„Professionelle Sprachdienstleistungen machen sich bezahlt“, erläutern Véronique Lacoste, Berufsgruppensprecherin und Obmannstellvertreterin in der Fachgruppe der gewerblichen Dienstleister, sowie Silvia Glatzhofer, Vorstandsmitglied von UNIVERSITAS Austria, dem österreichischen Berufsverband für Dolmetschen und Übersetzen.
Sprachdienstleistung klingt ein bisschen trocken und allgemein. Was hat Ihre Profession zu bieten?
VÉRONIQUE LACOSTE: Ein extrem breites Portfolio. Klassische Übersetzungen sind eine der Leistungen, mit denen wir identifiziert werden. Dabei bedienen wir uns auch modernster Hilfsmittel, sogenannter CAT-Tools – von „computer-aided translation“ –, mit deren Hilfe wir unsere Arbeit optimieren können. Dazu kommen das weite Feld des Dolmetschens – simultan und konsekutiv – und weitere Dienstleistungen wie etwa Transkreation. Diese bewegt sich im Grenzbereich zwischen Texterstellung und Übersetzung und stellt maßgeschneiderten fremdsprachlichen Content zur Verfügung.
SILVIA GLATZHOFER: Wir verfügen über eine tiefgreifende Expertise, um Menschen aus anderen Sprach- und Kulturkreisen anzusprechen. Darum geht es. Wir übersetzen von Bedienungsanleitungen und Geschäftskorrespondenzen über Verträge, Dokumente, Urkunden und Zeugnisse bis zu Marketingtexten Broschüren, Websites und diversen Publikationen alle nur erdenklichen Textsorten. Ein wachsender Bereich sind Untertitelung, Synchronisation und Voiceover von Videos. Immer mehr Bedeutung bekommt auch das Übersetzen von Texten in einfache Sprache. Das ist auch für Unternehmen relevant, die ihre Produkte über ihre terminologisch versierte Community hinaus verständlich machen wollen.
LACOSTE: Unsere Unternehmen wollen exportieren und mit ihren Produkten international erfolgreich sein. Und dafür müssen sie verstanden werden. Das gelingt ihnen mit unserer Expertise.
GLATZHOFER: Ein Bereich, der gesellschaftlich immer bedeutender wird, ist das Kommunaldolmetschen – wenn wir Menschen, die noch nicht ausreichend Deutsch sprechen, etwa zu Behörden, Elternabenden oder bei der Gesundheitsversorgung begleiten.
LACOSTE: Wir haben eine Initiative zur Professionalisierung von Dolmetschern für seltene Sprachen wie etwa Dari bzw. Farsi sowie zur Verbesserung der Kontaktmöglichkeiten zwischen Auftraggebern und Dolmetschenden ins Leben gerufen. Beteiligt sind alle einschlägigen universitären Institute und Verbände in Österreich.
SILVIA GLATZHOFER
VÉRONIQUE LACOSTE
Wie finde ich „meinen“ Sprachdienstleister, „meine“ Sprachdienstleisterin?
LACOSTE: Auf unserer Website www.sprachdienstleister-stmk.at findet sich eine Suchfunktion mit Filtern nach Spezialgebieten, Sprachen und Orten. Unsere Mitglieder verfügen in der Regel über akademische Ausbildungen sowie Zertifizierungen. Das sind auf jeden Fall Kriterien für Verlässlichkeit und Qualität.
Viele der steirischen Sprachdienstleister sind Einpersonenunternehmen (EPU)
GLATZHOFER: Stimmt. Allerdings unterhalten diese EPU untereinander häufig Kooperationen und decken gemeinsam ein großes Spektrum an Sprachen und Dienstleistungen ab. Man kann sich also durchaus mit komplexen Fragestellungen an kleine heimische Dienstleister wenden.
Wie ausgeprägt ist das Bewusstsein, sich an Profis zu wenden?
GLATZHOFER: Es gibt noch Luft nach oben. Professionelles Übersetzen und Dolmetschen ist für Unternehmen das Schaufenster nach außen. Wir kennen ja gut gemeinte, aber missglückte nichtprofessionelle Übersetzungsversuche. Belustigend, aber nicht zielführend. Bei Verträgen kann das sogar sehr problematisch werden.
Wo sehen Sie Potenzial?
LACOSTE: Wir sind Kommunikationsfachleute. Und wenn Unternehmen in einer anderen Sprache kommunizieren wollen, dann sind wir die erste Wahl. So einfach ist das. Ich glaube, dass es manchmal gerade in diesem Bereich noch zu viel Zurückhaltung gibt. Eine professionelle Übersetzungs- oder Dolmetschleistung rechnet sich auch wirtschaftlich.
Sprechen nicht immer mehr Menschen selbst Fremdsprachen auf hohem Level?
GLATZHOFER: Es gibt sicher viele Menschen bei uns, die hervorragend Englisch, Türkisch, Italienisch – was auch immer – sprechen. Doch Profis können mehr und zwar viel mehr. Es geht um Feinheiten, Fachterminologien, regionale und kulturelle Differenzierungen. Es ist ein massiver Unterschied, ob man eine Sprache gut spricht oder sie professionell übersetzt und dolmetscht. Auch Native Speaker sind nicht automatisch geeignet. Es braucht Know-how, Expertise, Training, Erfahrung – kurz: Professionalität.
LACOSTE: Ich denke, dass Unternehmen und Organisationen speziell im Veranstaltungs- und Meetingbereich noch mehr auf unsere Leistungen zurückgreifen könnten. Indem sie etwa öfter internationale Vortragende einladen und diese professionell dolmetschen lassen. Das ist in anderen Ländern selbstverständlich. Und es funktioniert auch online. So aber kommen wir über unseren sprachlichen Tellerrand oft kaum hinaus.
Sie sagten online.
LACOSTE: Online-Dolmetschen hat sich seit Covid dynamisch entwickelt. Egal, ob bei Präsentationen, Podiumsdiskussionen oder Verhandlungsgesprächen: Beteiligte verbinden sich mit der Dolmetscherin bzw. dem Dolmetscher und kommunizieren im virtuellen Konferenz- bzw. Besprechungsraum.
GLATZHOFER: Lässt sich auch im privaten Bereich oder von Unternehmen oder Organisationen, für die Präsenzveranstaltungen zu aufwendig sind, perfekt anwenden. Als regionale Sprachdienstleister sorgen wir so für internationale Vernetzung.
Wie gehen Sie mit Übersetzungs-Apps und künstlicher Intelligenz (KI) um?
GLATZHOFER: Unsere Dienstleistungen werden sich verändern und weiterentwickeln. Wir nutzen diese Tools ja auch selbst. Allerdings kontrolliert und unter menschlicher Supervision.
LACOSTE: Zwei Aspekte, auf die ich hier ausdrücklich hinweisen will: Datensicherheit und Datenschutz. Es wäre schon ausgesprochen riskant, vertrauliche Informationen oder gar Firmengeheimnisse durch Software-as-a-Service-Tools gleiten zu lassen. Davor kann man eigentlich nur warnen.
GERD ZUSCHNIG
DIENSTLEISTER-TABLE – RUNDE 4
Im Dienste von Unternehmen und Wirtschaft: Die gewerblichen Dienstleister repräsentieren mehrere besonders wirtschaftsaffine Berufsgruppen. Obmann der Fachgruppe der gewerblichen Dienstleister in der WKO Steiermark ist Gerd Zuschnig (Foto). In einer Talk-Serie beleuchten namhafte Berufsgruppenvertreter die aktuelle Lage in ihrer Branche. Im Fokus der 4. Dienstleister-Table-Runde: die Sprachdienstleister. Am Dienstleister-Table: Véronique Lacoste, Berufsgruppensprecherin und Obmannstellvertreterin in der Fachgruppe der gewerblichen Dienstleister, und Silvia Glatzhofer, Vorstandsmitglied von UNIVERSITAS Austria, dem österreichischen Berufsverband für Dolmetschen und Übersetzen.
www.sprachdienstleister-stmk.at www.lacostelanguage.com
www.glatzhofer-translations.com
Fotos: Oliver Wolf