Spirit of Styria

DREHSCHEIBE auf Hochtouren

Arbeitskräfte händeringend gesucht: Wie schaffen es die steirischen Personaldienstleister und Arbeitskräfteüberlasser, den Bedarf der Unternehmen zu decken? Am Dienstleister-Table diskutieren die Branchenvertreter Harald Aspäck und Thomas Skoric.

Große Zukunft für die Arbeitskräfteüberlassung:
Berufsgruppensprecher Harald Aspäck (l.) und Thomas Skoric.

Wie stellt sich die Situation aus der Sicht der gewerblichen Personaldienstleister dar?
Harald Aspäck: Auch wir können keine Mitarbeiter klonen. Und wir bemerken, dass Unternehmen angesichts des Personalmangels gerne unsere bewährten Mitarbeiter in ihre Stammbelegschaft übernehmen, wenn – etwa durch Pensionierungen – Schlüsselpositionen zu besetzen sind. Für uns Personaldienstleister ist das ohne Zweifel eine Herausforderung, weil wir ja diese Mitarbeiter ebenfalls benötigen. Umso wichtiger ist es, dass wir wieder neue Mitarbeiter bekommen. Wir nützen alle erdenklichen Potenziale, um der Nachfrage gerecht zu werden.

Thomas Skoric: Wir stoßen dabei allerdings an Grenzen: So dauert etwa – besonders dramatisch bei Pflegefachkräften – die Nostrifizierung ausländischer Zeugnisse ewig. So lange wartet niemand. Die sind dann schon in Norwegen, Dänemark, Finnland und verdie nen auch gleich noch mehr als hier. Ein Riesenproblem ist auch die Sprache. Wir hätten ein großes Potenzial von gut ausgebildeten jungen Fachkräften, die Englisch sprechen, aber nicht Deutsch. Und diese Leute wandern in Staaten ab, in denen sie auf ein höheres Englischlevel treffen, Skandinavien zum Beispiel.

Woher sollen die Arbeitskräfte kommen?
Skoric: In erster Linie versuchen wir, jetzt einmal das Potenzial aus Polen, der Slowakei, Ungarn, Slowenien und Kroatien zu nutzen. Es verschiebt sich generell alles immer weiter in den Osten. Und wir bemerken speziell unter jüngeren Fachkräften, dass die Bereitschaft, ihre Heimatländer zu verlassen, tendenziell abnimmt.

Aspäck: Wir versuchen, darauf hinzuwirken, dass auch wir Arbeitskräfteüberlasser endlich die Öffnung zu den Nicht-EU-Staaten, etwa der Ukraine und Bosnien, bekommen. Wir sind ja die einzige Branche, die davon ausgeschlossen ist. Das ist ein großer Nachteil. Ohne diesen Zugang werden wir unsere Aufgabe als Arbeitskräftedrehscheibe für die heimischen Unternehmen auf längere Sicht kaum erfüllen können.

Sind Sie zuversichtlich, dass es zu einem Umdenken kommt?
Aspäck: Ja, denn es gibt keinen Bereich mehr, der nicht vom Arbeitskräftemangel betroffen ist. Vor ein paar Jahren hat man uns erklärt, dass die Arbeit in Zukunft von Robotern verrichtet würde. Na ja, derzeit suchen wir jedenfalls noch händeringend nach Menschen, die bereit sind, überlebenswichtige Aufgaben zu übernehmen. Pensionierungswelle, Work-Life-Balance, Teilzeit, späte Berufseinstiege: Uns gehen die Menschen aus.

Skoric: Es werden durch die Automatisierung sicher viele Tätigkeiten wegfallen. Umso wichtiger ist es, die Menschen rechtzeitig zu qualifizieren, um sie dort einsetzen zu können, wo sie dringend gebraucht werden. Wir müssen diesen Menschen Ausbildungsoptionen eröffnen.

Aspäck: Bei dem, was wir als Branche beitragen können, bewegen wir uns bereits am Limit. Es wird alles getan, um Mitarbeiter in den Markt zu bekommen, weil das einfach unser Job ist. Was wir als einzelne Dienstleistungsbranche allerdings nicht beeinflussen können, ist die politische und gesellschaftliche Dimension von Arbeit. Es beginnt bei den Kindern in der Schule und in den Familien. Derzeit bekommen Jugendliche teilweise das Gefühl vermittelt, dass Arbeit gar nicht so wichtig ist. Eher das Chillen. Man muss Beruf und Arbeit wieder als wesentliche Werte begreifbar machen. Und den Menschen das Gefühl geben, dass es nicht wurscht ist, ob man arbeitet oder nicht. Belohnt wird erstaunlicherweise eher der, der weniger arbeitet. Wenn einer 70 % arbeitet, verdient er gar nicht viel weniger als der, der 100 % beschäftigt ist.

Skoric: … oder jemand, der Überstunden macht. In den Schulen und Kindergärten hört man heute von manchen Kindern: „Mein Papa ist mein Vorbild, weil er immer zu Hause ist“. Role Model Arbeitslosigkeit. Wie soll sich da ein Bewusstsein für Arbeit entwickeln? Es gäbe sicher mehr Potenzial, wenn man jungen Menschen vermehrt die Attraktivität von Ausbildungen nahebringen würde.

Wo sehen Sie Ihre Branche mittelfristig?
Skoric: Für mich ist es eine klare Sache, dass die Bedeutung der Arbeitskräfteüberlassung in den nächsten Jahren weiter steigen wird, weil es für die Unternehmen immer herausfordernder wird, Personal zu finden. Natürlich wird es für uns eine Mammutaufgabe werden: Woher bekommen wir die Leute?

Aspäck: Ich bin überzeugt davon, dass die Arbeitskräfteüberlassung eine ganz große Zukunft hat. Wir sind die – ich betone: die – Drehscheibe am Arbeitsmarkt. Unsere Dienstleistung ist verlässlich und resilient. Wir gehen auf Herausforderungen zu und lösen Probleme unserer Kunden. Konjunkturschwankungen, Arbeitskräftemangel, Lieferkettenthemen, Krisen: Die Volatilität wird weiter zunehmen. Das mag einigen bedrohlich erscheinen – für uns ist es das tägliche Brot.

Skoric: Wir betreiben einen enormen Aufwand. Wir haben z. B. mittlerweile 15 Online-Portale, auf denen wir Leute suchen.

Aspäck: Es wird ja nach wie vor gerne über uns geschimpft. Weil man sich an den wenigen schwarzen Schafen festmacht, die es überall gibt. Aber seit 21 Jahren existiert der Kollektivvertrag. Wir sind eine Hochlohnbranche – mit allen Ansprüchen. Wir können wirklich stolz darauf sein, wie sich die Branche entwickelt hat. Früher hat ein Unternehmen alles in der eigenen Hand gehabt. Heute gibt es für alle Bereiche die entsprechenden Profis. Und wir sind die Personalprofis. Das wissen die Unternehmen.

Skoric: Ich bin seit 22 Jahren in diesem Geschäft tätig. Ich habe mittlerweile 20 Leute in die Pension gebracht. Heuer habe ich die ersten drei Mitarbeiter, die durchgehend 20 Jahre bei mir beschäftigt sind. Darauf bin ich stolz.

Harald Aspäck

Thomas Skoric

Gerd Zuschnig

DIENSTLEISTER-TABLE – RUNDE 1


Im Dienste von Unternehmen und Wirtschaft: 
Die gewerblichen Dienstleister repräsentieren mehrere besonders wirtschaftsaffine Berufsgruppen. Obmann der Fachgruppe der gewerblichen Dienstleister in der WKO Steiermark ist Gerd Zuschnig. In einer Talk-Serie beleuchten namhafte Berufsgruppenvertreter die aktuelle Lage in ihrer Branche. Im Fokus der 1. Dienstleister-Table-Runde: Personaldienstleister und Arbeitskräfteüberlasser. 
Am Dienstleister-Table: Berufsgruppensprecher Harald Aspäck (Gründer und Geschäftsführer Permont) und Thomas Skoric (geschäftsführender Gesellschafter MLS). 
www.dienstleister-stmk.at

Fotos: Oliver Wolf

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