Spirit of Styria

Ran an die ZUKUNFT! Der Spirit der Next Generation

Zuversicht und Chancendenken statt Pessimismus und Zukunftspanik:  Welches Zukunftsbild haben junge Menschen, die dabei sind, ein unternehmerisches Erbe anzutreten und in die Zukunft zu tragen? Wie sehen junge Betriebsnachfolger die Krisen und Herausforderungen der Zeit? Worauf legen sie ihren Fokus? „SPIRIT of Styria“ diskutierte dazu mit vier jungen VertreterInnen steirischer Familienunternehmen an unserem Roundtable

Angeregte Diskussion mit der „Next Generation“ in den Räumlichkeiten von
„SPIRIT of Styria“ mit Herausgeber Siegmund Birnstingl und CR Wolfgang Schober
TALK AM RING 
ist ein Diskussionsformat
von SPIRIT of Styria. Jeden Monat laden
wir Expertinnen und Experten zur Diskussion über ein spannendes Wirtschaftsthema an den Runden Tisch in die Redaktion am Grazer Opernring. 

Allen Krisen zum Trotz – was macht Sie sicher, dass Ihr Business zukunftsfähig ist?
FERNER: Ich führe unseren Betrieb, das Hotel Rosenhof in Murau, nun in 14. Generation – übrigens als erste Frau. Niemand weiß, was die Zukunft bringen wird. Wir befinden uns sicherlich in einer Zeitenwende. Die Art und Weise, wie wir künftig produzieren und konsumieren, wird eine andere sein als gewohnt. Was sich bereits abzeichnet: Nachhaltigkeit, Mut zur Reduktion und bewusster Genuss werden künftig mehr denn je gefragt sein – diese Werte sind auch die Säulen für unser Zukunftskonzept. Wir sind gerade dabei, uns zu erneuern und eine neue Marke zu kreieren. Im Zentrum steht die Idee, aus dem „Nichts“ eine Marke zu machen – eine Anspielung auf die Naturbelassenheit unserer Region.

Wir liegen abseits des Massentourismus und bieten die Möglichkeit, Almen und die Natur so zu genießen, wie sie wirklich ist, ohne dass man zwischen Liftstützen wandern muss. Bei uns ist noch nicht so viel verbaut und die Menschen haben die Chance auf Rückzug und Natur pur. Außerdem bin ich überzeugt: Ein Unternehmen im Tourismus hat Zukunft, weil Dienen ein wunderschöner Job ist. Die Menschen werden immer gern essen gehen und auf Urlaub fahren. Das muss ja nicht immer im großen Stil sein.

HARRER: Ich repräsentiere die zweite Generation, meine Eltern sind die Pioniergeneration. Unsere Unternehmensgruppe ist alles andere als gewöhnlich, denn wir sind sehr breit aufgestellt. Die Gruppe umfasst zehn Unternehmen unterschiedlicher Branchen – das Wirtshaus-Restaurant „Der Schrenk“ in Passail, den Holzbau-Zulieferer Vinzenz Harrer GmbH, eine Zimmerei, aber auch einen IT-Dienstleister und das Gewerbezentrum GIZ Rossegg und andere. Ich bin seit zwei Jahren Geschäftsführer unserer Gastro-Firma und Prokurist der Holding. Insgesamt sind das rund 150 Mitarbeiter. Ich glaube, 100%ige Zukunftssicherheit kann heute niemand mehr für sich in Anspruch nehmen. Natürlich glauben wir fest daran, dass unsere Unternehmen gute Chancen haben, aber wir müssen auch ehrlich sagen, dass es in Zukunft für manche Bereiche schwieriger werden könnte. Wir sind im Holzbau und Bau tätig – jeder weiß, dass der Neubaubereich völlig eingebrochen ist. Auch im Gastro-Unternehmen, unserem jüngsten „Kind“ müssen wir mit Schwankungen leben – ohnehin eine spezielle Branche, schon allein durch die herausfordernde Personalsituation in der Gastronomie. Ganz anders wiederum unser Installationsunternehmen, das durch den Boom klimafreundlicher Heizungen einen Aufschwung erlebt, oder unsere IT-Firma, der die Arbeit nie ausgehen wird. In Summe sehen wir unsere Vielfalt als größte Chance.

RIEDL-RABENSTEINER: Ich bin ebenso in zweiter Generation tätig. Mein Vater hat Geodata mitgegründet – als Spin-off der Montanuniversität. Das Unternehmen mit Sitz in Leoben und rund 180 Mitarbeitern in unterschiedlichen Ländern bietet Lösungen im Bereich Vermessung für Kunden in Industrie, Infrastruktur, Bau und Bergbau. Wir sind weltweit bei großen Infrastrukturprojekten engagiert – von Chile bis Australien – und wachsen kontinuierlich, auch am Standort Österreich. Seit Jahren ist auch der Bereich Softwareentwicklung Teil unseres Portfolios. Ich selbst bin seit rund einem halben Jahr in der Geschäftsführung der IT-Tochter des Unternehmens tätig. Für die Zukunft sehen wir irrsinniges Potenzial. Aber ich teile die Ansicht, dass wir in einer unglaublich schnelllebigen Zeit leben, und ich traue mich daher nicht zu sagen, welche Technologien wir in einigen Jahren nutzen werden. Vor zehn Jahren hätte auch niemand gedacht, dass der Einsatz von Drohnen in der Vermessung einmal solche Dimensionen annehmen würde. KI wird sicher ein immer wichtigeres Tool für uns. Wovon wir ausgehen: Unser Geschäftsmodell hat beste Zukunftschancen. Vor allem der Trend zum Öffentlichen Verkehr bietet ungeheure Möglichkeiten. Wir sind bei vielen großen Infrastrukturprojekten im In- und Ausland beteiligt, etwa beim Koralmtunnel – auch bei vielen Projekten der Deutschen Bahn. Und selbst wenn irgendwann alle großen Infrastrukturprojekte fertiggestellt sein werden, dann kommen wir bei der Sanierung zum Zug – wie etwa zuletzt bei der Sanierung des Gleinalmtunnels.

MÜLLER-MEZIN: Mein Großvater hat die Firmen Jerich-Trans und Müllex vor über 40 Jahren gegründet, erst das Transport- und Lagerlogistikunternehmen und später die Abfall- und Entsorgungsfirma. Nach dem Tod des Großvaters bin ich vor drei Jahren in das Unternehmen eingestiegen – ein paar Monate früher als geplant. Seit knapp zwei Jahren bin ich in der Geschäftsführung, gemeinsam mit meiner Mutter, und dort verantwortlich für Vertrieb, Produktion, Backoffice, IT, Controlling und Finanzen. Eines kann man klar sagen: Das Abfallgeschäft ist absolut zukunftsträchtig. Europa ist der rohstoffärmste Kontinent, wir Europäer finden unsere Rohstoffe vor allem im Abfall. Die Rohstoffe dort wieder herauszuholen, ist eine Notwendigkeit für den Standort und für uns eine große Chance. Als Firma Müllex wollen wir diese Chance so gut wie möglich nutzen.

DIE TEILNEHMER

Sabrina Ferner
Hotelière Hotel Rosenhof Murau, investiert gerade in den Um- und Ausbau sowie Neupositionierung (ROHO), künftig 56 Betten

Philipp Harrer
Geschäftsführer HP Gastro GmbH („Der Schrenk“ in Passail), Prokurist VH Holding GmbH, Holding
umfasst zehn Unternehmen mit rund 150 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern

Niki Müller-Mezin
geschäftsführender Gesellschafter Müllex-Umwelt-Säuberung-
GmbH mit Sitz in St. Margarethen/Raab, 110 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Hella Riedl-Rabensteiner
Geschäftsführerin Geodata IT Graz, Tochterfirma von Vermessungsspezialist
Geodata mit rund 180
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weltweit

Wenn die Ideen der Jungen auf die Erfahrung der Senior-Chefs treffen, wie konfliktträchtig ist diese Begegnung der Generationen?
FERNER: Naturgemäß gibt es auch immer wieder Diskussionen. Meine Eltern haben beispielsweise nie Marketing betrieben und sehen das eher als Geldvernichtungsmaschine. (lacht) Das sehe ich freilich anders und arbeite mit einem Team aus Marketing- und PR-Experten zusammen. Wir befinden uns derzeit mitten in einer Neupositionierung und sind gerade dabei, das Hotel umzubauen. Rosenhof goes ROHO – offizieller Start ist der 8. Dezember. Wir investieren und erweitern von 44 auf 56 Betten. Meinem Vater, der mit mir im Betrieb arbeitet, hätte auch der Status-quo gereicht. Mittlerweile sind wir aber soweit, dass wir sagen: Gemma‘s gemeinsam an! Unser Highlight entsteht jetzt im Frühjahr: ein Schwimmteich mit 450 Quadratmetern und Seehütten rund um den Teich, damit wollen wir „steirische Malediven“ vermitteln. Diese Hütten sind dank Erdwärme energieautark. Ein wichtiges Thema, da die junge Generation immer mehr wissen will, wie viel CO2-Ausstoß man hat, wo die Rohstoffe bzw. Lebensmittel herkommen oder was mit dem Frittierfett geschieht. Kurzum: Wie nachhaltig ist man als Betrieb? Ohne Fokus darauf wird es künftig nicht möglich sein, die junge Urlaubergeneration anzusprechen.

HARRER: Ich muss zugeben, eine Übernahme der Geschäftsführung hatte für mich lange nicht erste Priorität. Ursprünglich habe ich eine Landwirtschaftsschulausbildung absolviert, zudem bin ich privat bzw. durch mein Hobby sehr viel international unterwegs. Ich züchte seit zwölf Jahren Hunde, Australian Shepherds, und konnte bei Ausstellungen schon viele Preise gewinnen. Irgendwann habe ich bei uns in der Zimmerei angefangen, die wir aus einem Konkurs übernommen haben. Rasch war ich dort dann in verantwortlicher Position – und wir konnten den Betrieb erfolgreich sanieren. Ein paar Jahre später kam quasi über Nacht die Standortleitung für den Gewerbepark in Anger bei Weiz dazu. Dann kam das erste Kind und ich machte ein Bachelor- und Masterstudium. In der Masterthesis habe ich mich intensiv mit Familienunternehmen beschäftigt. Da habe ich hautnah gesehen, dass Familienunternehmen unglaublich viele Chancen bieten, aber auch richtig böse enden können. Besonders schlimm ist es immer dann, wenn die Vorgängergeneration nicht loslassen kann. Daher bin ich auch sehr froh und dankbar, dass mein Vater so unkompliziert ist. Er lässt uns Junge wirklich ran und sagt immer: „Mach einfach!“ Dabei hat er mich auch schon ein paar Mal einfahren lassen. (lacht) Das war jedes Mal sehr lehrreich.

RIEDL-RABENSTEINER: Ich hatte zum Glück schon immer ein sehr gutes Verhältnis zu meinem Vater. Ich rechne ihm hoch an, dass er mir und meinen Ideen gegenüber sehr wertschätzend ist – das gilt auch für meinen jungen Kollegen in der Geschäftsführung, der den technischen Part verantwortet. Ich sehe es als große Chance, dass wir auf seinen Erfahrungsschatz zurückgreifen können. Ich habe es ja bei Freunden gesehen, die sehr abrupt Familienunternehmen übernehmen mussten und die wirklich ins kalte Wasser geworfen wurden – das bleibt mir zum Glück erspart. Dennoch glaube ich ebenso, dass jeder auch seine eigenen Fehler machen muss.

MÜLLER-MEZIN: Mein Zwischenresümee ist überwiegend positiv. Offen gesagt, läuft es viel besser, als ich es mir vorher erwartet hätte. Meine Mutter – viele kennen sie ja – ist eine starke Persönlichkeit mit starken Meinungen und ich gebe zu, auch ich kann manchmal ziemlich stur sein. (lacht) Daher habe ich befürchtet, dass wir öfter aneinandergeraten würden. Es gibt zwar immer wieder Situationen, wo wir nicht einer Meinung sind, aber bislang haben wir es jedes Mal geschafft, uns am selben Tag wieder aus-zureden. Umso länger ich in der Firma bin, desto mehr schätze ich die Erfahrung meiner Mutter. Ich bin ihr auch dankbar dafür, dass sie mich mehr und mehr meine Vorstellungen umsetzen lässt – und auch Fehler machen lässt. Zuletzt etwa als ich ein IT-Projekt in der Ersatzbrennstoffproduktion, von dem ich überzeugt war, abrupt stoppen musste. Solche Lektionen gehören halt dazu.

Was sind die wichtigsten Werte, die Sie von den Eltern mitbekommen haben?
MÜLLER-MEZIN: Ich war vor meinem Einstieg in der Firma zwei Jahre lang in der Beratung bei McKinsey tätig – also in der Welt der Konzerne zwischen Business-Class und schönen Hotels. Heute arbeite ich in einem Container-Büro in St. Margarethen/Raab (lacht) – das war zu Beginn natürlich eine Umstellung. Was mir dabei sehr geholfen hat, ist die Bodenständigkeit meiner Mutter bzw. meiner Familie insgesamt. Ich bin so erzogen worden, dass immer alle zusammengreifen, und sei es nur, dass man kein Geschirr herumstehen lässt. Ein bedeutender Wert ist sicher auch die Einsatzbereitschaft – wir sind so aufgewachsen, dass es normal ist, sich voll reinzuhauen und immer am Gas zu stehen. Dazu kommt ein gewisser Sinn für Gerechtigkeit, der uns – mir und meinem Bruder – ebenso mitgegeben wurde. Es tut jedem in der Familie einfach weh, wenn einem Schwachen irgendwo Unrecht geschieht. Das wollen wir in der Firma nicht, aber auch darüber hinaus nicht.

RIEDL-RABENSTEINER: Auch bei mir war es sicher das gewisse Maß an Leistungsbereitschaft, das man einfach von klein auf mitbekommt. Ich erinnere mich, dass immer irgendwer im Urlaub gerade verzweifelt auf der Suche nach einer Stelle war, wo es Handyempfang gab, um zu telefonieren oder kurz die E-Mails zu checken. (lacht) Das haben wir so mitbekommen und ich denke, dass wir auch keinen Schaden davon getragen haben. Auch das Begegnen auf Augenhöhe ist etwas, was uns mitgegeben wurde – dass man anderen wertschätzend gegenüber ist und sich andere Positionen einmal anhört und nicht gleich emotional wird.

HARRER: Ich fürchte, die meisten Menschen sind generell viel zu wertend. Ich bin froh, dass mir meine Eltern anderes vorgelebt haben. Mein Vater hat immer gesagt: „Du musst jeden Mitarbeiter dort abholen, wo er steht.“ Heute weiß ich: Er hat vollkommen recht. Wenn man in einem Unternehmen tätig ist, lernt man Menschen wirklich kennen – im Guten wie im weniger Guten. In der Arbeit habe ich früh gelernt, was Akzeptanz heißt. Und ich habe mir früh angewöhnt, nicht zu werten. Auch wenn es manchmal schwerfällt, wenn man das Gefühl hat: Das darf doch nicht wahr sein, dass er oder sie den Kaffee schon wieder falsch runterlässt. (lacht)

FERNER: Das, was mir meine Mama wohl am meisten mitgegeben hat, ist Authentizität – authentisch bleiben in jeder Lebenslage. Und ebenso wichtig – die Fähigkeit, den Unterschied zu erkennen zwischen Effizienz und Effektivität. Die Dinge richtig zu tun oder die richtigen Dinge zu tun, ist ein großer Unterschied. Und dann natürlich – ganz essenziell – das Durchhaltevermögen. Zudem ist es, denke ich, jedem von uns freigestanden, ob man das Unternehmen übernehmen will oder nicht. Daher sind wir alle hier schon auch privilegiert. Denn wir müssen das Rad nicht neu erfinden – zumindest nicht das Rad unserer Unternehmen –, sondern wir bauen auf funktionierenden Strukturen auf, die wir nun noch besser machen können.

HARRER: Ich stelle mir selber manchmal die Frage, wie weit mein Anspruch als Unternehmer an mich geht. Wie viel Erfolg ist das rechte Maß? Unterm Strich denke ich, dass das Unternehmer-Dasein sowieso nie ein klares richtig oder falsch ist. Das ist auch das, was ich lerne. Man muss froh sein, wenn man eine Generation vor sich hat, die einen lässt. So gesehen denke ich, wir haben alle eine richtige Luxus-Generation vor uns. Dafür können wir dankbar sein.

Wie sehen Sie die GenerationZ? Wahrheit oder Mythos?
HARRER: Die berühmte Work-Life-Balance trifft ja auch uns Unternehmer. Wer will von Montagfrüh bis Sonntagabend durchhackeln? Das haben unsere Eltern wahrscheinlich so gemacht. Aber meine Frau und ich wollen das nicht. Derzeit bin ich mit meinen Funktionen sehr gut ausgelastet. Schließlich gibt es auch noch ein Privatleben, unsere Tochter ist 4,5 Jahre jung und sehr agil, dazu sind Zwillinge angekündigt. Klar ist aber auch: Generell wollen Menschen heute nicht mehr so viel arbeiten, aber sie wollen viel verdienen. Da müssen wir dann aber auch sagen, dass sich diese Rechnung auf Dauer schwer ausgeht. Daher glaube ich, dass wir in den nächsten Jahren wieder in das Fahrwasser kommen, dass den Mitarbeitern bewusst wird, dass sich das so nicht ausgehen kann. Das merken wir teils jetzt schon. Sicher, wir als Unternehmer verdienen in der Regel über dem Durchschnitt. Aber uns werden auch hohe Lasten aufgebürdet. Und viele staatliche Versäumnisse treffen uns genauso – etwa der Mangel an Kinderbetreuungsplätzen. Das ärgert mich am meisten. Wir finanzieren Menschen, die nicht arbeiten wollen, obwohl sie arbeiten könnten, aber für unseren Nachwuchs tun wir viel zu wenig.

RIEDL-RABENSTEINER: Ich denke auch, dass uns als Unternehmen sehr viel Verantwortung umgehängt wird, weil der Mangel an Kinderbetreuungsplätzen unseren Mitarbeitern und damit auch uns Probleme bereitet. Aber ein Betriebskindergarten würde bei uns keinen Sinn machen, weil der Großteil der Mitarbeiter in Leoben auf Baustellen unterwegs ist. Das heißt, da sehe ich uns Unternehmen nicht in der Bringschuld, sondern ich glaube, der Staat muss einfach mehr tun. Was die Arbeitsmoral der jungen Generation betrifft: Man darf nicht alle über einen Kamm scheren – ob Babyboomer oder Angehörige der GenerationZ. Denn ich kenne auch viele junge Menschen, die total leistungsbereit sind. Die bleiben auch länger in der Arbeit und knien sich wirklich rein und lassen nicht um Punkt 15:00 Uhr den Stift fallen. Ich denke, es ist immer eine Typfrage bzw. eine Frage der Persönlichkeit.

MÜLLER-MEZIN: Wenn man die Generationen vergleicht, dann denke ich schon, dass die Leistungsbereitschaft früher tendeziell etwas höher lag. Die Erwartungshaltung war eine andere: Man arbeitete 40 Stunden, um sich etwas aufzubauen. Das hat sich geändert. Zum einen ist das mit dem Aufbauen schwieriger geworden, zum anderen ist in der Generation der Erben schon viel vorhanden. Viele können schon auf Bestehendem aufbauen. Das gilt natürlich auch für uns hier – ein Unternehmen weiterführen zu können, ist ein echtes Privileg. Aber ich sehe, auch in der breiten Masse hat sich eine Art Wohlstands-Mindset entwickelt. Dennoch gibt es viele engagierte Junge. So hatten wir z.B. einen Lehrling, der bei uns Bürokaufmann gelernt hat und jetzt seinen Zivildienst macht – und dieser arbeitet nebenbei zehn Stunden bei uns weiter, weil er sich für seine Aufgaben verantwortlich fühlt. Das finde ich großartig! Gleichzeitig gibt es auch junge Leute, die zu uns kommen und ganz genau wissen wollen, wie sie ihre Freizeit planen können – und im Zweifel geht der Freizeittermin vor. Diese Leute hat es immer schon gegeben, aber ich glaube, es sind heute etwas mehr als noch vor ein, zwei Generationen. Wir befinden uns in einem Arbeitnehmermarkt, der wird noch anhalten – Arbeitnehmer, vor allem Fachkräfte, können es sich aussuchen. Darauf müssen wir uns als Firma einstellen und uns entsprechend positionieren, damit wir die besten Mitarbeiter bekommen.

FERNER: Da hat sich sicher viel gewandelt – gerade in unserer Branche. Denn unsere Elterngeneration glaubt ja immer noch, dass die Leute sechs, sieben Tage die Woche ganz easy-cheesy arbeiten für 1.700 Euro netto. Das spielt’s natürlich schon lange nicht mehr. Das Finden und Binden guter Mitarbeiter ist eine Dauerherausforderung. Ich sage immer: Mitarbeitermarketing ist heute schwieriger als das Gästemarketing. Es ist tatsächlich so, dass wir uns als Unternehmen bei unseren zukünftigen Mitarbeitern bewerben müssen. Im Vorjahr haben wir über eine Social-Media-Kampagne Mitarbeiter gesucht – auf unkonventionelle Art, anhand von Fragestellungen wie „Bist du glücklich in deinem Job?“. Daraufhin haben wir 80 Initiativbewerbungen bekommen. Davon haben wir zwölf genommen, ein komplettes Team – fast allesamt Quereinsteiger.

Wie stellen Sie sich das Unternehmen in 20 Jahren vor?
HARRER: Eine Frage, die ja schon die übernächste Generation betrifft. Unsere Kleine ist schon unglaublich aufgeweckt und lebhaft. Die lässt schon jetzt eine kleine Chefin raushängen und wird uns vermutlich bald überflügeln. (lacht) Im Ernst: Was die Frage der Unternehmensnachfolge bei uns betrifft, ist das gar nicht so leicht zu beantworten, schließlich betrifft das eine Vielzahl an Unternehmen. Ich habe eine Schwester, die derzeit nicht im Betrieb tätig ist. Wir sind gerade in einem Prozess, wie wir das Übergabethema professionell lösen.

MÜLLER-MEZIN: Die nächste Generation ist ein gutes Stichwort. Denn ich muss zugeben, bei mir hat sich durch die Geburt meines Sohnes mein Blick auf die Firma verändert. Ich merke immer mehr, dass ich alle Entscheidungen, die ich heute treffe, im Sinne einer langfristig positiven Entwicklung des Unternehmens treffe, damit ich irgendwann meinem Sohn die Möglichkeit bieten kann, das Familienunternehmen weiterzuführen. Und das ist schon ein cooles Gefühl, das die Motivation steigert und Sinn stiftet. Was mich antreibt, ist der Wunsch, die Dinge jeden Tag ein bisschen besser zu machen – im Sinne des Unternehmens. Und daraus ergibt sich immer wieder Neues. Und das wird irgendwo hinführen und dann sind irgendwann 20 Jahre vergangen und es hat uns hoffentlich in eine gute Richtung geführt.

RIEDL-RABENSTEINER: Wir sind sehr stark technologiegetrieben, daher glaube ich, man kann nicht einmal sagen, was in zwei oder drei Jahren State of the Art sein wird. Gerade im Softwarebereich ist das ganz schwierig. Aber ich bin sicher, es wird uns weiterhin geben. Das wünsche ich mir jedenfalls für meine kleine Tochter – weil ich genauso glaube, dass das einfach eine coole Sache ist, wenn man es sich eines Tages aussuchen kann, ein Familienunternehmen in dritter Generation weiterzuführen. Denn ich sehe auch den Nutzen, den wir mit unserem Unternehmen für die Gesellschaft stiften. Einerseits im Ausbau des öffentlichen Verkehrs und andererseits bei der Abwendung von Naturgefahren, die wetterbedingt zunehmen und die wir mit unseren Lösungen versuchen einzudämmen. Etwa Felsstürze, die durch Starkregenfälle häufiger werden. Ein Monito ring mit unseren Sensoren bietet Maßnahmen zur Prävention.

Wir leben in Zeiten multipler Unsicherheiten. Wie gehen Sie mit dem Thema Klimawandel um?
FERNER: Bei aller Dramatik des Themas sehe ich den Klimawandel sogar als Chance für unseren Betrieb. Es zeichnet sich ab, dass es in den Städten bzw. im Osten Österreichs viel wärmer wird. Daher werden die Menschen Angebote im Grünen abseits der Ballungszentren verstärkt nutzen wollen. Wir gehen etwa gerade mit einer neuen Golfwerbung raus und bewerben die Vorzüge des Golfens in kühleren Regionen.

HARRER: Ich sehe es ganz ähnlich. Ich lebe in Passail – eine Dreiviertelstunde von Graz entfernt. Auch bei uns ist es wesentlich kühler und an heißen Tagen, die zunehmen werden, viel angenehmer. Daher wird auch unsere Region profitieren – und die Nachfrage nach Grundstücken wird steigen. Ich denke, das Aufs-Land-Ziehen wird der neue Luxus werden. Die Grundstücks- und Wohnungspreise am Land sind bereits kräftig gestiegen. Ich hoffe, es bleibt alles in einem leistbaren Rahmen. Das gilt auch für den Holzbau. Denn damit haben wir einen nachwachsenden Rohstoff und einen starken Hebel in der Hand, um wirklich etwas für das Klima zu tun.

RIEDL-RABENSTEINER: Ich würde auch sagen, der Klima- wie auch der Gesellschaftswandel spielt uns in die Karten. So tragisch der Klimawandel ist, aber für uns ergeben sich dadurch große Chancen, sei es beim Öffentlichen Verkehr oder im Bereich des Schutzes vor den Folgen des Klimawandels. Unsere Sensoren können etwa auch Hangrutschungen oder Murenabgänge frühzeitig erkennen. Hier wird künftig präventiv sicher mehr gemacht werden und verstärkt in den Schutz von Menschenleben investiert werden. Und wir leisten dazu unseren Beitrag.

MÜLLER-MEZIN: Ähnliches gilt auch für uns. Das Bewusstsein dafür, dass wir aus unserem Abfall noch mehr herausholen können, steigt. Menschlich lässt einen vieles nicht kalt. Nicht nur der Klimawandel, auch die geopolitischen Katastrophen, ob in der Ukraine oder in Israel. Daher sehe ich mich gleichsam zu einem Daily-News-Fasten gezwungen, um mich nicht zu sehr mit Negativem, auf das ich keinen Einfluss habe, zu belasten. Daher bleibe ich, so gut es geht, regional fokussiert. Für uns als Firma ist der Klimawandel jedenfalls eine Chance. So machen wir aus Restmüll bzw. aus vermischten Abfällen Ersatzbrennstoffe, die statt Kohle oder Erdgas in Kraftwerken oder Zementwerken eingesetzt werden. Ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz.

Fotos: Oliver Wolf, iStock

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