Spirit of Styria

Wachsen mit Relaxen

Von Grambach bis Amerika und Australien: 30 Jahre nach der Gründung umfasst das Netzwerk des steirischen IT-Dienstleisters NTS bereits 22 Standorte auf der halben Welt. Und die Zeichen stehen auf weiteres Wachstum, wie Unternehmensgründer Alexander Albler im großen Cover-Interview mit „SPIRIT of Styria“ betont. Der Teamplayer im Gespräch über die Wachstumsfaktoren Cybersecurity und Künstliche Intelligenz, aktuelle Herausforderungen und warum „Managed Services“ zum Relaxen anregen.

Chefbüro? Fehlanzeige. Ein eigenes Büro ist nicht die Sache von Alexander Albler. Ein „Shared Desk“ am Unternehmenssitz von NTS in Grambach genügt dem geschäftlich Vielreisenden. Daher treffen wir den Firmenchef – beschwingt mit der NTS-Ente unterm Arm – in einem lichtdurchfluteten Bereich vor dem Besprechungsraum „Kirk“ zum Interview und Shooting. „Ein Coverfoto!? Muss das wirklich sein?“, zeigt sich Albler anfänglich zurückhaltend – keine Koketterie, sondern authentische Grundhaltung eines Teamplayers, der flache Hierarchien schätzt und trotz mittlerweile beachtlicher Firmengröße bis heute persönlich an vorderster Kundenfront agiert. Gewissermaßen First Engineer an Bord. Das IT-Schiff NTS ist in den vergangenen Jahren kräftig gewachsen. Nicht weniger als 870 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 22 Standorten weltweit – von Deutschland und Italien bis USA, China und Australien – zählt der IT-Dienstleister heute. Tendenz steigend. Eine öffentlich kaum wahrgenommene Erfolgsgeschichte, die vor 30 Jahren ihren Ausgang nahm. Im Jahr 1995 gründete Alexander Albler gemeinsam mit Hermann Koller das Unternehmen, als er in jungen Jahren als Systemadministrator bei der WIFI Steiermark den Bedarf an Netzwerk-Services im aufkommenden Internetzeitalter erkannte. „SPIRIT of Styria“ sprach mit dem Gründer über den wichtigsten Erfolgsfaktor, den weiteren Expansionskurs und die neuen Geschäftsmöglichkeiten durch KI.

Unternehmensgründer und CEO Alexander Albler mit dem Firmenmaskottchen, der „Ente S“ (Wortspiel mit den Buchstaben des Firmennamens NTS)

 Managed Services bedeutet kurz gesagt: Wir erledigen das IT-Thema für den Kunden und dieser braucht nur noch sein Hakerl zu machen.

ALEXANDER ALBLER
Mitgründer und CEO von NTS

Eine Verdoppelung der Mitarbeiterzahl innerhalb von vier Jahren sowie ein Umsatzsprung von 30% im Jahr 2023. Was sind die Treiber des Wachstums?
Zum einen profitieren wir vom Megatrend Digitalisierung – immer mehr Bereiche unseres Lebens werden digital, beruflich wie privat. Dafür bedarf es einer entsprechenden IT-Infrastruktur, die wir für unsere Kunden schaffen. Und zum andern hat sich unser Geschäftsfeld über die Jahre erweitert – zusätzlich zum klassischen Projektgeschäft übernehmen wir heute für unsere Kunden immer mehr Services, bis hin zur laufenden Betriebsführung im Bereich IT. Der Begriff dazu lautet „Managed Services“ – das heißt, wir übernehmen Dienstleistungen, die früher eigene IT-Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Unternehmen erledigt haben. Die Anforderungen an die IT steigen permanent, auch der zeitliche Druck und die Verfügbarkeit von Fachkräften – sodass ein Unternehmen die Aufgaben allein schwer stemmen kann und diese an Profis vergibt, um sich auf das Kerngeschäft zu fokussieren. Ganz im Sinne unseres Firmen-Claims „Relax, We Care“.

Wertschätzende Firmenkultur:
NTS wird regelmäßig als einer der besten Arbeitgeberbetriebe ausgezeichnet.

Wird sich der Wachstumstrend fortsetzen?
Die Zahlen für das Jahr 2024 werden erst in ein paar Wochen publiziert, aber es steht fest: Auch im Jahr 2024 wird unser eingeschlagener Weg Richtung Serviceorientierung in der Bilanz spürbar. Wir konnten wieder einige Neukunden im Bereich Managed Services gewinnen – das ist gerade vor dem Hintergrund der allgemeinen Wirtschaftsflaute wichtig. Unsere Strategie ermöglicht uns, die abnehmende Investitionstätigkeit durch den Ausbau unserer Services zu kompensieren. Was uns hilft: Wir haben seit 30 Jahren dieselben Eigentümer und verfolgen eine nachhaltige Unternehmensstrategie.

Von Network und Data Center über Collaboration bis zu Cloud, Security und KI reicht das Portfolio von NTS. Welche Segmente entwickeln sich am stärksten?
Das größte Wachstum sehen wir – wenig überraschend – im Bereich Cybersecurity. Man muss ja nur die Medien verfolgen, um zu sehen, was sich hier abspielt. Daher erwarten wir im Bereich Defense auch weiterhin große Wachstumsmöglichkeiten. Wir wollen mit NTS auch geografisch weiterwachsen. Im Vorjahr haben wir stark in Deutschland expandiert, wo wir nun sieben Standorte betreiben, sowie auch in Italien mit nunmehr zwei Standorten. Die nächste Standorteröffnung ist in Nordrhein-Westfalen geplant. Diesen Expansionskurs wollen wir fortsetzen. Das gilt auch für den Stammsitz in Raaba-Grambach, wir sind gerade intensiv auf der Suche nach zusätzlichen Flächen.

Ihre Kernmärkte?
Neben Österreich sind das Deutschland und Italien. Dort sehen wir überall noch Potenzial, ebenso in der Schweiz. Zudem haben wir Niederlassungen in außer-europäischen Märkten wie USA, China oder Australien. Das Ziel ist dort allerdings nicht, lokale Kunden zu akquirieren, sondern wir sind in diesen Märkten präsent, um die Töchter unserer heimischen bzw. europäischen Kunden zu betreuen. Siehe das Beispiel Red Bull, ein großer Kunde von uns seit 15 Jahren, der weltweit an rund 340 Locations aktiv ist. Der US-Markt ist für Red Bull extrem wichtig – daher ist auch NTS in den USA mit einem Standort vertreten, um das Unternehmen im IT-Bereich direkt zu unterstützen.

Rezession, Krisen, Unsicherheit & Co. – inwieweit steigt der Kostendruck in Zeiten knapper werdenden Budgets auf Kundenseite?
IT braucht man in Wachstumszeiten ebenso wie in Phasen der Konsolidierung. Denn wie gesagt: Die Digitalisierung schreitet voran. Die Wirtschaftslage hat sich verschärft, das ist kein Geheimnis. Unser Vor-teil ist, dass wir den Kunden Komplexität abnehmen können. Gerade in Konsolidierungsphasen versuchen sich viele Unternehmen zu verschlanken – eine Chance für uns. Zudem kommt derzeit niemand am Megathema Cybersecurity vorbei. Wer hier nicht investiert, riskiert großen Schaden, der bis zum Unternehmensende führen kann.

NTS zählt rund 1.000 Kunden – wer ist der typische NTS-Kunde?
Wir betreuen Unternehmen aller Branchen, der typische Kunde beginnt etwa bei 150 oder 200 Mitarbeitenden. Kleinere Firmen haben in der Regel All-in-IT-Betreuer, vom Drucker bis zum WLAN. Mit der Größe eines Unternehmens steigt die Komplexität, vor allem auch mit der Anzahl der Standorte. Und es steigen die regulatorischen Anforderungen – dafür braucht es Profis. Man denke nur an Sicherheitsprobleme, die in der Regel nicht in der Zentrale auftauchen, sondern irgendwo von außerhalb ins Netzwerk eindringen.

Die Kundenliste von NTS liest sich wie ein Who is who aus Wirtschaft und Industrie. Ihre Lieblingskunden?
Jeder Kunde ist natürlich Lieblingskunde. (lacht) Aber Kunden, die uns fordern, schätze ich persönlich besonders. Dazu zählt etwa, wie bereits genannt, Red Bull. Das Unternehmen ist extrem innovativ und steht für High Performance und einen klaren Wachstumsfokus. Und das erwartet man sich auch von seinen Partnern. Dadurch werden auch wir immer besser und entwickeln uns ständig weiter.

Der entscheidende Erfolgsfaktor von NTS?
Ganz klar unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir sind ein Dienstleistungsunternehmen – hier gibt es nichts Wichtigeres und Erfolgskritischeres als ein erstklassiges Team.

Wie kommen Sie an die richtigen Leute in Zeiten des Fachkräftemangels?
Wir suchen permanent – es ist natürlich eine Herausforderung, die richtigen Leute zu finden und ans Unternehmen zu binden, aber es gelingt uns in Summe ganz gut. Wir legen größten Wert darauf, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine ideale Arbeitsumgebung zu bieten, und pflegen eine sehr wertschätzende Firmenkultur. Daher genießen wir einen guten Ruf am Markt – siehe auch unsere wiederholten Auszeichnungen als Top-Arbeitgeberbetrieb. (Anm: siehe Infospalte links) Zudem arbeiten wir mit unterschiedlichen Ausbildungseinrichtungen, Fachhochschulen und HTLs zusammen. So kommen wir frühzeitig an junge Leute – etwa im Rahmen eines Praktikums. Wir beschäftigen naturgemäß viele Technikerinnen und Techniker, aber nicht nur – wir brauchen auch Fachkräfte im Sales. Auch Diversity ist bei uns keine Floskel. Wir beschäftigen derzeit Menschen aus 42 Nationen, allein hier am Standort sind es 25.

Wo sehen Sie derzeit die größte Herausforderung?
Das ist sicherlich die grassierende Unsicherheit, was die Entwicklung auf wirtschaftlicher sowie geopolitischer Ebene betrifft. Kunden müssen Investitionsentscheidungen treffen und im Falle zu großer Unsicherheit treffen sie diese Entscheidungen nicht oder verzögert. Herausforderung Nummer zwei für viele Unternehmen ist das Thema Fachkräfte – für die Wirtschaft sicher eine Belastung. Und der dritte Faktor – ohnehin in aller Munde – sind die massiven Berichts- und Bürokratiepflichten, die den Unternehmen auferlegt werden.

Bürokratie bringt auch NIS2 mit sich, die neue Cybersicherheits-Richtlinie der EU. Fluch oder Segen?
Grundsätzlich begrüßen wir alle Maßnahmen, die helfen, die IT-Sicherheit zu erhöhen. Viele Themen, zu denen Unternehmen jetzt rechtlich verpflichtet werden, setzen wir ja bereits seit Jahren in den Betrieben um. Gleichzeitig kann ich verstehen, dass neue Regularien für Betriebe eine Herausforderung darstellen, weil Unternehmen ja schon mit vielen anderen Anforderungen – Stichwort Lieferkettengesetz – konfrontiert sind. Mit unseren Managed Services wollen wir gerade in diesem Bereich unseren Kunden möglichst viel Arbeit abnehmen – kurz gesagt: Wir erledigen das Thema und der Kunde braucht nur noch sein Hakerl zu machen.

Cyberattacken kommen mittlerweile einem Tsunami gleich. Wo sehen Sie die größte Bedrohung?
Die Hauptherausforderung liegt vor allem in der Qualität der Angriffe. Früher war es so – wenn man’s mit der analogen Welt vergleicht – dass jemand bei Ihnen vorbeikommt, um zu schauen, ob die Eingangstür zufällig aufgesperrt ist und dann die Gelegenheit zum Einbruch nutzt. Heute gibt es in der Cyberkriminalität höchst professionelle und spezialisierte Teams, um unterschiedlichste Formen von Schlössern ganz gezielt zu knacken. Unternehmen werden zielgerichtet ins Visier genommen und angegriffen – aus unterschiedlichen Motiven. Angreifer investieren oft Monate oder teilweise Jahre an Vorarbeit, ehe sie den Angriff starten. Der beste Schutz ist, gar nicht ins Visier zu geraten – und wenn man ins Visier gerät, gilt es, den Angriff möglichst frühzeitig zu erkennen, noch bevor ein Schaden eintritt.

Es heißt, einen 100%-igen Schutz gibt es nicht?
Nein, den kann es nicht geben – aber einen größtmöglichen, sowohl im technischen als auch organisatorischen Bereich. Unsere Sicherheits-Überwachungsgruppen haben die Aufgabe, so früh wie möglich zu erkennen, wenn jemand – um im Bild zu bleiben – beginnt, am Schloss herumzuarbeiten. Entscheidend ist, dass unsere Systeme alle individuell auf Kunden angepasst werden. Dazu kommt, dass ein produzierendes Industrieunternehmen ganz anders geschützt werden muss als Betriebe, die keine Produktionssysteme betreiben – da diese meist nicht durch die klassische IT geschützt sind. Daher braucht es andere Methoden, um diese abzusichern.

Global Team: 870 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der halben Welt übernehmen heikle IT-Aufgaben für die Kunden.

Ein Security-Tipp, den alle Betriebe beherzigen sollten?
Es reicht nicht, ein Back-up zu haben, man muss es gegenüber Cyberangriffen auch schützen. Denn diese greifen nicht nur die IT an, sondern verschlüsseln oder löschen meist auch das Back-up. Daher muss es geschützt werden, was erfahrungsgemäß nicht immer der Fall ist.

Der größte Trend im Bereich Cybersecurity?
Das ist sicher die Nutzung von KI für die Angriffe. Dadurch werden die Angriffe immer personalisierter. Emails weisen einen immer höheren Kontext zum Unternehmen auf, nennen etwa Namen von Partnern und Firmen, mit denen Sie zusammenarbeiten – wodurch eine Phishing-Attacke immer glaubwürdiger erscheint. Immer öfter kommt auch Deep Fake zum Einsatz, also Stimmen, künftig auch Videos, die Menschen imitieren. Das kann böse ausgehen, wenn jemand, der klingt wie Ihr Chef, Ihnen auf der Mailbox eine Nachricht hinterlässt, wonach Sie einen bestimmten Geldbetrag überweisen sollen. KI wird aber nicht nur von Angreifern, sondern natürlich auch zur Verteidigung genutzt.

Welche neuen Geschäftsmodelle ergeben sich darüber hinaus durch KI?
Für unsere Kunden ergeben sich riesige Chancen. Künftig wird so gut wie jedes Unternehmen eine eigene KI-Plattform betreiben. Um das gesammelte Firmenwissen aber nicht an US-Tech-Giganten auszulagern, werden diese Firmen die KI nicht irgendwo in der Cloud betreiben, sondern eine lokale KI-Platt form im Unternehmen aufbauen – was auch uns wiederum neue Möglichkeiten eröffnet. Wir sind in der Lage, sichere IT-Plattformen zu schaffen, auf deren Basis lokale KI-Modelle aufgesetzt werden. Da ist gerade viel im Entstehen – ein riesiger Zukunftstrend.

Ist der AI-Act in der Hinsicht ein Heimschuh? Grundsätzlich ist es eine gute Idee, einen Sicherheitsrahmen zu schaffen. Aber ob es unbedingt das Beste für uns in Europa ist, dass wir erst die Regeln einführen und dann die Lösung, bleibt abzuwarten. Andererseits sehe ich hier dennoch auch gute Chancen für Europa in einer zunehmend unsicheren Welt. Europa ist trotz allem noch ein Stabilitätsanker. Unternehmen wünschen sich nichts mehr als Stabilität und Vorausschaubarkeit. Daher gibt es sicher auch Chancen, dass im KIBereich in Europa künftig investiert wird.

Computernerds mit Hoodie & Hornbrille – wie sehr ist das Image des Berufsfelds der IT im Wandel?
Die Realität hat sich längst gewandelt – das öffentliche Image hinkt noch ein wenig nach. IT-Spezialistinnen und Spezialisten, die irgendwo im Keller vor Bildschirmen sitzen mit Stapeln an Pizzaschachteln – das ist ein völlig veraltetes Bild. Klar, man sollte sich zumindest für Technik interessieren, aber im Alltag hat man heute in der IT sehr viel mit Menschen zu tun – und für die muss man die richtigen Lösungen finden. Unsere Arbeit ist wichtig und verantwortungsvoll. Sichtbar wird IT ja meist nur dann, wenn etwas nicht funktioniert. Aber nur wenn die IT im Unternehmen funktioniert, können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihrer täglichen Arbeit nachgehen und der Betrieb kann sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren.

Welche Rahmenbedingungen wünschen Sie sich für den IT- und Wirtschaftsstandort?
Entscheidend für unser Geschäft ist, dass die Steiermark ein funktionierender Industriestandort bleibt. Denn ohne Industrie braucht es auch Dienstleistungsfirmen wie uns nicht. Darauf muss die Politik ihren Fokus legen. Ein wichtiges Thema wäre auch, die Fachmigration aus Drittstaaten zu erleichtern – das würde weitere Arbeitsplätze lokal schaffen.

Welche Rolle spielen Ökologisierung und Klimaschutz für NTS?
Eine sehr große Rolle. Einerseits verfolgen wir mit unseren Partnern und Herstellern sehr klare ESG-Strategien, indem wir Produkte einsetzen, die klimafreundliche Technologien unterstützen. Dabei geht es etwa um den Einsatz von Systemen, die nicht rund um die Uhr laufen müssen, oder den vermehrten Einsatz von Videokonferenzen als Alternative zu Flugreisen. Wir versuchen, den Footprint so gering wie möglich zu halten und Technik einzubauen, die CO2 einspart.

„Nur wenn die IT im Betrieb reibungslos funktioniert, kann sich ein Unternehmen auf sein Kerngeschäft konzentrieren.“ Alexander Albler

Fotos: Oliver Wolf, Lupi Spuma

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