Wie gehen Sie beim Recruiting vor?
Franke: Personelle Besetzungen sind natürlich eine Herausforderung. Wir haben bis dato immer einige Mitarbeiter aus dem ungarischen Raum bekommen, gerade im Bereich Reinigung, Service und Küche, da es am heimischen Markt keine potenziellen Interessenten gibt. Immerhin habe ich sechs Restaurants zu bespielen – und ohne die ungarischen Kollegen wäre das nicht zu schaffen. Aber der Markt stagniert momentan, weil auch Ungarn einen Fachkräftemangel hat. Daher gehen wir den nächsten Schritt und sind bereit, uns neue Märkte zu suchen – derzeit sind wir vor allem in Griechenland sehr aktiv. Denn man braucht nicht auf öffentliche Vermittlung zu warten. Stattdessen: Rein in den Flieger, runter nach Griechenland, Kontakte nutzen und die Leute kommen gerne zu uns. Das sind überaus motivierte, freundliche und fleißige Menschen. Da tut sich momentan wahnsinnig viel und die Zeiten, wie wir Recruiting früher betrieben haben, sind längst vorbei. Wir sind in einer komplett neuen Ära angekommen, wo du jeden Tag aufs Neue lernst, dich um Sachen zu kümmern, um die du dich vorher nicht kümmern musstest.
Borckenstein-Quirini: Tatsächlich ist vieles im Wandel. Ich war früher 20 Jahre im Ausland, meist in der Luxushotellerie. Zu Beginn meiner Karriere hat meine Mutter immer gesagt: Wenn du in dem oder dem Hotel arbeiten darfst, dann kannst du dich glücklich schätzen. Und das war auch so. Ich habe im Sheraton Salzburg gearbeitet und einigen anderen – und immer, wenn ich hingekommen bin und mir die Uniform angezogen habe, hatte ich das Gefühl, das ist etwas Besonderes. Das spürt man förmlich die Bedeutung. Das gibt es heute längst nicht mehr. Ich hatte ein Schlüsselerlebnis, als ich als Generaldirektor eines Hotels in Deutschland Gast in einer Bierkneipe in St. Pauli war und einer jungen, talentierten Dame spontan einen Job im Hotel angeboten habe. Sie hat nur müde gelächelt: „In einem Fünf-Sterne-Hotel? Sicher nicht!“ Für mich erst unverständlich, aber eine wichtige Erkenntnis: Für viele junge Menschen sind solche Tätigkeiten einfach nicht mehr cool, sondern fast schon angestaubt. Darauf haben die meisten jungen Leute keinen Bock mehr. Die wollen sich nicht mehr verbiegen, sondern so sein, wie sind – mit Bart und Tätowierungen – und dann auch nur zu den Zeiten arbeiten, an denen sie wollen.
Hardt-Stremayr: Wobei natürlich die Thematik der Arbeitskräfte kein touristisches Spezifikum ist. Es gibt ja keine einzige Branche, wo es nicht einen großen Mangel gibt – mittlerweile ein europaweites Phänomen.
Franke: Dennoch möchte ich die Politik nicht ganz aus der Verantwortung entlassen. Denn es werden nicht alle Potenziale, die wir im Land hätten, genutzt – siehe die Menschen aus der Ukraine. Wenn diese arbeiten, verlieren sie ihre Grundversorgung – das ist keine befriedigende Situation. Wir bekommen viele Anfragen von Menschen aus der Ukraine oder aus anderen Ländern, die grundsätzlich arbeiten wollen – nur wird es ihnen schwer gemacht.
Borckenstein-Quirini: So wie wir Unternehmen immer flexibler am Arbeitsmarkt mit den Mitarbeitern umgehen müssen, so muss auch der Staat flexibler werden. Es hilft ja nix, wenn wir uns zersprageln, aber trotzt allem nicht weiterkommen.
Franke: Mein Eindruck ist, dass die Politik einfach zu weit weg ist von den Bedürfnissen der Menschen. Daher muss sich generell in der Struktur der Politik und der Gesetzgebung einiges ändern, sonst werden wir nicht weiterkommen.
Hardt-Stremayr: Manchmal scheint es mir, als würde die Politik von den eigenen Vorschriften bzw. der eigenen Bürokratie ausgebremst. Wenn es um Rahmenbedingungen geht, muss die Politik gestalten. Sie sollte aber nicht zu viel in die Details hineinregieren, sondern Optionen offen lassen. Weil der Markt reguliert ohnehin vieles von alleine.
Wie lautet Ihr Ausblick?
Hardt-Stremayr: Ausblicke, die über die nächste Woche hinausgehen, gibt es von mir keine mehr. (lacht) Ich habe mich schon zu oft blamiert in den vergangenen zwei Jahren. Das Learning der Pandemie: Die Historiker sind die besseren Prognostiker. Ich darf den Philosophen Mike Tyson zitieren: “Everybody has a plan until they get punched into the mouth the first time!”
Borckenstein-Quirini: Ich bin überzeugt, in Zukunft müssen wir einfach enorm reaktionsschnell sein. Der beste Plan hilft dir im Moment nicht viel – du musst permanent adaptieren und anpassen. Nichts ist so beständig wie die Veränderung. Flexibilität geht daher über alles.
Franke: Ich bin sicher, dass sich unser Betrieb, aber auch die Steiermark insgesamt, einen Vorsprung erarbeitet hat. Wir dürfen unseren positiven Stolz niemals verlieren und die ganze Lebensfreude , die wir in unser Region haben – das haben wir gewissermaßen im Blut und damit kann uns keine Pandemie was anhaben. Und was die Kunden betrifft: Die Haltung der Menschen ändert sich. Worum ging es uns früher? Um Luxus im Leben. Wir haben gearbeitet, um uns gutes Essen, Urlaub, einen Opernbesuch etc. leisten zu können. Das neue Denken lautet: Luxus leben. Die Menschen wollen eigentlich nur noch leben und das ist der Luxusgeber, wo wir uns heute bewegen.
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