Spirit of Styria

Ein Haus DER GESUNDHEIT

 Alexandra Fuchsbichler ist seit April Präsidentin der Apothekerkammer Steiermark. Die Voitsberger Pharmazeutin sieht in der Apotheke das Fundament eines reformierten österreichischen Gesundheitssystems.

In der Pandemie haben wir gezeigt, was wir können“, sagt Alexandra Fuchsbichler. Die neue Präsidentin der steirischen Apothekerkammer sagt das durchaus mit Stolz. Und das nicht zu Unrecht: Fuchsbichler und ihre Kollegen stampften in ihren Apotheken Teststationen aus dem Boden und verlängerten dafür auch schon einmal ihre Öffnungszeiten.

Dass Apotheker viel mehr können, als Medikamente auszugeben, zeige sich auch jetzt, wo es Lieferengpässe gibt. Fuchsbichler nennt das Beispiel bei Antibiotikasäften für Kinder, die Anfang dieses Jahres einfach nicht mehr zu bekommen waren. „Wenn ich den Rohstoff in der Apotheke habe, dann ist es kein Problem, den Saft mit der richtigen Dosierung für Kinder zu machen“, sagt sie. „Pharmazeuten können das und damit haben wir ein krankes Kind weniger.“ Auch Fuchsbichler hat in ihrer Voitsberger Apotheke diese Säfte im Labor hergestellt, in Absprache mit dem Kinderarzt: „So funktioniert das in der Praxis ohnehin“, sagt sie. „Denn es geht um den Patienten.“

„Die Apotheke ist
für viele Menschen
das Zugangstor zum
Gesundheitssystem.“

ALEXANDRA FUCHSBICHLER
PRÄSIDENTIN DER
STEIRISCHEN APOTHEKERKAMMER

Fuchsbichler spricht damit elegant auf einen Konflikt an, der seit Jahren die Standesvertretungen der Ärzte und der Apotheker beschäftigt: Kern des Konflikts sind medizinische Dienstleistungen, wie zum Beispiel die Verabreichung von Standard-Impfungen wie Grippe- oder FSME-Impfungen. Im Gegensatz zu Diplomiertem Pflegepersonal und Hebammen dürfen Apotheker nämlich nicht impfen. Obwohl die Kammer dafür eine zertifizierte Ausbildung aufgelegt hat. „Aufgrund der Pandemie wissen wir, dass die Durchimpfungsraten bei Standard-Impfungen stark zurückgegangen sind“, erklärt Fuchsbichler. „Wenn wir daran etwas ändern wollen, dann müssen wir niederschwelliger werden.“ Wer heute eine Zeckenimpfung möchte, muss zuerst in die Apotheke, um den Impfstoff zu kaufen und dann damit zum Hausarzt. Fuchsbichler geht davon aus, dass Gesundheitsminister Johannes Rauch das Gesetz zugunsten der Apotheker ändern wird. „Wenn die Politik es will, dann stehen wir Gewehr bei Fuß und können morgen mit dem Impfen anfangen“, sagt sie. „Ich bin sehr optimistisch.“

Alexandra Fuchsbichler und Henne Ernie: „Wenn die
Hühnersuppe nicht mehr hilft, machen wir es wieder gut.“

Die Erlaubnis zum Impfen würde zudem gut zur Rolle passen, die Apotheken in Zukunft im österreichischen Gesundheitssystem spielen sollen, wenn es nach der Kammer-Präsidentin geht: „Die Apotheke ist für viele Menschen das Zugangstor zum System“, betont Fuchsbichler. „Für viele Menschen ist sie die erste Anlaufstelle, wenn es irgendwo zwickt und zwackt.“ In Zeiten, in denen Spitalsambulanzen überlaufen sind, weil dorthin auch jene Patienten kommen, die keine teure spitalsmedizinische Behandlung brauchen, könnten Apotheker einen Beitrag zur dringend notwendigen Patientensteuerung leisten. Die Telefon-Hotline 1450 allein, wie das viele Gesundheitsökonomen empfehlen, werde diese Aufgabe nicht bewältigen können, glaubt die Apothekerkammer-Präsidentin. „Manche Menschen brauchen jemanden, dem sie in die Augen schauen können und der ihnen ein freundliches Lächeln schenkt“, sagt sie. „Manchmal wird es genügen, diesem Menschen einfach nur zuzuhören. Wenn es um eine ernsthafte Erkrankung geht, werde ich ihn zum Arzt oder ins Spital schicken. In der Praxis funktioniert das ohnehin seit langer Zeit so.“ Fuchsbichler fordert, dass diese Rolle anerkannt und Teil des Gesundheitssystems wird. Sie sieht die Zukunft der Apotheke als Fundament einer Einrichtung, die sie als „Haus der Gesundheit“ bezeichnet. Dass das ein Erfolg versprechendes Konzept ist, zeigt das Beispiel ihrer eigenen Apotheke in Voitsberg, die sie zu einem kleinen Gesundheitszentrum ausgebaut hat: Unter ihrem Dach arbeiten viele verschiedene Dienstleister aus den Bereichen Gesundheit und Wohlbefinden, von der Psychologin bis hin zum Fitnesstrainer. „Dass es in meinem Haus so ein vielfältiges Dienstleistungsangebot gibt, wissen die Kunden sehr zu schätzen“, stellt Fuchsbichler fest. Es erspart Kunden zusätzliche Wege und sorgt für Synergien.

GESUNDHEITSSYSTEM OHNE STANDESDENKEN
Weil dieses „Haus der Gesundheit“ in Voitsberg so gut funktioniere, hält Fuchsbichler dieses Konzept für einen geeigneten Hebel, mit dem man die Probleme im österreichischen Gesundheitssystem entschärfen könnte. „Was an der Basis funktioniert, das sollte man auch im Gesundheitssystem verankern und zum Standard machen“, fordert sie. „Standesdenken sollte uns dabei nicht im Wege stehen.“ Zumal das nicht nur den Patienten guttun würde, sondern auch den öffentlichen Budgets. Jeder Patient, der zuhause im Bett seine Verkühlung auskuriert und damit nicht in die Spitalsambulanz geht, erspart dem System viel Geld.

Apotheke Voitsberg:
Aus der Apotheke wurde
ein Gesundheitszentrum
mit vielfältigem
Angebot.

Dass eine Aufwertung ihrer Rolle im Gesundheitssystem auch für die Apotheken wichtig wäre, hat mit den Preisentwicklungen bei Medikamenten zu tun: „Immer mehr Medikamente kosten weniger als die Rezeptgebühr. Sie sind billiger als eine Briefmarke“, konstatiert Fuchsbichler. „Damit werden unsere Margen zum Groscherlgeschäft.“ Dem stehen aber Medikamente gegenüber, die mehrere 10.000 Euro kosten können, die der Apotheker, bevor diese beim Patienten landen, finanzieren muss. Bis die Krankenkasse das Geld erstattet, kann es mehrere Wochen dauern. In Zeiten der Inflation bereite das den Apothekern schon Kopfzerbrechen, umso mehr als Apotheken auch die Personalkosten für Wochenendund Nachtdienste stemmen müssen. „Mit den Covid-Tests haben wir Dienstleistungen erbracht, für die wir bezahlt worden sind“, betont Fuchsbichler.
Die Apotheke als bezahlter Gesundheitsdienstleister, das ist die Zukunft.“ Und die will Fuchsbichler gesichert sehen. Auch für den Fall, dass es wieder einmal Engpässe bei bestimmten Medikamenten gibt. Denn dann ist das handwerkliche und pharmazeutische Wissen der Apotheker gefragt, damit aus dem Lieferengpass kein Versorgungsengpass wird.

ALEXANDRA FUCHSBICHLER

Präsidentin der steirischen Apothekerkammer
Seit 2011 Inhaberin der Apotheke Krems in Voitsberg
25 Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter

FOTOS: OLIVER WOLF, APOTHEKERKAMMER

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