Taktgeber in der Lebensmittelindustrie: Mit Fokus auf Qualität, Nachhaltigkeit und der Premium-Marke Steirerkraft behauptet sich Estyria Naturprodukte mit Sitz in Wollsdorf auch in Zeiten schwieriger Marktbedingungen. Das neue Führungsduo Martina Hubmann und Christian Briggl im Interview über einen besonderen USP, wahre Kern-Kompetenzen und das Geheimnis hinter Europas meistprämiertem Kürbiskernöl.
Kühe, die statt Milch Kernöl geben? Na ja, beinahe. Die „steirische Ölkuh“ – eine traditionelle Holzvorrichtung zum Pressen von Kernöl – hat hier zwar schon lange ausgedient, ist aber als Teil der „Kernothek-Erlebnistouren“ am Gelände der Estyria in Wollsdorf bei Gleisdorf weiterhin zu bestaunen. Als Requisit für ein Fotomotiv mit dem neuen Geschäftsführer-Duo Martina Hubmann und Christian Briggl ist die Retro-Kuh sowieso unschlagbar. Mit dem dazugehörigen Holzhammer schlagen die beiden förmlich den Bogen von der Vergangenheit ins Heute. Darin haben Hightech-Geräte die Holzpressen zwar längst abgelöst, handwerkliches Know-how ist dennoch gefragt. „Auch wenn heute in der Kernölproduktion modernste Technik zum Einsatz kommt, basiert der Produktionsprozess noch immer auf dem traditionellen steirischen Stempelpressverfahren“, erklärt Martina Hubmann. „Wir arbeiten mit offenen Röstpfannen. Das heißt, bei uns überprüfen erfahrene Ölmüller die Röstung der Kürbiskerne und wählen den perfekten Zeitpunkt, um daraus Öl zu gewinnen“, erklärt sie die Kern-Kompetenz des Unternehmens. „Es sind also immer noch Menschen und deren Expertise, die für die Qualität unseres Kürbiskernöls ausschlaggebend sind.“ Eine durch und durch verbriefte Qualität – denn das grüne Gold aus den Estyria-Anlagen gilt als das meistprämierte Kernöl der Welt. Gault&Millau, die steirische Landesprämierung oder die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) küren das Steirerkraft-Produkt regelmäßig zu Verkostungssiegern. „Alles andere als Zufall. Denn in der Produktion steckt nicht nur unsere Erfahrung aus über 25 Jahren, sondern auch extrem viel Know-how und Liebe zum Detail – vom Acker bis zum Teller, also von der Qualität der Rohstoffe über den Produktionsprozess bis zur Auslieferung inklusiver permanenter Qualitätskontrollen in allen Bereichem“, betont Christian Briggl, seit April dieses Jahres neu in der Geschäftsführung. „Man schmeckt einfach, dasswir exzellente und ehrliche Produkte machen“, ergänzt Hubmann, seit Oktober 2023 in der Geschäftsführung.
ERFOLGSFAKTOR: ALLES AUS EINER HAND
„Der große USP des Unternehmens ist sicherlich, dass wir alles aus einer Hand anbieten können – von der Zucht des eigenen Saatguts bis zur fertigen Auslieferung. Das macht uns einzigartig in Europa“, so Hubmann und Briggl unisono. Eine Wertschöpfungstiefe, die ihre Wurzeln in der Geschichte des Unternehmens hat. Alles begann Mitte der 90er Jahre, als sich regionale Landwirte – nach genossenschaftlichem Vorbild – zur Alwera AG zusammenschlossen. Diese gründete im Jahr 1997 mit der Steirerkraft Naturprodukte GmbH ein Tochterunternehmen, das die Produktion und Vermarktung für Kürbiskernöl und -kerne übernahm. Als stets neue Geschäftsfelder hinzukamen und der Einkaufsradius der Rohstoffe wuchs, entschied man sich, das Unternehmen in Estyria umzufirmen. Steirerkraft blieb Premiummarke und Aushängeschild, das seine Rohstoffe rein aus dem streng kontrollierten g.g.A-Gebiet (Steiermark sowie Teile Niederösterreichs und des Burgenlands) bezieht. Rund die Hälfte des Geschäfts mit dem Kürbiskern entfällt nach wie vor auf die buchstäbliche Kern-Marke. Das Produktportfolio umfasst neben Steirischem Kürbiskernöl und Kürbiskernen auch die Steirische Käferbohne sowie Essig, Polenta und Apfelchips. Mit einer Jahresproduktion von rund einer Million Liter Kürbiskernöl ist man nicht nur einer der größten Erzeuger Österreichs, Estyria avancierte auch zum größten Kürbiskern-Produzenten Europas. Ob naturbelassen, als geröstet und gesalzener Snack oder schokoliert – Kürbiskerne unterschiedlicher Verarbeitungsformen umfasst das Sortiment. Nicht weniger als 10.000 Tonnen hochwertige Rohware werden jährlich für Steirerkraft-Produkte und andere Marken im Hause Estyria nach höchsten Qualitätsstandards verarbeitet. Hubmann: „Wir pflegen engen Kontakt zu unseren Vertragsbauern, die uns sehr am Herzen liegen und die wir so gut wie möglich unterstützen. Allen voran beim Saatgut, das wir in Kooperation mit Saatzucht Gleisdort weiterentwickeln, um unseren Bauern auch bei schwieriger werdenden klimatischen Bedingungen ein optimales Saatgut zur Verfügung zu stellen. Schließlich brauchen wir auch in Zukunft gesicherte Rohstoffe.“
Wir versorgen unsere Vertragsbauern mit optimalem Saatgut, das auch bei schwierigen klimatischen Bedingungen bestmögliche Ernten sicherstellt.
MARTINA HUBMANN, ESTYRIA-GESCHÄFTSFÜHRERIN
Neben Steirerkraft umfasst Estyria mittlerweile eine Vielzahl unterschiedlicher Marken – wie Wertvoll, Mutter Natur, Rosas Genusswelt, Cooks Love, Paldauer oder Austria pur. Produkte wie Backsaaten, Hülsenfrüchte, Trockenobst, Getreide, hochwertige Mischprodukte, Pilze, Nüsse oder Spezialöle aus heimischen sowie auch internationalen Quellen werden dabei verarbeitet.
NEUE VERTRIEBSCHANCEN IN EUROPA
Vertrieben werden die Produkte an den Lebensmitteleinzelhandel, an Bioläden und Drogeriemärkte, an die Gastronomie sowie über den eigenen Webshop. „Ein wichtiges Standbein stellen Private-Label-Produkte für den Lebensmitteleinzelhandel dar, beispielsweise Kürbiskerne im Verpackungsdesign von Handelsunternehmen“, so Briggl. Stolz ist man auf die Exportquote von 62 % sowie den hohen Bioanteil von 52 %. „Mit Steirerkraft sind wir im hochpreisigen Segment angesiedelt – damit spüren wir in Zeiten sinkender Kaufkraft natürlich auch einen gewissen Druck von Seiten des Handels bzw. der Konsumenten. Aber wir sind überzeugt, dass unsere Kunden die hohe Qualität, die in unseren Produkten steckt, wertschätzen und weiterhin bereit sind, dafür einen fairen Preis zu bezahlen“, so Hubmann. Gleichzeitig arbeitet das Unternehmen intensiv daran, neue Vertriebsmöglichkeiten auf internationalen Märkten zu erschließen. Briggl, der nach Jahren im Dienste eines britischen Handelsmarketingunternehmens den europäischen Lebensmitteleinzelhandel bestens kennt: „Ich bin sicher, dass wir sowohl im DACH-Raum, unserem wichtigsten Absatzmarkt, als auch darüber hinaus in weiteren Ländern Europas noch viel Potenzial haben. Gerade auch für das Steirische Kürbiskernöl sehe ich noch große Marktchancen in Europa.“ Auch Produktneuentwicklungen bieten Wachstumschancen. „Innovation spielt eine zentrale Rolle im Unternehmen.
Ich sehe vor allem im DACH-Raum, aber auch darüber hinaus in weiteren Ländern Europas noch großes Potenzial für unsere Produkte.
CHRISTIAN BRIGGL, ESTYRIA-GESCHÄFTSFÜHRER
Zuletzt haben wir mit der Marke Snacky Bande eine komplette Neuentwicklung erfolgreich gelauncht. Auf eine junge Zielgruppe zugeschnitten, punktet die Marke mit einem super knusprigen Snack-Erlebnis und gesunden Fruchtstücken“, freut sich Hubmann, die das Unternehmen perfekt auf aktuelle Ernährungstrends eingestellt sieht. „Pflanzliche, eiweißreiche Nahrungsmittel liegen voll im Trend – genau in diesem Bereich haben wir ein großes Angebot.“
Die größten Investitionen fließen derzeit in das Thema Nachhaltigkeit. Das Unternehmen hat sich das Ziel gesteckt, bis zum Jahr 2030 komplett energieautark zu produzieren. „Wenn man bedenkt, wie groß der Kühlbedarf in unseren Lagerhallen und wie energieintensiv unsere Produktion ist, kann man abschätzen, wie ambitioniert das Ziel ist“, betont Briggl. Aktuell werden in Summe rund acht Millionen Euro in kaskadierte Wärmepumpen, die zu 100 % mit Ökostrom betrieben werden, sowie großflächige PV-Anlagen investiert. Besonders stolz ist man auf die jüngste Aufnahme in die SBTi, der „Science Based Targets Initiative“. Hubmann: „Dadurch hat sich Estyria zur wissenschaftlich basierten Reduktion der Emissionen verpflichtet – als erst drittes Lebensmittelunternehmen in Österreich. Ein weiterer Schritt, um unsere Position als Vorreiter in der Lebensmittelbranche zu stärken.“
Estyria Naturprodukte GmbH
Gegründet im Jahr 1997 als „Steirerkraft Naturprodukte GmbH“, als Tochterunternehmen der Alwera AG,
Umfirmierung 2011 in Estyria Naturprodukte GmbH
Steirerkraft blieb als Marke bestehen und etablierte sich als Premium-Label des Hauses USP der Estyria: gesamte Wertschöpfungskette vom Saatgut bis zur internationalen Vermarktung in einer Hand
Einzigartige Synergie: Estyria-Mutter Alwera organisiert Vertragsanbau mit den Landwirten und hält Beteiligungen an Saatzucht Gleisdorf ebenso wie an Erntemaschinen-Spezialist Ascon3 und Presstechnologie-Entwickler Milteco
Steirerkraft ist die bekannteste Kürbiskernölmarke Österreichs, weitere Produkte im Steirerkraft-Portfolio:
Steirische Käferbohnen g.U., Steirische Kürbiskerne, Steirischer Essig, Polenta und Apfelchips
Im Jahr 2023 wurden 1.000.000 Liter Steirerkraft Steirisches Kürbiskernöl g.g.A. gepresst und abgefüllt.
Auszeichnungen: 2024 von Gault&Millau und der steirischen Landesprämierung prämiert sowie mit der Goldmedaille der DLG 2023 gekürt
Markenportfolio von Esytria: Steirerkraft, Wertvoll, Mutter Natur, Rosas Genusswelt, Paldauer, Cooks Love, Austria pur und Snacky Bande
20.000 Tonnen Rohware werden jährlich bei Estyria verarbeitet, davon 10.000 Tonnen Kürbiskerne. Estyria ist der größte Kürbiskern-Produzent Europas.
In diesem Jahr feiert die Kernothek, der hauseigene Shop mit einer Vielzahl regionaler Produkte, ihr zehnjähriges Bestehen.
Martina Hubmann ist seit 26 Jahren im Unternehmen und durchlief eine Reihe von Stationen, seit Oktober des Vorjahres in der Geschäftsführung
Christian Briggl, jahrelang im internationalen Retail-Geschäft tätig, ist seit April Estyria-Geschäftsführer
Rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Knapp 100 Mio. Euro Umsatz
62 % Exportanteil
52 % Bioanteil
www.estyria.com
www.steirerkraft.com
Vom Acker in die Flasche: Steirerkraft, das meist prämierte Kürbiskernöl der Welt
Handwerk und Hightech: die Produktion bei Estyria nach höchsten Qualitätsstandards
Fotos: Oliver Wolf, beigestellt