Spirit of Styria

PERFECT MATCH am Kapitalmarkt

Aktien, Anleihen oder anderes? „SPIRIT of Styria“ fragte Vertreterinnen und Vertreter steirischer Banken nach ihren Einschätzungen zur weiteren Zinsentwicklung und zur optimalen Veranlagungsstrategie.

FOLGENDE ZWEI FRAGEN STELLTEN WIR STEIRISCHEN BANKERN:

1.

Die Leitzinserhöhungen der EZB scheinen ihren Plafonds erreicht zu haben. Von welcher weiteren Zinsentwicklung gehen Sie bis Ende des Jahres aus?

2.

Welche Assetklassen profitieren derzeit von den höheren Zinssätzen, welche erleben rückläufige Nachfrage? Und mit welchem Asset-Mix (Annahme: mittlere Risikoneigung) sehen Sie derzeit die besten Renditechancen?

„Nachfrage nach Anleihen hoch“

MARTIN SCHALLER
GENERALDIREKTOR RLB STEIERMARK

1.

Im September 2023 wurden die Leitzinsen für den Euroraum seitens der EZB zum letzten Mal angehoben. Seit diesem Zeitpunkt verharren die Leitzinsen für Hauptrefinanzierungen bei 4,5%. Der überwiegende Teil der Kapitalmarktteilnehmer rechnet für das Jahr 2024 mit Leitzinssenkungen. Wann und wie hoch diese Senkungen ausfallen werden, ist vor allem von der Inflationsentwicklung abhängig. Sollte sich die Inflation nicht so schnell auf das 2%-Ziel der EZB zubewegen, könnte die EZB gezwungen sein, die Leitzinsen später und langsamer zu senken. Aus heutiger Sicht liegt die größ-te Wahrscheinlichkeit für eine erste Leitzinssenkung Mitte 2024, weitere Schritte könnten dann im 2. Halbjahr folgen.

2.

Die Nachfrage nach Anleihen ist aufgrund der Zinssituation weiter hoch und Kunden veranlagen auch bewusst in Anleihen mit längeren Laufzeiten (insbesondere KESt-freie Wohnbauanleihen), um hier das derzeitige Zinsniveau abzusichern. In der Eurozone wird allgemein mit einer Erholung der Wirtschaft gerechnet, wiewohl die geopolitischen Unsicherheiten und auch die Vielzahl an Wahlen in Europa und in den USA Risiken darstellen. Ein breiter Mix über die Assetklassen Anleihen Standard, Anleihen Spezial und Aktien Standard, erweitert um Zertifikate mit Kapitalschutz, stellen eine langfristige Veranlagungsmöglichkeit mit sehr guten Renditechancen dar. Die Veranlagung sollte in Tranchen erfolgen, um hier den Durchschnittskosteneffekt in volatilen Zeiten langfristig optimal ausnutzen zu können. Als Basis für den kurzfristigen Liquiditätsbedarf bietet sich das Sparbuch und in der digitalen Form Online-Sparen an. Wichtig ist, das persönliche Investmentprofil, das sich aus den Anlagezielen, der persönlichen Risikoneigung und den finanziellen Verhältnissen zusammensetzt, in die Überlegungen mit einfließen zu lassen.

„Weiterhin auf Sicht fahren“

WOLFGANG FUSEK
LEITER VERMÖGENS- UND FONDSMANAGEMENT
STEIERMÄRKISCHE SPARKASSE

1.

Wir gehen davon aus, dass die Zinsen der EZB im Euroraum ihr Zinsplateau erreicht haben. Die europäische Wirtschaft läuft schleppend und etwaige zukünftige Zinssenkungen würden konjunkturell unterstützend wirken. Aufgrund der nach wie vor robusten wirtschaftlichen Lage in den USA und der geopolitischen Spannungen inklusive möglicher neuer Risiken bezüglich Energiepreise bzw. Inflation erwarten wir jedoch, dass die EZB nur verhalten beginnen wird, die Zinsen zu senken. Etwas übertriebene Markterwartungen bezüglich des Ausmaßes möglicher Zinssenkungen mussten in den ersten Wochen des neuen Jahres am Markt schrittweise zurückgenommen werden. Nichtsdestotrotz ist im heurigen Jahr aufgrund der gefallenen Inflationsgefahren der EZBSpielraum für Zinssenkungen gegeben.

2.

Die Aktienmärkte sind vor allem aufgrund der Tech-Börsen (KI-Boom) in den USA mit Schwung ins neue Jahr gestartet und die Bewertungen der Aktien sind angemessen. Die Sorgen der Börsianer, dass die nach wie vor inversen Zinskurven in den USA und Europa, also höhere kurzfristige Zinsen als langfristige Zinsen, eine bevorstehende Eintrübung der Börsen bedeuten könnten, hat sich bis jetzt nicht bewahrheitet, soll aber daran erinnern, weiterhin auf Sicht zu fahren. Generell raten wir bei mittlerer Risikoneigung mit Investmentfonds weltweit breit diversifiziert eine Aktienquote von rund 30% aufzubauen. Anleihen haben neben der Diversifizierungsfunktion auch wieder eine Ertragsfunktion und gehören bis zu rund 50% in jedes gemischte Portfolio. Auch Gold und Rohstoffe passen als Abrundung in dieses gut diversifizierte Wertpapierdepot. Aufgrund der komplexen wirtschaftlichen Gemengelage erachten wir aktuell eine entsprechend qualitativ hochwertige Veranlagungsberatung für besonders empfehlenswert.

„Länger laufende Veranlagungen werden nachgefragt“

MONIKA CISAR-LEIBETSEDER
GENERALDIREKTORIN VOLKSBANK STEIERMARK

1.

Nach sieben Jahren ohne Einlagenzinsen sind Spar- bzw. Onlineeinlagen bei Banken seit dem letzten Jahr wieder deutlich attraktiver geworden. Das Zinsniveau wird laut aktuellen Prognosen zurückgehen. Abhängig von der Entwicklung der Inflation und des wirtschaftlichen Umfelds gehen wir heuer von zwei bis drei Zinssenkungen der EZB aus, wobei die dritte Zinssenkung durchaus auch erst im 1. Quartal 2025 möglich ist. Die Erwartung der etwas langsameren Zinssenkungen spiegelt sich auch im 5- oder 10-jährigen Swapzins wider.

2.

Im Sinne der finanziellen Gesundheit unserer Kundinnen und Kunden und auch um die Inflation möglichst abzufedern, ist eine ausgewogene und breit aufgestellte Vermögensstruktur empfehlenswert. Dies beinhaltet verschiedene Bausteine wie z.B. Anleihen-Laufzeitenfonds zur mittelfristigen Sicherung des aktuell höheren Zinsni veaus für bis zu 5,75 Jahre. Für den längerfristigen Anlagehorizont bieten sich z.B. weltweit gestreute Aktienfonds und offene Immobilienfonds für Einmalerläge oder eine monatliche Ansparung an. Aufgrund der aktuellen Zinserwartung werden wieder verstärkt länger laufende Veranlagungen wie Anleihen oder Laufzeitenfonds nachgefragt. Diese Assetklassen waren in den letzten Jahren eher unattraktiv und sind aktuell bei vielen Depots noch unterrepräsentiert. Wir erwarten, dass mit Beginn der Zinssenkungen auch die kaum mit der Zinsentwicklung korrelierende Assetklasse offener Immobilienfonds wieder stärker nachgefragt werden wird. Die prozentuale Verteilung auf die einzelnen Anlageklassen in einem Depot hängt unter anderem vom Zeithorizont als auch von der Risikoneigung der Anlegerin/des Anlegers ab. Unsere Beraterinnen und Berater erstellen im Rahmen eines umfassenden persönlichen Beratungsgespräches sehr gerne einen auf die individuellen Kundenbedürfnisse abgestimmten Veranlagungsvorschlag.

„Rückläufige Nachfrage bei Immobilieninvestments“

MANFRED GEIGER
LEITER BKS BANK-DIREKTION
STEIERMARK

1.

Die EZB hält sich mit ihrer Kommunikation aktuell noch sehr bedeckt und verweist darauf, dass mögliche Zinssenkungen datenabhängig wären. Mit Blick auf die sinkenden Inflationszahlen gehen Marktteilnehmer aber aktuell von drei bis vier Zinssenkungen aus. Eine erste Zinssenkung erscheint für Juni wahrscheinlich und wird laut aktuellen Einschätzungen 0,25 % betragen. Weitere Zinssenkungen könnten im Herbst folgen.

2.

Die hohen Zinssätze haben aktuell eine große Auswirkung auf das Anlageverhalten. Zusammengefasst lässt sich sagen: „The bond is back.“, also Anleihen sind zurück. Nach einer langen Phase von niedrigen und sogar negativen Zinsen bieten Anleihen, aber auch Geldmarktgeschäfte wieder einen attraktiven Zinssatz. Eine rückläufige Nachfrage sehen wir im Bereich der Immobilieninvestments. Diese Assetklasse leidet unter den strengeren Kreditvergaberichtlinien sowie unter den hohen Zinsen. Zusätzlich scheint einiges an Volumen aus offenen Immobilienfonds hin zu Anleihen und Anleihefonds geflossen zu sein. Erstaunlich gut haben sich im Gegensatz dazu Aktien entwickelt, angetrieben unter anderem durch das KI-Thema.

„Nachfrage nach Tech­Aktien
im KI­-Bereich“

ERNST ALBEGGER
REGIONALDIREKTOR STEIERMARK
HYPO VORARLBERG BANK

1.

Auch wir gehen davon aus, dass der Zinsgipfel mit der letzten Zinserhöhung der EZB im September 2023 auf 4,50 % markiert wurde. Unsere Einschätzung basiert insbesondere auf dem anhaltenden Rückgang der Inflation bzw. der schwachen wirtschaftlichen Aktivität innerhalb der Euro-Zone. Der von der Präsidentin der Europäischen Zentralbank Christine Lagarde getätigte Ausblick während des Weltwirtschaftsforums in Davos sowie die Summe der jüngsten EZB-Kommentare deuten auf erste Zinssenkungen im Sommer 2024 hin. Unsere konkreten Zinssenkungserwartungen liegen in Summe bei 100 Basispunkten bis Ende dieses Jahres, was wiederum ein neues Leitzinsniveau von 3,50 % bedeuten würde. Auch bei den Langfristzinsen erwarten wir mittelfristig einen leicht sinkenden Trend, wobei der Markt die erwarteten Zinssenkungen bereits teilweise eingepreist haben dürfte.

2.

Auch in diesem Jahr sind insbesondere Qualitätsaktien mit hohem Eigenkapital und stabilem Umsatz sowie amerikanische Technologie-Aktien, die mit Entwicklungen im KI-Bereich in Verbindung stehen, gefragt. Im festverzinslichen Bereich werden Festgelder und Schuldverschreibungen von Emittenten guter Bonität bevorzugt. Gemieden werden vor allem zins- und konjunktursensitive Wachstumsunternehmen mit hohen Verschuldungsquoten, aber auch Immobilien-Investments erleben eine spürbar rückläufige Nachfrage. Das Risiko, aber auch der langfristige Erfolg einer Anlage hängt maßgeblich von der jeweiligen Portfoliokonstruktion ab. Wichtig hierbei ist der Einsatz der wesentlichsten Anlageklassen (Aktien, Anleihen und Alternative Investments) sowie eine breite Länderund Branchen-Diversifikation. Voraussetzung dafür ist allerdings ein langfristiger Anlagehorizont, bei dem zeitweilige Kursschwankungen ausgehalten werden.

„Globale Anleihen mit
gutem Risiko­-Ertrags-­Profil“

CHRISTIAN STROBEL-LUDWIG
LANDESDIREKTOR FIRMENKUNDEN
STEIERMARK UNICREDIT BANK AUSTRIA

1.

Wir gehen davon aus, dass die Straffung der Geldpolitik bereits ihren Höhepunkt erreicht hat und erwarten daher eine erste Lockerung der Geldpolitik im Juni 2024. Bis Ende 2024 dürften die Leitzinsen um 75 Basispunkte und 2025 um weitere 100 Basispunkte gesenkt werden, sodass sich diese von aktuell 4,50 Prozent schrittweise auf 2,75 Prozent Ende 2025 verringern sollten.

2.

Die Aktienmärkte zeigen sich derzeit robust, da Anleger und Investoren zuversichtlich sind, dass eine spürbare Rezession, eine sogenannte „harte Landung“, vermieden werden kann und die großen westlichen Zentralbanken wie die Federal Reserve oder die Europäische Zentralbank die erwarteten geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen bis Mitte 2024 einleiten könnten. Angesichts der aktuellen Renditen und des zu erwartenden geldpolitischen Schwenks der großen westlichen Zentralbanken bieten auch globale Anleihen mittlerweile ein interessantes, konkurrenzfähiges Risiko-Ertrags-Profil. Wir setzen dabei auf Anleihen wie Euro-Investment-Grade-Unternehmensanleihen und Staatsanleihen. Sollte die Inflation wieder stärker aufkeimen und das Zinsumfeld länger als erwartet hoch bleiben, wären allerdings steigende Renditen und Kursverluste bei Anleihen nicht auszuschließen.

„Zinssenkungseuphorie
scheint verflogen“

PHILIPP BORUTA
SCHOELLERBANK DIREKTOR STEIERMARK

1.

Die noch zum Jahreswechsel auf den Märkten vorherrschende Zinssenkungseuphorie scheint in den letzten Wochen mehr und mehr verflogen zu sein. Für diese Ansicht gibt es rationale Gründe. Zum einen lässt die Inflation in der Eurozone offenbar schneller nach als angenommen und zum anderen kommt die europäische Wirtschaft kaum in Schwung. Die Geldmärkte setzen demnach darauf, dass die EZB im Juni, einen Monat vor der Fed, beginnt, die Zinsen zu senken. Auch die Anzahl und Höhe der möglichen Zinsschritte verringerte sich seit Anfang Jänner kontinuierlich. Aktuell preisen die Märkte für den Euroraum nur noch drei bis vier Schritte zu je 25 Basispunkten in 2024 ein. Nichtsdestotrotz werden im Laufe des Jahres Zinssenkungen erfolgen, wodurch Anleihen profitieren sollten.

2.

Die Anleihenmärkte sind aktuell so attraktiv wie seit vielen Jahren nicht mehr, weshalb auch viel Geld in diese Assetklasse fließt. Die sehr starke Entwicklung der Aktienmärkte hat sich zu Beginn des heurigen Jahres fortgesetzt. Anleger sind hinsichtlich der weiteren Konjunktur- und Inflationsentwicklung mittlerweile sehr optimistisch geworden. Bei näherer Betrachtung erweist sich der Aktienmarkt jedoch als sehr uneinheitlich. Vorwiegend US-Technologiewerte profitieren von viel Wachstumsfantasie im Bereich Künstliche Intelligenz, wenngleich andere Sektoren zuletzt ebenfalls deutlich nachziehen konnten. Wir halten den Aktienmarkt in manchen Bereichen, vor allem im Technologiesektor, daher für überteuert. Aufgrund dieser Entwicklungen haben wir die Aktienquote in der Schoellerbank Vermögensverwaltung zuletzt leicht reduziert und Gewinne realisiert. In einem ausgeglichenen Portfolio mit mittlerer Risikoneigung investieren wir daher aktuell knapp ein Drittel in globale Qualitätsaktien und den Rest in Anleihen bester Bonität.

Fotos: iStock, BKS/Arnold Pösch, Karin Bergmann, Foto Fischer, beigestellt

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