Spirit of Styria

Rollende Revolution auf dem Highway

E-Trucks mit 1.200 km Reichweite ohne Nutzlast-Einbußen: Mit ihrem revolutionären ExoSkate-Konzept wollen Andreas Volk und Hemant Bansal, Gründer des Start-ups BET Motors, den Markt für batteriebetriebene Lkw disruptieren. Die ersten Fahrzeuge sollen 2027 marktreif sein. Ein Game-Changer in der internationalen Logistik?

Es geht Schlag auf Schlag. Gerade zurück aus Indien, steht schon der nächste Geschäftstermin in Schweden auf dem Programm. Busy weeks für Andreas Volk und Hemant Bansal, die in unterschiedlichen Weltregionen gleichzeitig an der Umsetzung ihrer Vision arbeiten. Auch an der Homebase Graz stehen entscheidende Weichenstellungen bevor: In den nächsten Wochen fällt der Startschuss für den Bau einer tonnenschweren Weltpremiere. In einer angemieteten Produktionshalle in Graz entsteht der Prototyp eines völlig neuartigen E-Trucks, der nichts weniger als eine Revolution verspricht.

„Unser Ziel ist ganz klar: Wir wollen den Markt für Langstrecken-Lkw disruptieren und mit unserer Innovation batterieelektrischen Trucks zum Durchbruch verhelfen“, sind Andreas Volk und Hemant Bansal, die Gründer von BET Motors, überzeugt. Tatsächlich gelang den beiden Technikern – vormals jahrelang führende Entwickler im Bereich elektrischer Antriebssysteme bei AVL – die Entwicklung eines revolutionären E-Truck-Konzepts, das gegenüber bisherigen E-Lkw markante Performance-Vorteile aufweist. Allen voran die Reichweite. Bis zu 1.200 km ohne Nutzlast-Einbußen im Vergleich zu heutigen Diesel-Lkw sollen die E-Trucks von BET Motors künftig schaffen. Möglich macht dies ein radikal neuer Ansatz im Design, der auf eine verstärkte Außenhülle – ähnlich einem Exoskelett bei Insekten – setzt. Daher auch der Name: ExoSkate. Andreas Volk: „ExoSkate steht für eine Tragestruktur, die Batterien, Antriebseinheiten, Wärmemanagement-Laststruktur und Elektrik- und Elektronik-Komponenten integriert. So dient beispielsweise der Batterierahmen gleichzeitig als Struktur-Chassis und spart dadurch Bauraum und Gewicht.“ In Summe können damit fast doppelt so viele Batteriezellen verbaut werden wie bisher üblich. „Zudem sind wir die Einzigen, die auch die Vorderachse antreiben können“, betont Volk. Den Grund für den Entwicklungssprung erklärt Hemant Bansal: „Während die bekannten Hersteller und OEMs bloß ihre bestehenden Lkw umrüsten – das heißt Verbrenner und Getriebe raus, E-Motor und Batterie rein –, haben wir das Prinzip E-Truck von Grund auf neu gedacht und schaffen damit eine gänzlich neue Generation batteriebetriebener Lkw.“

Andreas Volk und Hemant Bansal (r.), die Gründer von BET Motors
E-Trucks mit dem „ExoSkate“: enorme Reichweiten dank völlig neuer Lkw-Bauweise

HÖCHSTE REICHWEITE, GERINGSTE KOSTEN
Der Clou für die Anwender: Die hohe Reichweite – rund das Doppelte gängiger E-Trucks – erlaubt Logistikern auf der Langstrecke eine gänzlich andere Kostenkalkulation. „Unsere Reichweite ermöglicht es, von Standort zu Standort zu fahren, ohne am Weg dazwischen öffentlich laden zu müssen. Mit eigener Lade-Infrastruktur am Logistikstandort laden die Betreiber kostengünstig – die Total Cost of Ownership sinken dadurch dramatisch“, rechnet Volk vor. „Daher werden wir der Anbieter mit den niedrigsten Gesamt-kosten für den Betreiber sein.“ Auch die Digitalisierung helfe dabei, die Effizienz zu erhöhen. „Ob Daten über Verkehrsbedingungen, Wetter, Wegstrecken, Ladevolumen etc. – wir kommunizieren permanent über die Cloud. Künstliche Intelligenz und Schwarm-Intelligenz wird dazu beitragen, Fahrten und Ladezeiten zu optimieren.“

EIGENE PRODUKTION IN INDIEN
Auch das Business Model von BET Motos ist detailgenau durchdacht. „Wir wollen kein klassisches OEM werden, sondern bleiben Technologieentwickler, der aber auch kleine Serien fertigen wird“, so Volk. Produziert werden Trucks für Pilotprojekte mit Logistikfirmen oder OEMs, die BET Motors in Lizenz herstellen werden. Ebenso Teil des Business-Plans: IP-Partnerschaften, die für Einnahmen sorgen. Nicht weniger als 600 Stück will BET Motors im Jahr 2027 selbst produzieren – in Indien, der Heimat von Hemant Bansal. Dort soll es auch bereits im nächsten Jahr eine Straßenzulassung geben. Auch in Europa ist ein Werk für die Assemblierung geplant.

Vorverträge mit großen Logistikkonzernen, darunter Amazon, wurden bereits geschlossen. „Der Konzern möchte bis 2040 klimaneutral sein – allein daran sieht man das ungeheure Potenzial“, so Bansal. Darüber hinaus bestehen Technologie-Partnerschaften mit europäischen OEMs. „Wir haben bereits Einnahmen durch bestehende Kooperationen. Nicht alle Kunden dürfen wir nennen“, so Volk. „Die Finanzierung steht insgesamt auf soliden Beinen.“ Als Angel-Investoren an Bord sind Schwergewichte der Szene, darunter der ehemalige MAN-Trucks-CEO Håkan Samuelsson. Zudem konnte BET Motors im Vorjahr rund 1,3 Millionen Euro durch Förderungen lukrieren – allen voran durch das „AWS Clean Energy“-Programm von Amazon, Finanzierungen des AWS und der FFG sowie das Horizon-Programm CODE4EV der EU. Zur Lust am Entwickeln kommt bei den Gründern noch eine weitere Motivation. „Europa hat im Automotive-Bereich die Entwicklung völlig verschlafen, während China und immer mehr auch Indien davonziehen. Höchste Zeit für Europa aufzuwachen und rasch in die Gänge zu kommen“, mahnt Andreas Volk. Das Kernproblem? „Die großen Konzerne halten bei uns an bestehenden Strukturen fest und gehen lieber unter, ehe sie bereit sind, sich zu ändern. Der notwendige Mut zur Innovation kann nur von Start-ups kommen. Das sollte auch der Politik bewusst sein.“

Infos hier:
www.bet-motors.com

Fotos: Oliver Wolf, BET Motors

Werbung

Folgt uns

Tretet mit uns in Kontakt, folgt uns auf unseren Social Media Kanälen. Wir freuen uns!