Spirit of Styria

„Ohne Forschung LÄUFT GAR NICHTS“

Robert Gfrerer, Geschäftsführer des SILICON ALPS Cluster, im Interview über die existenzielle Bedeutung von F&E in der Mikroelektronik, die Rolle von Halbleitern im Kampf gegen die Klimakrise und warum Jobs in der Branche cool und bunt sind.

Welche Bedeutung hat Forschung für den Mikroelektronik-Standort Steiermark und Kärnten?
GFRERER: Um es klar zu sagen: In der Mikroelektronik läuft ohne Forschung überhaupt nichts. Sie ist fester Bestandteil des betrieblichen Alltags und Existenzgrundlage für die Unternehmen. Wir reden hier von F&E in allen Ausprägungen – von Grundlagenforschung bis zur angewandten Forschung. Aktuelles Beispiel ist die Entwicklung neuartiger Wafer von Partnerbetrieben des Clusters. Statt des gängigen Siliciums setzt man dort künftig auf Siliciumcarbid und Galliumnitrid – eine revolutionäre Zukunftstechnologie, bei der wir weltweit führend sind. Das Beispiel illustriert auch einen wichtigen Forschungstrend.

Welchen Trend sehen Sie dabei?
GFRERER: Die Forschung wird immer interdisziplinärer – es braucht Frauen und Männer in Material- und Werkstoffkunde, Physik, Chemie, Verfahrenstechnik etc. Also weit mehr als „nur“ Chipdesignerinnen und -designer – wir sehen eine Vielzahl an Kompetenzen, die heute in der Mikroelektronik gefragt sind. Daher ist sie ein unglaublich spannendes Betätigungsfeld für junge Menschen, gerade auch für Frauen. Diese gilt es, vor den Vorhang zu holen und damit andere zu inspirieren. Viele Ausbildungswege führen in die Branche. Die Tätigkeiten sind abwechslungsreich und die Firmenkulturen höchst divers – allein bei Infineon arbeiten Menschen aus 80 Nationen. Kurzum: Jobs in der Mikroelektronik sind cool und bunt. Zudem erlauben die Betriebe immer flexiblere Arbeitszeiten bzw. Remote Work. Und die Menschen können einen Beitrag für eine lebenswerte Zukunft leisten.

SILICON ALPS Cluster
Der Mikroelektronik-Cluster im Süden Österreichs mit rund 150 Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft. Oberstes Ziel ist die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der 
Partnerbetriebe. www.silicon-alps.at

Wie kann die Mikroelektronik zu einer nachhaltigeren Welt beitragen?
GFRERER: Die Branche liefert unverzichtbare Technologien – Enabling Technologies – für die Transformation. Ob Chips für die Steuerung von Windrädern und PV-Anlagen oder Komponenten für E-Autos und Ladestationen – ohne digitale Innovationen keine Energiewende. Aktuelle Studien beziffern den Beitrag von EBS-Systemen an der Dekarbonisierung bereits mit 30 % – ein enormer Hebel. Gerade für junge Menschen, die Sinnerfüllung im Beruf suchen, ist das ein wichtiger Ansporn.

Der Beitrag des Clusters für das Innovations-Ökosystem?
GFRERER: Wir dienen als Brückenbauer und Drehscheibe und vernetzen zwischen Betrieben und Forschungseinrichtungen innerhalb des Clusters, sind aber auch Access Point für Betriebe anderer Sektoren, z.B. dem AC Styria, die Zugang zu Technologien unseres Clusters suchen. Als Teil des europäischen Netzwerks Silicon Europe Alliance vernetzen wir auch zwischen heimischen Firmen oder Forschungseinrichtungen und potenziellen Partnern in den anderen elf EBS-Clustern Europas. Wir sorgen dabei für das Perfect Match zwischen den Kooperationspartnern. Dank vielfältiger Fördermöglichkeiten können wir auch vielen KMU den Einstieg in Forschungsthemen erleichtern und etwaige Berührungsängste abbauen.

Welche Rolle spielen dabei Start-ups?
GFRERER: Eine enorm wichtige, daher setzen wir hier einen Schwerpunkt. Dabei wird das Thema „Fabless Company“ immer wichtiger. Start-ups bzw. KMU sollen künftig vermehrt die Chance nutzen, in die Chipentwicklung einzusteigen, ohne eine eigene millionenschwere Produktion aufbauen zu müssen. Vielmehr sollen junge Firmen bereits vorhandene Facilitys am Standort nutzen, um kleinere Chargen von Chips für Spezialanwendungen produzieren zu können. Win-win für Corporates und Start-ups. Erfolgsbeispiele dafür – etwa die Firma USound in Graz – gibt es bereits. Hier sehen wir künftig großes Potenzial für den EBS-Standort.

Foto: beigestellt

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