Von der industriellen Prüfanlage bis zum smarten Start-up-Gadget: Das Portfolio der Grazer Industriedesigner Georg Wanker und Oliver Hirsch ist ebenso breitgefächert wie preisgekrönt. Warum Design kein künstlerischer Schöpfungsakt ist, welchen strategischen Mehrwert Design für Unternehmen stiftet und warum die Produkte der steirischen Designschmiede sogar in Italien Türen aufgehen lassen.
Design findet sich hier nicht nur am Tisch, sondern auch im Tisch. Der Besprechungs-, Zeichen- und Pausentisch im Atelier von Georg Wanker in der Grazer Innenstadt ist raumfüllender Hingucker Marke Eigenbau. Ein Armierungskäfig – üblicherweise im Brückenbau eingesetzt – dient als Unterkonstruktion für das Möbel und gibt bereits einen Hinweis darauf, dass die Grenzen des Denkbaren hier gerne lustvoll verschoben werden. Auf dem Tisch verstreut liegen 3D-gedruckte Prototypen ebenso wie bereits fertige Designobjekte aus eigener Feder – die Palette reicht von einer Wärmebild-Helmkamera über Consumer-Electronic-Produkte bis zu einem Schlüssel-Set der Firma EVVA, einem regelmäßigen Auftraggeber von Georg Wanker Industrial Design (GWID). Die Rückwand des Büros ist voll mit Zeichnungen – Handskizzen ebenso wie Computer-Renderings. Ein Mix, der die Arbeitsweise des Ateliers gut veranschaulicht. „Jeder Auftrag beginnt mit einer Skizze in meinem Arbeitsbuch – meist direkt nach dem Briefinggespräch mit dem Kunden“, erklärt Georg Wanker. „Schritt um Schritt verfeinert, entsteht schließlich ein Modell am Computer – und am Ende ein CAD-File, das in die Fertigung geht.“ Das technische Handwerk sieht der Designer auch als Rüstzeug für seine Profession. „Wir Industrie-Designer sind gewissermaßen die Maschinenbauer unter den Designern“, so Wanker. „Industriedesign, wie wir es verstehen, ist kein künstlerischer Akt, der sich allein auf oberflächliche Behübschung konzentriert, sondern gestalterisches Handwerk und strategische Beratungsleistung. Wir entwerfen Produkte, die Probleme lösen – für unsere Kunden und für deren Kunden. Und das kann manchmal ein Spagat sein“, verrät Wanker.
Industriedesign ist kein künstlerischer Akt, sondern gestalterisches Handwerk und strategische Beratungsleistung.
GEORG WANKER, INDUSTRIEDESIGNER
Unterschiedliche Aspekte fließen in die Gestaltung ein: Das Produkt soll funktional und ästhetisch überzeugen, absatzfördernd wirken und gleichzeitig kosteneffizient umsetzbar sein. Daher seien gute Industrie-Designer Allrounder – wahre Zehnkämpfer im Design. „Wir müssen uns mit Marketing- oder Vertriebsexperten genauso gut unterhalten können wie mit Entwicklungsingenieuren und Fertigungstechnikern im Unternehmen“, ergänzt Senior Designer Oliver Hirsch, seit einigen Jahren Mitarbeiter bei GWID. „Abgesehen von unserem Know-how in Konstruktion und Fertigungstechnik brauchen wir auch Wissen in Elektronik, Marketing, Betriebswirtschaft und Psychologie.“
GWID
Georg Wanker Industrial Design Gründer und Senior Designer Georg Wanker
Mitarbeiter: Senior Designer Oliver Hirsch Beide studierten Industrial Design an der FH Joanneum Graz und sind heute selbst auch als Lehrbeauftragte an heimischen Hochschulen tätig. Kunden (Auswahl): EVVA, Leader, 4a eingineering, Flasher, Carbomed Solutions, Motobit, Neuroth, KWB, Payer
Die Arbeiten von GWID wurden mit zahlreichen Designpreisen ausgezeichnet, darunter jüngst mit dem Big See Product
Design Award in Ljubljana – für Flasher, einem smarten Fahrrad- und E-Scooter-Blinker.
www.gwid.at
Portfolio von Georg Wanker Industrial Design: der smarte Blinker Flasher (01), die elektrodynamische Prüfmaschine Linovis (02), eine Smartphone-Halterung (03), eine Wärmebild-Helmkamera (04), der Zyklustracker ILO (05) sowie der Stuhl Limes (6), eine Eigenkreation aus Rohrstahl und Gurten, ideal für die Outdoor-Gastronomie
BREITES PORTFOLIO
Eine Expertise, die Firmen unterschiedlicher Branchen zu schätzen wissen. Zu den Kunden zählen namhafte Industriegütererzeuger ebenso wie Startups, darunter Carbomed Solutions (Zyklustracker ILO), Motobit (Biker-Wearable Motobit-Sentinel) oder das einstige Start-up Bike Citizen, deren Smartphone-Halterung Fin sich einige 100.000 Mal verkaufte. Ein Fall, in dem Wanker über die Grenzen des Designs hinaus auch als Produktentwickler tätig war. Erfolgreich gestaltet sich auch die Zusammenarbeit mit Flasher, Entwickler von smarten Fahrrad- und E-Scooter-Blinkern. Für das Design wurde GWID soeben mit dem „Big See Product Design Award“ in Ljubljana ausgezeichnet. Ebenso spannendes Neuprojekt: Linovis, eine elektrodynamische Prüfmaschine zur Materialcharakterisierung, im Auftrag von 4a eingineering aus Trofaiach. Etwa die Hälfte der Auftraggeber kommt aus der Steiermark, schätzt Wanker, die andere Hälfte aus dem Rest Österreichs sowie aus dem benachbarten Ausland. So durfte GWID auch bereits Schlüssel- und Schließsysteme für EVVA Italia designen. „Man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass unser Design in Italien Türen aufgehen lässt“, erklären Georg Wanker und Oliver Hirsch lachend. Wie wirken sich die multiplen Krisen auf die Auftragslage aus? „Wir haben das Glück, dass unsere Auslastung weiterhin gut ist“, betont Wanker. „Allerdings sehen wir, dass teilweise auch unsere Kunden unter Druck geraten. Ich kann daher nur empfehlen, gerade in schwierigen Zeiten auf den Wettbewerbsfaktor Design zu setzen – weil es eine einfache Möglichkeit ist, sich vom Wettbewerb zu differenzieren. Auch ein Redesign oder Relaunch eines bestehenden Produkts kann eine kostengünstige Alternative zu einer Neuentwicklung darstellen.“
Creative Industries Styria
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In Kooperation mit der Creative Industries Styria
Fotos: GWID