Spirit of Styria

Vom Mut ANDERS ZU DENKEN

Anita Frauwallner, Gründerin des Institut AllergoSan, ist Förderin und Botschafterin für den SPIRIT-Award for Women in Science. Über ihre Faszination für die Forschung, ein Museum für das Mikrobiom, wissenschaftlichen Austausch mit Frauen und den Wunsch, etwas zurückzugeben.

Forschung im Dienste der Darmgesundheit und Botschafterin des SPIRIT-Award
for Women in Science: Anita Frauwallner, Gründerin und CEO Institut AllergoSan

Wie erleben Sie in Ihrem Umfeld Frauen in der Forschung?
FRAUWALLNER: Heute sehe ich vielfach bereits Frauen, die den Mut und den Willen haben, an die Spitze zu kommen. Doch in Europa ist Forschung heute mit einer immer größeren Fülle an administrativer Arbeit belastet. Die Freude am Forschen, am Neuen, kann da dann manchmal zu kurz kommen – und das ist schade!

Was hat Sie motiviert, so tief in die Welt der Bakterien einzutauchen? Sie haben das Institut AllergoSan als Quereinsteigerin aus der Linguistik und aus sehr persönlichen Gründen – ihr Mann ist an Dickdarmkrebs verstorben – ins Leben gerufen.
FRAUWALLNER: Ich war bereits an der Uni an Forschungsarbeit beteiligt, damals noch mit Fragen zu Literatur, alten Sprachen und Philosophie. Als mein Mann vor mehr als 30 Jahren an Dickdarmkrebs verstorben ist, habe ich begonnen, mich intensiv mit dem Darm und den Darmbakterien zu beschäftigen − mir war sehr bald klar, dass die Darmflora der Dreh- und Angelpunkt unserer Gesundheit ist. Mit meinen Ideen für die Forschung konnte ich andere begeistern und das Institut AllergoSan Anfang 1991 mit ähnlich denkenden Ärzten und Apothekern gründen.

Forscherinnen sind in Österreich noch immer unterrepräsentiert. Was braucht es?
FRAUWALLNER: Ich hätte als 25-Jährige vielleicht noch gar nicht den Mut gehabt, jene Fragen zu stellen, die ich mit 40, als ich bereits ein Unternehmen hatte, gestellt habe. In der Medizin sind neue Ideen wesentlich, um voranzukommen. Ich habe viele spannende Gespräche mit Forscherinnen geführt, wenn sie Mütter waren, dann oft sogar nachts. Jemand, der zuhört, auch wenn man etwas Verrücktes in den Raum stellt, ist sehr wichtig. Es braucht also auch gegenseitige Bestärkung.

Sie arbeiten mit renommierten Forschungseinrichtungen zusammen – welche Eindrücke haben Sie international gewonnen?
FRAUWALLNER: Erst seit gut einem Jahrzehnt sind Frauen stärker vertreten, die ersten Jahre habe ich praktisch ausschließlich mit Männern gearbeitet. Bei großen Kongressen haben außer mir früher 90 Prozent Männer gesprochen, heute sind sie zur Hälfte mit Frauen besetzt. Wir am Institut Allergo-San gehen mit einem Frauenanteil von 70 Prozent mit gutem Beispiel voran! Und die Studienabteilung wird von einer Frau geführt.

Wie fördert man Neugier und innovatives Denken schon in jungen Jahren?
FRAUWALLNER: Unser Wissenschaftsteam im Unternehmen nutzt Podcasts und Soziale Medien, um Forschung als etwas Atemberaubendes zu zeigen. Doch auch Medien und Politik sind gefragt. In Bildungseinrichtungen sollte man mehr Kontakt zu Forschern pflegen: Wir sprechen Schulen direkt an, zeigen, wie faszinierend die Welt der Bakterien ist, und wir wollen ein Museum für das Mikrobiom in Graz verwirklichen, um Neugier an der Wissenschaft zu wecken. Die Ideen sind weit gereift, wir sind für ein Investment bereit!

Ein Award holt Frauen vor den Vorhang und macht
gleichzeitig anderen Mut.

ANITA FRAUWALLNER, GRÜNDERIN UND CEO INSTITUT ALLERGOSAN

Wie kann man erfolgreiche Frauen in der Forschung noch sichtbarer machen?
FRAUWALLNER: Ein Award holt Frauen vor den Vorhang und macht anderen Mut. Wesentlich ist aber auch, die Begeisterung schon früh zu wecken und Talente zu fördern. Ich wurde schon von meinen Eltern sehr unterstützt: Mein Vater war so überzeugt von meinen Fähigkeiten, dass ich nicht mehr daran gezweifelt habe. Er starb, als ich acht war. Auch Lehrer haben mich gefördert, mein Chemielehrer in Fürstenfeld hat unsere Augen zum Leuchten gebracht. Wichtig ist es hier: Man muss gerade auch junge Menschen tun lassen, was sie begeistert, und sollte sie nicht an den Schreibtisch knebeln.

Was sind Ihre Beweggründe, als Botschafterin für den SPIRIT-Award for Women in Science aufzutreten und darauf zu verzichten, selbst nominiert werden zu können?
FRAUWALLNER: Ich habe in meinem Leben viel erreicht, obwohl es mir anfangs niemand zugetraut hat. Wir sind mit OMNi-BiOTiC® die Nummer 1 in allen deutschsprachigen Ländern, wir haben die drittgrößte Probiotika-Brand der Welt geschaffen – eine Marke, die für Wissenschaft steht, und die Wirkung natürlicher Substanzen innerhalb kurzer Zeit spüren lässt. Mir ist es wichtig, Menschen zu unterstützen, um gesund zu bleiben oder zu werden und auch, Menschen Mut zu machen, ihre Träume zu verwirklichen.

Mit welchem Gegenwind hatten Sie in Ihrer Laufbahn zu kämpfen?
FRAUWALLNER: Als wir mit unserer ersten großen Studie gezeigt haben, dass Probiotika die Nebenwirkungen von Antibiotika reduzieren, somit aber auch die Probleme chemischer Medikamente aufzeigten, bekamen wir viel Gegenwind aus der Pharma-Industrie und wir mussten viele Klagen durchstehen. Es hat Zeiten gegeben, da wusste ich nicht, wie ich die Gehälter meiner Mitarbeiter zahlen soll, aber ich habe es geschafft, denn Qualität überzeugt nachhaltig: Immer mehr unserer probiotischen Produkte zeigten eine Wirkung, die man nur von chemischen Medikamenten erwartet hatte. Doch ein positives Weltbild und viel Durchhaltevermögen machten es möglich, unsere Ziele zu erreichen.

Welchen Stellenwert hat der Standort in der Steiermark für Sie?
FRAUWALLNER: Hier spüre ich die Kraft der Natur, Herzlichkeit, Handschlagqualität, Vertrauen und ich bin stolz auf die vielen renommierten Bildungseinrichtungen. Toppositionen im Unternehmen zu besetzen, ist nicht immer einfach, viele gehen lieber nach Zürich, Paris oder London, aber mein Herz gehört der Steiermark. Es war nie ein Thema, woanders hinzugehen, und ich möchte etwas zurückgeben. Mittlerweile kommen viele Forscher aus der ganzen Welt zu uns, um mit dem Institut AllergoSan zu arbeiten – das nützt unserer Heimat.

FOTO: MIAS PHOTOART

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