Print-Business unter Druck: Bernd Dorrong von der Grazer Offsetdruckerei Dorrong trotzt der aktuellen Papierpreisexplosion mit einem umsichtigen Kostenmanagement, Fokus auf Mitarbeiterqualität und strategischen Zukunftsinvestitionen. Unternehmerische Einblicke und Branchenausblicke eines Print-Begeisterten.
Wir wissen nicht, ob der Zenit schon erreicht ist“, macht sich Bernd Dorrong keine Illusionen. „Erst vor wenigen Tagen flatterten wieder Preissteigerungen unserer Lieferanten ins Haus.“ Seit über einem Jahr kennen die Papierpreise nur eine Richtung – Trendwende ungewiss. „Im Schnitt stiegen die Preise um über 100 Prozent seit dem Sommer 2021. Die Gaspreiskrise schlägt voll auf die Kosten der Papierproduktion durch“, bestätigt der 38-Jährige am Besprechungstisch seines Druckereibetriebs in der Grazer Kärntner Straße. „Naturgemäß eine enorme Herausforderung für uns wie für die gesamte Branche.“
Ein Patentrezept gegen die Kostenexplosion gebe es freilich nicht. „Wir versuchen vorausschauend zu planen und mit einem Bündel an Maßnahmen die Auswirkungen abzufedern“, betont Dorrong. Allen voran mit dem Aufbau von Lagerbeständen. „Wir haben heute sicher doppelt bis dreifach so große Mengen auf Lager als in der Vergangenheit. Gleichzeitig müssen wir darauf achten, nicht zu viel Kapital zu binden, um kein Bonitätsthema zu bekommen – ein unternehmerischer Balanceakt.“
Im Schnitt stiegen die Preise um über 100 Prozent seit dem Sommer 2021. Die Gaspreiskrise schlägt voll auf die Kosten der Papierproduktion durch.
Präzises Abwägen erfordert auch der Zeitpunkt der Rohstoffeinkäufe. „Da Lieferzeiten von ein paar Monaten vor allem bei Spezialpapieren bereits Normalität sind, ist dann oft die Frage: Jetzt zu Preis x bestellen oder doch noch zuwarten und auf einen günstigeren Preis später hoffen?“
Über allem schwebe natürlich die Frage: Welche Preise ist der Kunde noch bereit mitzutragen? „Da das Kostenthema längst die gesamte Wirtschaft betrifft, tun wir uns zumindest in der Argumentation gegenüber den Kunden leichter. Sie haben größtenteils Verständnis für unsere schwierige Lage und wissen, dass wir uns hier keine goldene Nase verdienen wollen.“ Auch die Mitbewerb schaffe in der Regel kaum günstigere Konditionen. „Im Gegenteil – durch die mangelnde Verfügbarkeit vieler Papiersorten ist es sogar schwerer, konkrete Vergleichsangebote zu stellen, da es ein halbes Jahr dauern kann, bis man eine ganz bestimmte Papiersorte im Haus hat.“
OFFSETDRUCKEREI DORRONG Gegründet 1956 von Erwin Dorrong, dem Großvater von Bernd Dorrong, der das Unternehmen seit 2014 in dritter Generation führt. Die Produkte und Leistungen umfassen den gesamten Druckbereich, darunter: Magazine, Zeitungen, Broschüren und Prospekte, Geschäftsdrucksorten, Plakate, Kuverts, Verpackungen, Etiketten, Kleben, Veredelungen und Stanzarbeiten, Rillen, Perforieren, Cellophanieren, Nummerieren, Blindprägen, Spiralisieren. Breite Kundenstruktur vom EPU bis zur Industrie. Das Unternehmen investiert laufend in neue Maschinen und Ausstattung, zuletzt in eine Maschine zur Klebebindung sowie eine Digitaldruckmaschine. Zudem wurde der gesamte Office- und Kundenbereich neu gestaltet. Das Unternehmen ist gemäß der Nachhaltigkeitsstandards FSC und PEFC zertifiziert. Bernd Dorrong ist auch Herausgeber des Mountainbike&Lifestyle-Magazins LINES (erscheint dreimal jährlich). www.dorrong.at
TREND ZU GERINGEREN STÜCKZAHLEN
Dazu kommen auch weitere Positionen, die sich deutlich verteuerten: der Strom, die Druckfarben und die Druckplatten aus Aluminium, ein Metall mit ebenfalls bekannt hohem Inflationshintergrund. „Um alle Kostenthemen im Blick zu haben, bedarf es regelmäßiger Abstimmungstreffen im Unternehmen. Kalkulationen müssen genau beobachtet und im Fall des Falles nachgeschärft werden. Galten Preisgarantien früher Wochen oder Monate, sind wir jetzt im Bereich von Tagen – so dynamisch ist die Lage“, bestätigt Dorrong. „Natürlich überlegen es sich viele Auftraggeber daher sehr genau, was sie drucken bzw. welche Volumina. Wir sehen einen gewissen Trend zu kleineren Stückzahlen – dafür vielleicht aber öfter im Jahr“, so Dorrong. Ein Segment, das derzeit am meisten leidet: Preislisten. „Etwas zu drucken, das aufgrund der hohen Inflationsraten gleich wieder obsolet sein kann, ist naturgemäß wenig sinnvoll.“
Umstände, die einen bereits in der Pandemie sichtbaren Trend verstärken. „In der Corona-Zeit haben einige Betriebe den digitalen Weg eingeschlagen und beispielsweise auf Newsletter umgestellt. In gewissen Bereichen erleben wir das auch jetzt. Wenn sich die Preise wieder beruhigen, gehen wir aber davon aus, dass viele von ihnen wieder zu Print zurückfin den werden. Schließlich ist ein Printprodukt in seiner Wertigkeit nicht durch Digitales zu ersetzen. „In der virtuellen Welt ist der Weg zum digitalen Mistkübel sehr kurz – im Gegensatz zur realen Welt. Die Menschen wollen etwas angreifen, spüren und riechen – sie schätzen die Sinnlichkeit von gedrucktem Papier. Das wird – Digitalisierung hin oder her – auch in der Zukunft so sein“, so der Print-Begeisterte, dessen Passion für Gedrucktes sich bereits in der Kindheit zeigte. „Daher mache ich mir um die Zukunft unserer Branche keine Sorgen.“
KNOW-HOW UND MITARBEITER – QUALITÄT
Spannende (Umbruch-)Zeiten seien es gegenwärtig in jedem Fall, bestätigt Dorrong. „Aber man darf sich davon nicht verrückt machen lassen. Wir versuchen, mit größtmöglicher Ruhe und viel Kommunikation durch die unruhigen Gewässer zu manövrieren.“ Was den Unternehmer in dritter Generation bei allen Herausforderungen zuversichtlich stimmt: die Qualität seiner Belegschaft und das Know-how im Team. „Die Expertise und die Erfahrung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter helfen uns in dieser Zeit enorm. Das beginnt schon in der Beratung unserer Kunden: Ob Papierwahl, Grammaturen, Formate & Co – unsere Kundenbetreuer unterstützen jeden Kunden optimal, die beste und preiswerteste Lösung zu finden. Durch geschicktes Jonglieren mit Formaten kann etwa auch die Ausbeute pro Druckbogen erhöht werden – was Papier und Kosten spart.“ Ein Erfahrungsschatz, der sich gerade in Krisen bezahlt mache. „Umso mehr gilt mein Credo, dass unsere Mitarbeiter das größte Kapital des Unternehmens sind.“ Der Fachkräftemangel trifft auch das Druckgewerbe voll. „Fachkräfte am Markt zu bekommen, ist fast unmöglich. Es bleibt nur die Option, selber auszubilden – und das machen wir.“ Drei Lehrlinge sind derzeit an Bord, drei weitere sucht Dorrong gerade. „Man muss den jungen Leuten heute etwas bieten, die meisten wollen keine monotonen Routinen, sondern einen abwechslungsreichen Job, wo sie in unterschiedlichen Bereich mitarbeiten und viel lernen können. Solche Jobs können wir ihnen auch bieten.“
INVESTITIONEN IN DIE ZUKUNFT
Nicht nur in die Mitarbeiter investiert Dorrong dementsprechend – in den neuen Office-Bereich floss im Vorjahr mehr als eine halbe Mio. Euro – auch der Maschinenpark wird ständig erweitert bzw. modernisiert. Das Herzstück bilden zwei „Heidelberg Speedmaster“ mit jeweils 20 Meter Länge, 4-Farbe sowie 8-Farbe, die im 3-Schicht-Betrieb Gedrucktes in Highspeed auswerfen: 16.000 Print-Bögen, umgerechnet etwa 128.000 Din A4-Seiten pro Stunde, schafft jeder der beiden Offset-Riesen. Erst unlängst wurde zudem eine neue Digitaldruckmaschine angeschafft. „Der Digitaldruckbereich könnte in Zukunft – so der Trend zu kleineren Stückzahlen anhält – eine noch größere Rolle spielen“, so Dorrong bei einem Rundgang durch das perfekt workflow-orchestrierte Kellergewölbe mit den einzelnen Maschinen und Arbeitsstationen. Darunter auch Maschinen zum Falzen, Kleben, Cellophanieren und Spiralisieren – die jüngste Investition bildet eine Maschine für die Klebebindung mit fast 400.000 Euro sowie ein Plotter für UV-beständige Outdoor-Klebungen. Auch eine Öko-Investition steht gerade an: Auf den Dachflächen ist eine Photovoltaik-Anlage in der Größenordnung von 100 KWp geplant.
Die stetigen Investitionen folgen einer klaren Strategie: „Wir versuchen immer mehr Generalanbieter zu sein und setzen voll auf Diversifizierung unseres Angebots, um so viele Schritte der Wertschöpfung selbst inhouse abdecken zu können“, betont Dorrong. „Damit werden wir unabhängiger von Lieferanten und haben die Kontrolle über alle Abläufe, um Qualität und Liefertermine im Griff zu haben – das macht unsere Stärke am Markt aus“, so Dorrong. „Darüber hinaus hilft es auch Kosten zu sparen, je weniger Wege wir außer Haus absolvieren müssen.“
Breit ist die Kundenstruktur des Unternehmens. „Zu unseren Auftraggebern zählen Klein und Groß, KMU und EPU ebenso wie Industriebetriebe – darunter viele Stammkunden aus unterschiedlichen Branchen. Auch auflagenstarke Zeitungen und Zeitschriften nehmen hier Gestalt an – darunter die Zeitung der Arbeiterkammer mit rund 500.000 Stück Auflage und eine heimische Jagdzeitschrift. Auch das Magazin „SPIRIT of Styria“ wird seit Anfang 2021 hier gedruckt, das Schwesternmagazin „Grazetta“ schon seit sieben Jahren.
Wir versuchen immer mehr Generalanbieter zu sein und setzen voll auf Diversifizierung unserer Dienstleistungen.
Für erfolgreiche Synergien sorgen die persönlichen Kontakte des sportbegeisterten Unternehmers – Mountainbike, Tennis, Skifahren –, der auch selbst als Herausgeber eines erfolgreichen Printprodukts agiert: Dorrong ist Mastermind hinter dem hochwertigen Mountainbike&Lifestyle-Magazin LINES, das Bike-Begeisterten dreimal im Jahr spannenden Content in High-End-Optik serviert – von Relieflackierungen bis Goldglanzeffekten reichen die haptisch-visuellen Schmankerln im Medium. „Das Magazin ist eine ideale Spielwiese für uns – damit können wir Kunden veranschaulichen, was wir drucktechnisch alles bieten können. Und nicht nur das – das Magazin funktioniert auch als eigenes Business-Modell sehr gut – der Radsportboom kommt uns gerade sehr zugute.“
Fotos: Oliver Wolf