Spirit of Styria

Zukunftsfittes Vermächtnis

„SPIRIT of Styria“ trifft  Barbara Müller, die neue Leiterin des Schloss Stainz mit den Jagd-, Landwirtschafts- und Erzherzog Johann Museen sowie der Rosegger-Museen in Krieglach und am Alpl, die alle dem Universalmuseum Joanneum zugehören, zum Interview. Im Gespräch erzählt sie, wie sie das weitreichende Vermächtnis der Namensgeber bewahren will, welche Schwerpunkte geplant sind, und wie die Museen als Orte des Dialogs Vergangenheit und Gegenwart verbinden.

Kontrastreich zeichnet sich die barocke Stiftskirche des Schloss Stainz inmitten der malerischen weststeirischen Hügel gegen den strahlend blauen Himmel ab. Barbara Müller heißt uns vor den Toren des Schloss Stainz willkommen. Es ist Zwischensaison. Anfang März öffnet das Schloss wieder seine Pforten, hinter denen Besucher einen Ort voll lebendiger Tradition erwartet. „Das Schloss Stainz mit dem Jagd-, Landwirtschafts- und dem letztes Jahr eröffneten Erzherzog Johann Museum der bedeutendste museale Standort der Weststeiermark und der ehemalige Wohnsitz Erzherzog Johanns, dem Gründer des Universalmuseums Joanneum. Mit den drei Museen bilden wir an einem Standort eine Einheit für Themen, die allesamt von Erzherzog Johann beziehungsweise dessen zukunftsweisenden Ideen geprägt wurden“, erklärt Barbara Müller. Mit Jänner 2025 übernahm sie die Leitung der Museen in Schloss Stainz sowie der Rosegger Museen in Krieglach und am Alpl. Die Weststeirerin ist bereits seit 2016 in Funktionen wie der Kunst- und Kulturvermittlung für das Universalmuseum Joanneum tätig. Ab 2022 war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Rahmen des Projekts „Erzherzog Johann Museum“ maßgeblich für die Konzeptentwicklung und Ausstellungsplanung des neuen Museums mitverantwortlich. „Das war eine intensive Zeit“, erinnert sich Müller, „denn der zweistufige Bewerbungsprozess für meine neue Aufgabe überschnitt sich mit der Museumseröffnung.“ Durch ihre langjährige Erfahrung und ihre Ideen, die Standorte kontinuierlich weiterzuentwickeln, konnte sie die Jury vollinhaltlich überzeugen. Ihre neue Rolle sieht die Kunsthistorikerin als große Ehre und Verantwortung: „Die vielseitigen Themen der drei Museen im Schloss Stainz und der Rosegger Standorte, die Vielzahl an Arbeitsbereichen, die es abzudecken gilt, all das fasziniert mich sehr. Johann von Österreich hat nicht zuletzt als großer Reformer und Förderer des Fortschritts durch die vielen von ihm ins Leben gerufenen Institutionen ein umfangreiches Vermächtnis hinterlassen – von der steirischen Kultur über die Wissenschaft bis hin zur Wirtschaft. Viele weitere Bereiche wirken in der österreichischen Geschichte bis heute fort.“

Jagd-, Landwirtschafts- und Erzherzog Johann Museum widmen sich im
Schloss Stainz den zukunftsweisenden Ideen Johann von Österreichs.

BISHER UNVERÖFFENTLICHTES ARCHIVMATERIAL WIRD GEZEIGT
Dieses weitreichende Vermächtnis will Barbara Müller mit ihrem Team bewahren und nach außen tragen. „Unsere Arbeit als Museum beruht auf vier Säulen: Einerseits sind das die Säulen „Sammeln und Bewahren“ und „Forschen“ und andererseits ist das auch das „Ausstellen“ und schließlich die letzte Säule des „Vermittelns“ – unsere Hauptaufgabe“, erklärt Müller diesen Bildungsauftrag gleich am Beispiel des Erzherzog Johann Museums, während sie uns durch die Ausstellungsräume führt: „Wir haben im Rahmen der umfangreichen Recherche und den Umbauarbeiten in Schloss Stainz unterschiedliche, bisher nicht veröffentlichte Archivalien gefunden, die erstmals bei uns zu sehen sind – etwa Schriftstücke, die transkribiert wurden und handgezeichnete originale Umbaupläne für Schloss Stainz, die vermutlich Erzherzog Johanns Sohn anfertigen ließ. Was für mich persönlich ganz aufregend war: Das aus Privatbesitz zur Verfügung gestellte Archivmaterial enthielt Briefe von Erzherzog Johann, die wahrscheinlich noch von niemandem sonst gelesen worden sind. Das waren private Momente, die mir Ehrfurcht eingeflößt haben“, zeigt sich Müller begeistert.

NEUE MEDIENTECHNIK UND OFFENE RÄUME FÜR DISKURS
Müller, die das Schloss Stainz als Ort des Austauschs sieht, möchte in den kommenden Jahren auf innovativere Konzepte in der Gestaltung temporärer Ausstellungen setzen und den Besuchern mehr Möglichkeiten zur Partizipation bieten. Moderne Medientechniken und Formate wie Touchscreens und interaktive Stationen schaffen eine lebendige, verbindende Welt zwischen Vergangenheit und Gegenwart. „Im Jagdmuseum thematisieren wir die Kulturgeschichte der Jagd – ein gesellschaftsrelevantes, vielschichtiges und polarisierendes Feld – und zeigen ihre Entwicklung. Erzherzog Johann war selbst begeisterter Jäger. Durch ihn wurde die Jagd hierzulande zur verantwortungsvollen Aufgabe im Dienst an Tier und Umwelt. Er führte als einer der ersten eine Schonzeitverordnung ein, setzte eine genaue Abschussplanung fest und sich dafür ein, dass auch im Sinne der Wildökologie der Wildbestand nachhaltig bewirtschaftet wird“, erklärt Barbara Müller, die selbst einen Jagdschein besitzt. „Die Ausstellung „Der Wolf“, die u. a. auch in Kooperation mit dem Wolfsforschungszentrum in Ernstbrunn kuratiert wurde, bot neben neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen unterschiedlichen Gruppen wie der Jägerschaft und der breiten Öffentlichkeit eine gemeinsame Plattform für eine breite Diskussion“, verrät Müller und ergänzt: „Durch die Kooperation mit wissenschaftlichen Partnern erhalten wir wertvolle Impulse für unsere Ausstellungsthemen, lassen neue Forschungsergebnisse einfließen, die neue Blickwinkel eröffnen.“

WISSEN UND KULTUR FÜR JUNG UND ALT
Wissenswertes rund um das Leben und Arbeiten unserer bäuerlichen Vorfahren als auch der Wildökologie sollen sowohl an Kinder als auch Erwachsene weitergegeben werden: Der Familientag „Mit Erzherzog Johann in den Frühling“ am 22. März ist ein Zeichen für die Öffnung des Hauses. Besucher bekommen einen Einblick in traditionelle Handwerkstechniken, es warten Spezialführungen, kulinarische Schmankerln der Region und besondere Kinderprogramme. „Wir bieten regelmäßig Kinderworkshops an, wo wir mit den Kindern Brauchtumsgebäck backen, Saatkartoffeln pflanzen, Butter rühren, Nistkästen und Futterstellen für Vögel bauen, Federtiere basteln oder Schmuck aus Geweihstücken anfertigen.“ Auch die Weiterbildungsveranstaltungen für Pädagogen, die gemeinsam mit der Bildungsdirektion Steiermark geplant sind, werden sich unterschiedlichen Schwerpunkten widmen.

Barbara Müller ist als Jägerin bestens mit der Jagdkunde vertraut. „Erzherzog Johann hat die Jagd als verantwortungsvolle Aufgabe im Dienst an Tier und Umwelt gesehen.“

KINDHEIT IM WANDEL
Zu Barbara Müllers breitem Aufgabengebiet gehört auch die Leitung des Peter-Rosegger-Museums in Krieglach sowie dessen Geburtshaus am Alpl. Ab 29. März läuft im Rosegger-Museum die Sonderausstellung „Kindheit im Wandel. Von der Strohpuppe zum  Smartphone“, wo von der Erziehung über Bildung und  Spiel bis hin zu Arbeit, Ernährung und medizinischer  Versorgung gezeigt wird, wie sich das Leben von Kindern über Generationen hinweg seit 200 Jahren verändert hat. „Peter Rosegger, der in seinen vielen Werken über die Herausforderungen und Freuden der  Kindheit in der ländlichen Steiermark des 19. Jahrhunderts schrieb, wird dabei zu Wort kommen.“

TREU DEM ALTEN, EMPFÄNGLICH FÜR DAS NEUE
Das Thema Nachhaltigkeit wird auf Schloss Stainz  großgeschrieben. „Wir bemühen uns in diesem Jahr um  das Museumsgütesiegel und Ziel ist, dass wir gänzlich  ein grünes Museum werden wollen“, verrät Barbara  Müller. „Ein Umweltzertifikat zieht für uns infrastrukturelle Adaptierungen des Museums nach sich, und  natürlich berücksichtigen wir ebenso die Standards für  Inklusion und Barrierefreiheit.“ Angesprochen darauf,  welche große Vision Barbara Müller in Zukunft verfolgen möchte, gibt sie ein Zitat Erzherzog Johanns zum  Abschied: „Treu dem guten Alten, aber darum nicht  minder empfänglich für das gute Neue“.

Fotos: Oliver Wolf

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