Spirit of Styria

Die Kunst DER VERDICHTUNG

Die Architekten Gregor Tritthart und Hermann Herbst haben viel Freude daran, bestehenden Objekten ihren eigenen baukünstlerischen Stempel aufzudrücken. Besonders eindrucksvoll ist die Sanierung der Musikuniversität in Graz gelungen.

Ihr jüngstes Projekt hat Gregor Tritthart und Hermann Herbst ziemlich viel Aufmerksamkeit eingebracht: Die Sanierung und Erweiterung der Musikuniversität Graz ist so etwas wie das Husarenstück der beiden. Den Architekten ist es gelungen, den alten Bestand durch die Erweiterung architektonisch aufzuwerten und gleichzeitig die Haustechnik zu optimieren. Denn die entsprach nicht mehr den Anforderungen der Zeit. „In keinem der Räume, in denen die Musiker gearbeitet haben, durfte man die Fenster öffnen“, erinnert sich Gregor Tritthart. „Ein Instrument zu spielen ist aber Schwerarbeit. Man kann sich vorstellen, wie unangenehm das gewesen sein muss, wenn zum Beispiel drei Bläser in einem kleinen Raum geprobt haben.“ Grobe Mängel hatte das Gebäude der Musikuniversität auch im Bereich Akustik. Der Eigentümer des Gebäudes, die Bundesimmobiliengesellschaft BIG, hat deshalb 2018 den Auftrag EU-weit ausgeschrieben. Tritthart und Herbst haben sich gegen 17 Mitbewerber durchgesetzt. Vor allem auch deshalb, weil den beiden Grazer Architekten nicht nur eine ästhetisch ansprechende Erweiterung gelungen ist, sondern auch eine Verbindung zwischen Institutsgebäude und Bibliothek.

ARCHITEKTURBÜRO
TRITTHART & HERBST

1977 Heinrich Tritthart gründet das Büro. 2000 tritt Sohn Gregor in das Büro ein. 2016 Hermann Herbst und Gregor Tritthart gründen das gemeinsame Büro.
Sechs Mitarbeiter

Projekte:
LKH Bad Radkersburg
VS und Mittelschule St. Leonhard
„Schokoladenseite" Rankengasse / Karlauerstraße GWS
„Rohdiamanten" Q17-Reininghaus ÖSW
Tomotec in Thondorf Volksbank Steiermark AG Headquarter Joanneumring/Schmiedgasse
Schaltwarte für Medienversorgung der voestalpine Stahl in Donawitz

Auszeichnungen
Zahlreiche Preise bei Architekturwettbewerben

Competionline Ranking 
18. Platz von 32.000 Architekturbüros in Deutschland/Österreich/Schweiz https://www.competitionline.com/de/ranking

Nominierung für den Bauherrnpreis 2019 Gemeinsam mit Doris Dockner 
Landesarchitekturpreis Burgenland und Nominierung zum Bauherrnpreis 2017

Erweiterung und Sanierung der Musikuniversität Graz: „Gestalterische Anklänge an Musikinstrumente.“

Die beiden Baukörper waren durch einen schmalen Durchgang getrennt, in dem die Mülleimer und Fahrräder standen. „Wir haben die beiden Gebäude durch eine Überdachung miteinander verbunden. So konnten wir Platz für ein großzügiges Foyer schaffen, das der Musikuniversität angemessen ist“, betont Hermann Herbst. „Das war einer der Gründe, warum wir die Ausschreibung gewonnen haben.“

Durch Nachverdichtung bestehender Objekte in der Stadt braucht man keine zusätzlichen Flächen zu versiegeln.

GREGOR TRITTHART, HERMANN HERBST
ARCHITEKTEN
Die Architekten Gregor Tritthart (l.) und Hermann Herbst

DAS KLAVIER
Das in den 1980er Jahren vom Wiener Architekten Klaus Musil geplante Haus neben dem Palais Meran wurde aufgestockt, die Unterrichtsräume in den beiden Obergeschoßen erhielten großzügige Glasfassaden, die goldfarbene und flexible Aluminiumlamellen vor der Sonne schützen. „Das Bestandgebäude hieß wegen seines Grundrisses immer das ‚Klavier‘“, erklärt Tritthart. „Mit den Lamellen haben wir ein gestalterisches Element gewählt, das an Klaviersaiten erinnert.“ Für die Gestaltung der Innenräume haben Tritthart und Herbst viel Holz verwendet, eine Referenz an die Streichinstrumente der Studierenden.

Drei Jahre hat der 17 Millionen Euro teure Umbau gedauert. Vor allem deshalb, weil nur während der Sommerferien gebaut werden konnte. „Es konnten für die Musikuniversität keine Ersatzräume gefunden werden“, erklärt Herbst. „Deshalb sind uns nur drei Monate im Jahr für laute Arbeiten geblieben.“ Die engen Zeitfenster haben die Baulogistik nicht leichter gemacht. Ab neun Uhr morgens durfte nicht mehr gebohrt oder gehämmert werden. „Das war schon ein Albtraum“, gibt Tritthart zu. „Es hat den Ausführenden am Bau aber auch den Studierenden und dem Lehrpersonal Einiges abverlangt.“ Besonders stolz sind Tritthart und Herbst darauf, dass es ihnen gelungen ist, das Gebäude zu erweitern, ohne zusätzliche Flächen zu versiegeln. „Das ist gerade im innerstädtischen Raum besonders wichtig“, betont Herbst. Das neue, erweiterte Haus hat jetzt eine Belüftungsanlage, die zwar alle Räume bedient aber trotzdem so konzipiert ist, dass die Bläser die Geiger von nebenan nicht hören.

Wesentlich entspannter für Tritthart und Herbst war da schon der Bau neuer Wohnräume und eines Begegnungsraums für das Sozialtherapeutikum Steiermark in Dörfl/Mitterdorf an der Raab. „Wir haben für einen Bauherrn gebaut, wie man sich keinen besseren wünschen kann“, sagt Tritthart. „Der Bau ist für den Bauherrnpreis nominiert worden und diese Auszeichnung hätte der Bauherr wirklich verdient.“ Am Bauernhof der anthroposophisch orientierten Einrichtung leben Menschen mit geistigen und körperlichen Beeinträchtigungen. Die beiden Architekten haben in der alten Tenne des Hofs neuen Wohnraum geschaffen und die vorhandenen Gebäude um eine Begegnungshalle aus Holz und Beton ergänzt. Der Pavillon wurde so konzipiert, dass er für Konzerte, Theateraufführung und Zusammenkünfte geeignet ist, dass er aber auch Rückzugsmöglichkeiten für die Bewohner bietet. Das Ergebnis ist ein luftiger Raum, der sich zum Garten hin öffnen lässt, und trotzdem Geborgenheit vermittelt.

Zubau für das Sozialtherapeutikum Steiermark
Nominiert für den Bauherrn-Preis

Volksschule Triester Straße
Knappes Budget und
kinderfreundliche Lösungen

SPARSAM UND SPORTLICH
Sparsam planen mussten Tritthart und Herbst auch bei der Erweiterung und Sanierung der Volksschule Triester. „Diese Schule ist eine Brennpunktschule, das Budget war extrem knapp“, berichtet Herbst. „Wir hatten nicht einmal Geld, um die Wände zu verputzen.“ Weil es aber zur besonderen Kompetenz der beiden Partner gehört, mit wenig Geld zu arbeiten, gelang in der Volksschule ein Umbau, der für die Kinder viele Ecken zum Verweilen, Spielen und zum Lesen schuf. Die Klassenräume wurden rund um einen sogenannten Marktplatz angeordnet, die Bibliothek ist zu einem offenen Raum mit flexiblen Möbeln geworden. „Kinder müssen auf ihren Wegen quasi über Bücher stolpern“, sagt Tritthart lächelnd. „Da kann es schon passieren, dass ein Buch verschwindet. Aber dann wird es zumindest gelesen.“ Tritthart und Herbst arbeiten gerne an Bestandsobjekten: „Je schwieriger, umso lieber“, sagen die beiden. Was aber nicht heißt, dass das ihr einziges Betätigungsfeld wäre. Sie planen Einfamilienhäuser, Wohnhäuser und öffentliche Gebäude, und das mit großem Erfolg. Auch deshalb, weil sich die beiden an vielen Wettbewerben beteiligen. „Wir sehen das durchaus sportlich“, sagt Herbst. „Auch wenn das im Durchschnitt 500 Arbeitsstunden bedeutet. Wenn man dann den zweiten Platz macht, dann ärgert man sich schon.“ Für die Einreichungen gibt es zwar eine finanzielle Entschädigung, kostendeckend ist sie meist nicht. Tritthart und Herbst nehmen das gelassen.

Musikuniversität Graz Arbeits- und Proberaum: Neue Belüftung und bessere Akustik

FOTOS: OLIVER WOLF, ROMAN BÖNSCH, TONI MUHR

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