Spirit of Styria

Über das Tier zur NATUR DES MENSCHEN

Der Grazer Künstler Emil Srkalovic öffnet die Türen seines Ateliers zu einem Gespräch über die dunkle Seite seiner großformatigen Acryl-Gemälde und ausdrucksstarken Skulpturen und erklärt, warum er nie länger als eineinhalb Jahre an einer Serie arbeitet, wie er durch einen Sexshop zu einer aktuellen Werkserie inspiriert wurde und warum der Blick auf die artistisch-stilisierte Natur voller Gegensätze ist.

Der zeitgenössische Künstler Emil Srkalovic verbindet traditionelle Malerei und Bildhauerei mit modernen Linienführungen. Seine Kunst, die für ihn auf logischen, physikalischen und mathematischen Gesetzmäßigkeiten beruht, beschreibt er als „Art of Emil“, „um ganz bewusst meine künstlerische Eigenständigkeit zu betonen.“ Dabei wurde Emil Skralovic in die Welt der Kunst hineingeboren und ist im Atelier aufgewachsen. „Mein erstes Bild habe ich mit bereits 15 Jahren verkauft“, schmunzelt der 1983 in Bosnien geborene Künstler, der 1992 mit seiner Familie nach Graz kam. Die schon frühe Verbindung mit der Kunst ergibt sich durch den Beruf der Eltern, die beide akademische Maler sind. „Der künstlerische Zugang meines Vaters, Lalo Srkalovic, kommt aus der „echten alten Schule”, die ja stark wissensdominiert ist. Während die Kunst meines Vaters sehr strikt, geradlinig und technisch ist und sich eher auf das „Wie“ konzentriert, ist für meine Mutter – Ida Srkalovic – das Gefühl in der Malerei das Wichtigste, also das „Was“. Deshalb sind ihre Werke auch harmonischer, weicher und zugänglicher.“ Emil Srkalovic sieht sich in künstlerischer Hinsicht als Kreuzung der beiden, „obwohl meine Werke durchaus eine dunklere Seite haben“, weiß der Künstler.

Bei Emil Srkalovic werden Tiere großgezeichnet

DIE NATUR WIRFT EINEN AUF SICH SELBST ZURÜCK
Die teils düsteren Darstellungen im breiten, sehr vielgestaltigen Oeuvre Emils Skralovics behandeln Themen wie Liebe, Stolz, Gewalt, Zeit und Tod zwingen den Betrachter, sich einerseits auf die spielerisch-sarkastischen Werkserien einzulassen und für einen Augenblick sich in umgedeuteten Wirklichkeiten wiederzufinden. Andererseits stoßen die dargestellten Situationen aus der Natur, die lange Titel tragen wie „Ich werde bleiben, wenn du mich sein lässt. Nur glaube nicht, dass du gekommen bist, um mir Liebe zu geben“ die Menschen an, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. „Je nachdem, ob ich positiv oder negativ gestimmt bin, nehme ich ein Bild mit unterschiedlichen Augen wahr. Die Perspektive des Betrachters verschiebt sich und wirft ihn zurück auf das widersprüchliche Sein. So kann die Natur unschuldig, aber auch grausam sein oder Liebe geben und nehmen. Diese Antonyme finde ich interessant“, sagt Srkalovic.

Tiere bilden dabei eines der Hauptthemen in seiner Kunst, und sind auch im echten Leben Emil Srkalovics von zentraler Bedeutung: Zebras, Elefanten, Rehe, Schafe oder Käfer werden auf bis zu acht Meter große Acrylgemälde gebannt. In seiner Grazer Wohnung hielt der Künstler bis vor kurzem noch Terrarien mit Pfeilgiftfröschen, Insekten und Reptilien und züchtete Miniaturorchideen. „Aus Liebe zum Leben, zur Liebe und zur Vielfalt will ich Tiere zeigen und dadurch den Menschen die Natur näherbringen. Da meine Darstellungen auf den Tod referieren, lenke ich ganz bewusst – im Unbewussten – die Energie auf das Leben um.“ Für Emil Srkalovic bildet Kunst ein Ventil, durch das er seine Gefühle darstellen kann. „Es muss etwas bei mir ankommen, ich muss etwas spüren dabei, sonst wird das Bild seelenlos. Das ist auch der Grund, warum meine Motive so unterschiedlich sind, was mir schon die Kritik einbrachte, dadurch meinen Widererkennungswert zu schmälern.“ Srkalovic beschäftigt sich maximal eineinhalb Jahre lang mit einem Thema und fertigt zwischen 5 bis maximal 12 Stück pro Serie an. „Aber irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo ich einen neuen Blickwinkel erhalte. Dann ist das Thema für mich abgehakt.“

EMIL SRKALOVIC

Geboren 1983 in Bosnien und Herzegowina Lebt und arbeitet in Graz
Eröffnung und Leitung der Galerie ARTIS Jakomini – Graz
Gastdozent FH-BFI Grafik und Kommunikationsdesign
Koordinator des Projektes „IN PARALLEL“ – Initiative Sarajevo – Graz
Kuratierung diverser Ausstellungen
ehemaliger Präsident Künstlerbund Graz
Einzel- und Gruppenausstellungen national und international

www.atelier-artis.at
www.artofemil.com

AKTUELLE AUSSTELLUNG „FETISCH“
Neben großformatigen Bildern fertigt der Künstler auch realistisch anmutende Skulpturen an, wie jene in seiner jüngsten Ausstellung mit dem Namen „Fetisch“. Auf die Frage, wie es zu dieser Ausstellung kam, schmunzelt Srkalovic: „Nahe meiner Wohnung befindet sich der Sexshop „Lustspiel“, für den ich eine riesige Vagina als Eingang entwarf und so mit unterschiedlichsten Kunden des Shops ins Gespräch kam. Und mir fiel auf, dass Menschen, wenn sie ihre Sexualität nach außen tragen in diesem geschützten Raum, sich in gewisser Hinsicht exponieren und nackt sind, innerlich. Auch wenn es am Ende eine oberflächliche Begegnung ist, lernt man die Menschen doch intensiver kennen und die Charaktere werden interessanter dadurch.“ Ausschlaggebend für die Serie „Fetisch“ war ein Auftrag eines Unternehmers, der eine Skulptur von seinem Hund haben wollte, dafür aber nicht viel Platz hatte. Kurzerhand entschied Srkalovic, die Skulptur an die Wand zu hängen. „Mir kam der Gedanke, insgesamt zwölf Tiere in Bondage gefesselt und in gewagten Posen zu zeigen.“

Werke an der Wand aus
der Serie „Fetisch“

Aus Liebe zum Leben, zur Liebe und zur Vielfalt will ich Tiere zeigen und dadurch den Menschen die Natur näherbringen.

EMIL SRKALOVIC
KÜNSTLER

GEORDNETES WISSEN, INTUITIVE KUNST
Auch in seinen aktuellen Werken kommt sein Stil, den er dem europäischen Pop Art zuordnet, zu tragen. „Die europäische Stilrichtung lebt von der bildnerischen Reduktion, bleibt aber in der Darstellung immer anatomisch richtig“, erklärt Srkalovic, der auf Realismus in seiner Kunst großen Wert legt, jedoch ganz besonders in seinen Skulpturen verschiedene Mittel der Abstraktion anwendet. „Gerade die dritte Dimension gibt mir so viel, weil sie greifbarer ist, haptisch ist und du sie vor dir hast“, sagt der Künstler und erklärt seinen Schaffensprozess: „Zuerst hole ich mir durch Fotos Inspiration und führe eine genaue Anatomiestudie durch, bevor ich ein Metallgerüst und ein darüberliegendes Gitter für meine Skulptur anfertige. Diese wird mit einer speziellen Keramik überzogen und in verschiedenen, sehr technischen Prozessen modelliert. Danach überziehe ich meine Skulptur mit Polyamid und bringe eine Farbe mit Metallspänen auf, um einen besonderen Glanzeffekt zu erzielen.“ Der zuerst sehr wohlgeordnete, strukturierte Prozess wird laut Emil Srkalovic mit der Zeit immer freier. „Irgendwann arbeite ich Freihand, meine Bewegungen sind stark verinnerlicht. Das Wissen wird dann zu einem Gefühl, und man fängt an, ‚emotional zu arbeiten und nicht mehr nachzudenken‘, wie mein Vater sagte. Und dann entsteht etwas, das völlig intuitiv ist, wie in der Natur, bei einem Tier. Und dadurch schließt sich ein Kreislauf, über mein Schaffen, über meine Kunst.“

Fotos: Oliver Wolf

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