um Ausgaben für Betrieb, Wartung und Verschleiß gering zu halten, haben wir neue Digitalisierungsansätze entwickelt, die die Maschinenüberwachung und Datenbereitstellung verbessern. Unsere Kunden erhalten bessere Serviceleistungen und bedarfsgerechte, schnellere Unterstützung auch aus der Ferne, etwa bei der Fehlerevaluierung oder Prozessoptimierung. Der Bediener will es möglichst einfach haben, in der Früh auf Start drücken und am Abend auf Stopp. Alles dazwischen sollte bestenfalls die Maschine von alleine regeln. So erleichtern wir die Arbeit unserer Kunden enorm, was unseren USP gegenüber dem Mitbewerb ausmacht.
Wie wichtig ist Wachstum derzeit für das Unternehmen?
FEYERER: Durch die Entwicklung neuer Geschäftsfelder geht es ganz klar in Richtung ambitioniertes, internationales Wachstum – womit ein nachhaltiges, profitables Wachstum und nicht Wachstum um jeden Preis gemeint ist. Dazu besetzen wir strategisch wichtige Funktionen, indem wir gezielt Fachkräfte in unterschiedlichen Bereichen suchen – von der Softwareentwicklung über den Vertrieb bis zur Automatisierungstechnik.
Wie gehen Sie mit dem Fachkräftemangel um?
FEYERER: In den Bereichen, wo es grundsätzlich Fachkräftemangel gibt, steuern wir entgegen, indem wir Lehrlinge als zukünftige Fachkräfte selbst ausbilden und mit Universitäten und Ausbildungsstätten zusammenarbeiten. Um eine Basis für lang fristige Weiterentwicklung zu schaffen, investieren wir 20 Millionen Euro in den Standort und schaffen Infrastruktur – wie unser neues Headquarter. Damit setzen wir ein starkes Zeichen für den Standort Frohnleiten, wo wir uns seit 1997 befinden.
Was braucht Ihrer Meinung nach der Standort Steiermark derzeit am dringendsten?
KONRAD: Es wäre notwendig, Unternehmer hinsichtlich Lohnkosten und Energiekosten zu entlasten. Diese Mehrkosten beeinträchtigen klar die Wettbewerbsfähigkeit. Hier müssten mutigere Entscheidungen getroffen werden, um im internationalen Vergleich keinen Wettbewerbsnachteil zu haben.
Was ist die große Vision Ihres Unternehmens, wenn man einen Blick in die Zukunft wagen möchte?
KONRAD: In unserem Leitbild ist verankert, in einer Zukunft leben zu wollen, wo Abfall als wertvolle Ressource gesehen wird. Deswegen glaube ich, dass wir uns am richtigen Weg befinden. Wir sind in einem Bereich mit Zukunftspotenzial tätig; Abfallmengen steigen und irgendwie müssen wir das Problem in den Griff kriegen. Und dazu wollen wir einen entscheidenden Beitrag leisten – für eine nachhaltigere Umwelt und Zukunft.
Fotos: Oliver Wolf