Der Humantechnologie-Cluster HTS unterstützt den „SPIRIT-Award for Women in Science“. HTS-Geschäftsführerin Lejla Pock im Interview über ungenutzte weibliche Potenziale, die hohe Forschungsgetriebenheit der LifeSciences und die zunehmend fließenden Grenzen zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung.
Frauen in der Forschung, speziell in MINT-Disziplinen, sind immer noch unterrepräsentiert. Die Hauptursache aus Ihrer Sicht?
POCK: Einerseits liegt das an den allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklungen, mangelnden Vorbildern und Netzwerken. Andererseits braucht es eben Zeit, bis die Förderung von Frauen gerade in den MINT-Disziplinen vom Kindergarten über die Schule und Familie bis hin zur Universität und schlussendlich im Forschungslabor „ankommt“.
Frauen müssen sich auch selbst etwas zutrauen.
Lejla Pock, HTS-Geschäftsführerin
Wie ist die Situation bei den LifeSciences? In welchen Karrierephasen brauchen Frauen am meisten Unterstützung?
POCK: In unserer Branche arbeiten bereits viele „MINT-affine“ Kolleginnen und Kollegen. Es ist wichtig zu verstehen, dass die Bedürfnisse von Frauen in verschiedenen Karrierephasen variieren können. Vom Studium über die Promotion, hin zur frühen Karriere und Postdoc-Phase. Weiter führt der Weg über erste Karrierefortschritte in die Führungsebene – und parallel dazu ergeben sich verschiedene Familienphasen. Die Unterstützung ist in allen Phasen wichtig und vor allem ist es wichtig, Netzwerke zu bilden und zu nutzen.
Warum ist es so wichtig, das ungenutzte weibliche Potenzial zu heben? Wie könnte es besser gelingen?
POCK: Wir leben in einer vielfältigen Gesellschaft und brauchen deshalb vielfältige Antworten und Perspektiven. Der wichtigste Ansatzpunkt ist dabei das „Empowerment“ der weiblichen Mitarbeiter. Man(n) muss den Frauen etwas zutrauen und sie dann auch arbeiten lassen, um eine vielfältige und inklusive wissenschaftliche Gemeinschaft zu schaffen, die von unterschiedlichen Perspektiven und Talenten profi- tiert. Die Frauen müssen sich selbst etwas zutrauen und einander auch unterstützen.
Welche Bedeutung hat Forschung generell für den LifeScience-Standort Steiermark?
POCK: Die steirische Humantechnologie- und Life-Science-Szene zeichnet sich generell durch ihre hohe Forschungsgetriebenheit aus – und zwar sowohl auf Industrie- als auch auf universitärer Seite. In den letzten Jahren und Jahrzehnten entwickelte sich auch ein bemerkenswertes Zusammenwachsen. Die starren Grenzen zwischen „Grundlagenforschung“ und „angewandter Forschung“ sind aufgebrochen, neue Erkenntnisse und wirtschaftliche Erfolge entstehen aus dem Zusammenspiel.
HTS-Cluster Die Human.technology Styria GmbH versteht sich als Knotenpunkt eines Clusters von rund 140 steirischen Unternehmen, die für die menschliche Gesundheit arbeiten. Für diese Community agiert der Cluster als Drehscheibe für Kontakte, Know-how und Informationen. Ziel ist es, einen wirtschaftlichen Mehrwert für die Cluster-Community zu schaffen, die Stärken der Region gezielt weiterzuentwickeln und so die internationale Sichtbarkeit des Standorts zu verbessern. www.humantechnology.at
Wie kann der HTS-Cluster beitragen, den Forschungsstandort weiterzuentwickeln?
POCK: Wir bringen die richtigen Menschen zur richtigen Zeit zu den richtigen Projekten zusammen; und zwar in unseren Schwerpunktfeldern MedTech, Pharma & Biotech, Health & Sustainability. Konkret: Wir verbinden die Stärken der einzelnen Partner, suchen nach Synergien und kombinieren sie zu neuen Projekten und Wissen. Dabei beschleunigen wir die Expertise in spezifischen Bereichen in einem kollaborativen Umfeld und gestalten somit singuläre Zukunftsaussichten für unser Geschäftsgebiet.
Wie wichtig ist das Sichtbarmachen von Erfolgen, z.B. durch Awards?
POCK: Sehr wichtig. Für diejenigen, die an den Erfolgen arbeiten, ebenso sehr wie für diejenigen, die diese Arbeit fördern, und auch für diejenigen, die von diesen Produkten und Verfahren erfahren sollen, weil sie später einmal selbst davon profitieren könnten.
Foto: Oliver Wolf