Spirit of Styria

STARKE ACHSE für Betongold

Zukunftssichere Immo-Geschäfte in Zeiten der Unsicherheit: Gerald Gollenz, Fachgruppenobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder, und Dieter Kinzer, Präsident der Notariatskammer für Steiermark, sprechen in „SPIRIT of Styria“ über die unvermindert hohe Nachfrage nach Immobilien, die Baukostenexplosion als derzeit größte Herausforderung und die vertrauensvolle Partnerschaft zwischen Bauträgern und Notaren zum Wohle von Käufern und Verkäufern.

Der größte Unsicherheitsfaktor sind für uns die dramatisch gestiegenen Baukosten. Auch bei der Verfügbarkeit der Materialien gibt es große Risiken. Wir wissen oft nicht, wann was geliefert wird und zu welchen Konditionen“, verweist Gerald Gollenz, Fachgruppenobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der WK Steiermark, auf die Herausforderung Nummer eins für Bauträger. „Von den ausführenden Baufirmen bekommen wir keine Kostengarantien, es gibt kaum noch große Baustellen mit Festpreisen. Dementsprechend schwer tun sich Bauträger mit der Kalkulation. Daher sehen wir auch, dass sich Übergabetermine zeitlich nach hinten verschieben. Teils werden Projekte nicht realisiert oder liegen auf Eis“, bestätigt Gollenz. „Aber in Summe gibt es immer noch ausreichend Projekte in der Pipeline.“ „Theoretisch gäbe es für Bauträger die Möglichkeit, Verträge mit Gleitpreisen zu machen. Aber in der Praxis ist es einfach unmöglich, eine Wohnung zu variablen Preisen zu verkaufen“, bestätigt Dieter Kinzer, Präsident der Notariatskammer Steiermark und Spezialist in der Vertragserrichtung und treuhändigen Abwicklung von Bauträgerprojekten. „Man würde keinen Konsumenten finden, der solche Klauseln akzeptiert. Schließlich braucht auch die Bank einen exakten Fi nanzierungsplan“, ergänzt Dieter Kinzer, der bei der Finanzierung von Immobilienkäufen einen Trend registriert. „Wir erleben, dass die Finanzierungen immer früher erfolgen. Die Kreditvereinbarung mit allen notwendigen Sicherheiten wird teilweise schon zwei Jahre vor dem Kaufvertrag unterschrieben – möglicherweise aus Sorge, dass künftig noch größere Belastungen auf Kreditnehmer zukommen.“

„Die neuen Regularien in der Immobilienfinanzierung beinhalten Richtlinien, die für viele Käufer ein großes Problem darstellen.“

GERALD GOLLENZ
FACHGRUPPENOBMANN DER IMMOBILIEN-
UND VERMÖGENSTREUHÄNDER

Schließlich gelten seit Mitte des Jahres neue verpflichtende Vorgaben bei der Immobilienfinanzierung. Kreditnehmer brauchen seither mindestens 20 % Eigenmittel, die Kreditrate darf höchstens 40 % des monatlichen Nettoeinkommens ausmachen. „Diese Kriterien finde ich grundsätzlich okay, aber es gibt darüber hinaus Richtlinien, die für viele Käufer ein großes Problem darstellen“, beklagt Gollenz. „Etwa, wenn der Käufer bereits Immobilienbesitzer ist und der Wert einer bestehenden Immobilie bei der Berechnung der Kredithöhe nicht berücksichtigt wird, kann das rasch zu einer Finanzierungslücke führen, obwohl man eigentlich gut abgesichert ist. Da fehlt mir die Logik.“

WEITER HOHE NACHFRAGE NACH BETONGOLD
Trotz verschärfter Bedingungen sieht Kinzer eine ungebrochen hohe Nachfrage nach Immobilien. An eine drohende Immobilienblase glaubt der Experte nicht. „Ich kann dafür keine Anzeichen erkennen, schließlich sind die Werte ja vorhanden – auch, wenn da und dort für Immobilien überbezahlt wird. Aber der Markt bestimmt den Preis. Zudem ist die Besitzkultur in Österreich sehr ausgeprägt und das Sparvermögen der österreichischen Bevölkerung immer noch sehr hoch. Gerade in Krisenzeiten ist das berühmte Betongold gefragt.“

„In den vergangenen Jahren wurde sehr viel gebaut“, bekennt Gollenz. „In Wien sehen wir bereits, dass das Preisniveau stagniert. Auch in Graz erleben wir einen leichten Angebotsüberhang“, so der Experte. „Der gewerbliche Bauträger agiert seriös, aber hin und wieder sind speziell in den Regionen Glücksritter unterwegs, die ohne Erfahrung und auch teils ohne Berechtigung glauben, das große Geld machen zu können“, so Gollenz, der die Zinswende nicht als Bremsklotz für die Investitionslaune sieht. „Ich erinnere daran, dass die Zinssätze in früheren Jahrzehnten wesentlich höher waren. Die Null-Zins-Politik der vergangenen Jahre hat uns verwöhnt. Zudem muss die Frage erlaubt sein, ob wirklich jeder Eigentümer einer Immobilie sein muss. Schließlich gibt es auch einen funktionierenden Mieten-Markt. Die Mieten sind nach wie vor leistbar und weit weniger stark gestiegen als die Eigentumspreise“, so Gollenz. „Derzeit sind es leider die hohen Energiekosten, die den Mietern zu schaffen machen. Ebenso ein Faktor sind die enorm gestiegenen Grundstückskosten. Wir reden bereits von rund 1.500 Euro Anteil Grundstückskosten auf 1 m2 Wohnfläche – das verteuert Neubauprojekte gewaltig.“

„Ich kann keine Anzeichen für eine Immobilienblase erkennen, schließlich sind die Werte ja vorhanden. Die Nachfrage ist hoch und der Markt bestimmt den Preis.“

DIETER KINZER
PRÄSIDENT DER NOTARIATSKAMMER
FÜR STEIERMARK

„ZURÜCK AUFS LAND“ IM TREND
Erfreulich sehen beide Experten den Trend zur neuen Landlust beim Wohnen. „Tatsächlich erleben die Regionen, verstärkt durch Erfahrungen in der Pandemie, eine erhöhte Nachfrage. Die Menschen zieht’s wieder aufs Land“, sind sich Kinzer und Gollenz einig. Sowohl Einfamilienhäuser als auch Wohnungen sind gefragt. „Der gewerbliche Bauträger agiert seriös, aber hin und wieder sind speziell in den Regionen Glücksritter unterwegs, die ohne Erfahrung und auch teils ohne Berechtigung glauben, das große Geld machen zu können“, so Gollenz. „In solchen Fällen sind gerade auch wir Notare gefragt, deren Befähigung genau zu prüfen – schließlich geht es ja auch um Haftungsfragen“, ergänzt Kinzer.

Umso wichtiger ist die Zusammenarbeit zwischen Mitgliedern der Fachgruppe und den Notaren vor Ort. „Eine vertrauensvolle Partnerschaft zwischen uns dient vor allem unseren Kunden“, betont Dieter Kinzer. „Immobilienentscheidungen sind schließlich Lebensentscheidungen. Notare sorgen als Vertragserrichter für kompetenten rechtlichen Beistand sowohl für Verkäufer als auch Käufer und agieren zudem als Bindeglied zu den Banken. Dafür braucht man eine neutrale Stelle. In unserer Funktion als Treuhänder gewährleisten wir die sichere Abwicklung von Lieferung und Zahlung und fungieren dabei als One-Stop-Shop für Immobilientransaktionen. Dies beinhaltet auch Grundbucheintragungen, Steuern, Gebühren, Genehmigungen sowie die Eintragung des Pfandrechts für die Banken.“ Dabei hilft uns auch das vollelektronische Grundbuch in Österreich – es garantiert Geschwindigkeit, Sicherheit und Transparenz.“ Gollenz bestätigt: „Jede Berufsgruppe arbeitet für sich professionell und kompetent und beide arbeiten sehr gut zusammen. Damit schaffen wir gemeinsam ein Sicherheitspaket, das allen Beteiligten zugutekommt: Investoren, Käufern, Mietern sowie dem finanzierenden Sektor.“

In Kooperation mit der Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder sowie der Notariatskammer für Steiermark

Fotos: Oliver Wolf

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