Spirit of Styria

Der perfekte KREISLAUF

Stoffe, die im Kreis gehen, und uns als Rohstoffe in Zeiten der Knappheit dienen: Längst hat die heimische Abfall- und Entsorgungswirtschaft die Transformation zur neuen „Rohstoff- industrie“ geschafft und generiert dadurch nicht nur Wertschöpfung im Land, sondern auch Lösungen für den Klimaschutz. „SPIRIT of Styria“ über die derzeit brennendsten Herausforderungen und aktuelle Innovations-Highlights der Branche.

Rohstoffarmes Österreich? Mitnichten, wenn es nach Roland Pomberger geht. Allein in der Steiermark produziert jeder Einzelne im Jahr 492 Kilogramm Rohstoff. Besser bekannt als Hausmüll. In Summe 614.300 Tonnen. „Abfall ist Rohstoff am falschen Platz. Gesammelter Abfall ist nichts anderes als Sekundärrohstoff, der aufwendig abgebaute und teuer importierte Primärrohstoffe ersetzt“, bringt es Pomberger, Leiter des Lehrstuhls für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft an der Montanuni Leoben, auf den Punkt. „Österreich bzw. die Steiermark hat über die Jahre zweifelsfrei eine sehr leistungsfähige Abfall- und Ressourcenwirtschaft mit hohen Recyclingquoten etabliert. Aber es geht noch mehr“, nennt der Experte drei Felder mit Potenzial. „Zum einen sind die Mengen an Restmüll immer noch zu hoch. Was dort landet, ist – salopp gesprochen – ein zusammengeschmissener Gatsch, der sich nur schwer sortieren lässt und daher meist nur noch thermisch verwertbar ist.“ Jeder Bürger sollte sich daher mehr denn je seiner Verantwortung beim Mülltrennen bewusst sein. „Bei allem Hightech, das heute in der Aufbereitung eingesetzt wird: Die wichtigste Sortiermaschine bleibt der Mensch. Und Mülltrennung ist gelebte Ressourcenschonung und Klimaschutz.“ Der zweite Punkt betrifft die industriellen Abfälle: „In einer Studie haben wir die CO2-Einsparungsmöglichkeiten der heimischen Industrie erhoben und dabei in vielen Bereichen Potenziale identifiziert, wie künftig Reststoffe noch besser verwertet und in den Kreislauf rückgeführt werden können“, so Pomberger und nennt als Beispiel das aktuelle Forschungsprojekt KIRAMET, das  die bessere Verwertung von Altmetallen zum Ziel hat. „Schrott ist nicht gleich Schrott, sondern enthält eine Vielzahl unterschiedlichster Metalle und Legierungen wie Nickel, Chrom oder Molybdän. Wir arbeiten an technologischen Lösungen, um diese noch gezielter sortieren und verwerten zu können.“

Der dritte Problembereich: Plastik. „Bei Kunststoff haben wir die größte Herausforderung, was die Umsetzung der EU-Recyclingquoten betrifft. Bis 2025  sollten wir 50 % stofflich recyceln. Derzeit sind wir etwa bei der Hälfte. Und das nur im Verpackungsbereich. Gemessen an der gesamten Kunststoffabfallmenge von rund einer Million Tonnen jährlich, liegt der Wert noch niedriger. Hier braucht es größte Anstrengungen, um voranzukommen“, so Pomberger. „Das Flaschenpfandsystem wird einen Beitrag leisten sowie auch die immer leistungsfähigeren Sortieranlagen.“ Das große Problem seien aber die Multi-Layer-Folien der Verpackungsindustrie – vor allem im Lebensmittelbereich. „Diese bestehen aus unterschiedlichen Kunststoffen und sind schlicht nicht recyclingfähig, auch nicht von den modernsten Anlagen der Welt. Daher ist die Industrie hier  massiv gefordert, sich andere, nachhaltigere Lösungen zu überlegen.“

MÜLL & MENGEN
Das kommunale Gesamtabfallaufkommen der Steiermark betrug im Jahr 2021 rund 614.300 Tonnen bzw. 492 kg pro Einwohner (EW). 
Davon Restmüll/gemischte Siedlungsabfälle: 163.600 Tonnen
Sperrmüll: 46.900 Tonnen
Bioabfall: 75.900 Tonnen
Papier: 94.600 Tonnen
Glas – Verpackungen: 
40.500 Tonnen
Leichtfraktion – Verpackungen: 30.600 Tonnen
Altholz: 49.700 Tonnen

Siedlungsabfälle wie Sperrmüll, Altstoffe, Verpackungen, biogene Abfälle, Problemstoffe, Elektroaltgeräte und Batterien werden separat gesammelt, sortiert bzw. vorbehandelt und einer Verwertung zugeführt. Im Schnitt wurden 2021 rund 62 % (382.041 Tonnen) des gesamten kommunalen Abfallaufkommens einer stofflichen Verwertung (Recycling 40 % / Kompostierung 22 %)  zugeführt. Elektro- und Elektronikaltgeräte, Problemstoffe und Batterien (in Summe 3 %) werden  speziellen Verwertungsverfahren unterzogen. Die verbleibenden 210.522 Tonnen oder 35% werden einer mechanisch-biologischen Behandlung unterzogen und in weiterer Folge überwiegend thermisch verwertet. 

INVESTIEREN MIT HINDERNISSEN
Eine Forderung, die Daniela Müller-Mezin, Fachgruppenobfrau Abfall- und Ressourcenmanagement an der WKO Steiermark, nur unterstreicht. „Ohne Unterstützung der Kunststoff- und Verpackungsindustrie können wir diese Herausforderungen nicht lösen. Die Recyclingfähigkeit von Kunststoffen muss zu einem verbindlichen Kriterium im Produktdesign werden. Angesichts der globalen Dimension des Problems hoffe ich auf ein rasches Umdenken.“ Kreislaufwirtschaft bedeute schließlich, dass alle Beteiligten im Wirtschaftskreislauf ihren Beitrag leisten müssten. „Die Steiermark konnte auch nur aufgrund des Zusammenspiels aller Kräfte zum Vorreiter in der Abfallwirtschaft werden. Ob private Entsorger, das Land, die Industrie, die Umwelttechnikhersteller und natürlich die Bürger – alle müssen mitziehen.“ Gerade jetzt brauche es das Miteinander, um die Kreislaufwirtschaft auf das nächste Level zu bringen. „Der Beitrag der Entsorgungswirtschaft ist beträchtlich: Unsere Branche investiert gerade zig Millionen in neue Sortier- und Aufbereitungsanlagen, um die Vorgaben der EU-Recyclingquoten zu erfüllen.“ Wermutstropfen dabei: die überlangen Genehmigungsverfahren. „Aufgrund von Personalmangel in den zuständigen Abteilungen dauert es oft Jahre bis zur Bescheiderteilung, was dazu führt, dass wir Modernisierungen oder Neubauten nicht durchführen können – zum wirtschaftlichen Schaden der Unternehmen und auf Kosten der Umwelt“, so Müller-Mezin, die aber auch den Silberstreif am Horizont sieht. „Nach jahrelangem Drängen wurde uns nun eine Aufstockung des Personals mit kompetenten Entscheidungsträgern zugesichert. Damit hoffen wir, dass nun endlich Dynamik in diese gesellschaftlich wichtige Zukunftsfrage kommt.“ Auch die WK setze Maßnahmen, um die Verfahren zu beschleunigen. Müller-Mezin: „Wir unterstützen künftig vor allem kleinere, wenig erfahrenere Unternehmen mit einem eigenen Leitfaden, der eine Hilfestellung für die Einreichplanung und die Abwicklung mit der Landesregierung bieten soll.“

Roland Pomberger
Leiter des Lehrstuhls für
Abfallverwertungstechnik
und Abfallwirtschaft an
der Montanuni Leoben

Daniela Müller-Mezin
Fachgruppenobfrau
Abfall- und Ressourcenmanagement
an der WKO Steiermark und Firmenchefin
Müllex /Jerich Trans

ÖKO-INVESTITIONEN MIT HIGHTECH-ANLAGEN
„Ich kenne keinen Betrieb in der Branche, der nicht davon betroffen ist“, bestätigt auch Georg Zuser überlange Verfahrensdauern. „Das ist sicher dem Personalmangel in der Behörde geschuldet. Abhilfe könnten hier in Ausnahmefällen, bis die Kapazitäten vorhanden sind, externe, gerichtlich beeidete Sachverständige schaffen“, macht der Firmenchef der Zuser-Gruppe mit Sitz in Peggau einen konstruktiven Vorschlag. Der Investitionsdruck sei enorm. „Auch wir haben einiges vor. Unsere Gruppe plant Investitionen in eine neue Anlage für die Ersatzbrennstoffproduktion, eine Sortieranlage für Kunststoffe sowie den Ausbau des Ressourcenparks Nord – je eher wir starten können, desto besser.“ Schließlich brauche es immer ausgefeiltere Sortier- und Aufbereitungstechniken in der Abfallwirtschaft. „Unsere Branche wird immer maschinenintensiver. Für sortenreine Sortierungen benötigen wir modernste, hochautomatisierte Anlagen.“ Im Zentrum seiner Unternehmensgruppe steht sowohl die stoffliche als auch die energetische Verwertung des Abfalls. Das stärkste Geschäftsfeld ist die Ersatzbrennstoffproduktion – mit über 100.000 Tonnen pro Jahr. „Damit sind wir ein wichtiger Energielieferant für die Zement- und Papierindustrie.“ 15 Zementwerke in Österreich, Tschechien, Slowakei, Ungarn und Bosnien befeuern ihre Öfen mit den heizwertreichen Brennstoffen aus Peggau sowie Wien, einem weiteren Produktionsstandort der Zuser-Gruppe. Die Herausforderung dabei? „Im Bereich der Ersatzbrennstoff-produktion werden Richtlinien je nach Bundesland unterschiedlich interpretiert. Die Steiermark ist hier im Vergleich zu den anderen Bundesländern besonders streng, was zu einer Wettbewerbsverzerrung führt.“ Auch das Tochterunternehmen Tyrec Altreifenverwertung ist in diesem Bereich tätig – darüber hinaus werden Altreifen auch stofflich verwertet. „Der Gummi wird granuliert und kann in Sportplätzen, bei Flüsterasphalten oder Faltschutzmatten wiederverwendet werden – dabei sind wir österreichischer Marktführer.“

Recycling-Spezialist aus Peggau: Georg Zuser, Firmenchef der Zuser-Gruppe mit rund 200 Mitarbeitern Zuser Gruppe mit Zuser Ressourcenmanagement, Tyrec Altreifenverwertung und der Firma Ehgartner in Graz: Schwerpunkt auf Ersatzbrennstoffe sowie stoffliche Verwertung von privaten, kommunalen und gewerblichen Abfällen

Eine rein stoffliche Verwertung betrifft auch das Altpapier, das Zuser-Tochter Ehgartner im Großraum Graz sammelt. „Die Preise auf diesem Markt sind ausgesprochen volatil und seit dem Herbst des Vorjahres komplett eingebrochen“, so Zuser. Der Trend bei den Papierqualitäten gehe in eine klare Richtung. „Die Mengen an Verpackungskarton sind rasant gestiegen – zulasten von Zeitungs- oder Magazinpapier. Damit wird die Fracht großvolumiger bei geringerem Gewicht. Und die Verwertungswege sind eingeschränkt: Denn aus Karton kann ich nur noch Karton machen“, so Zuser, der nicht nur in Sortier- und Aufbereitungsanlagen investiert, sondern auch in ökologische Logistik. Noch im Frühjahr dieses Jahres wird der Recycling-Spezialist den ersten Elektro-Lkw im Überlandverkehr einsetzen – auf der Strecke Graz-Peggau-Bruck. „Der Einsatz ist im Vergleich zu konventionellen Lkw eindeutig teurer, aber mir ist es wichtig, frühzeitig eigene Erfahrungen mit E-Mobilität zu sammeln und daraus lernen. Daher haben wir uns für einen Kauf entschieden – auch ohne Förderung, die mehrfach angekündigt, aber nie beschlossen wurde.“

„Sind technologische Vorreiter in der Batterien-Aufbereitung“, so Ralf Mittermayr (l.), CEO der Saubermacher AG Haushalts- und Gerätebatterien sowie E-Auto-Batterien: Bei der Saubermacher-Tochter REDUX Recycling in Bremerhaven können bis zu fünf Tonnen Lithium-Ionen-Batterien pro Stunde aufbereitet werden.

Fachgruppenobfrau Daniela Müller-Mezin pflichtet bei: „Gerade im städtischen Bereich sowie für kürzere Strecken hat ein E-Lkw künftig sicher seine Berechtigung in der Branche – als klimafreundliches und leises Transportmittel“, so die Geschäftsführerin der Firma Müllex/JerichTrans. „Voraussetzung dafür ist die richtige Infrastruktur mit einer leistungsstarken E-Ladesäule, gespeist mit PV-Strom sowie idealerweise einer Speicherbatterie. Da wir in der Firma diese Voraussetzungen erfüllen, haben wir drei Lkw bestellt – allerdings noch mit Vorbehalt. Denn da sich die Kosten für ein Müllfahrzeug bzw. eine LKW-Zugmaschine in diesem Fall verdreifachen, warten wir seit Monaten auf eine Förderzusage, die sich immer wieder verzögert – was ich extrem schade finde. Ich würde mich freuen, wenn auch die öffentliche Hand ihr Bekenntnis für E-Mobilität im kommunalen Bereich unter Beweis stellt.“

„Die Digitalisierung der Abfallwirtschaft nimmt zu“, so Bernhard Konschegg, Standortleiter der FCC Austria in der Steiermark. Die Verfeuerungsanlage der FCC Austria in Zistersdorf

Komptech-CEO Heinz Leitner: „Weltweit sehr gute Nachfrage durch steigende Bedeutung von erneuerbaren Energieträgern.“
Liefert an mehr als 4.000 Kunden in 80 Ländern: Recycling-Anlagen- Pionier Komptech in Frohnleiten.

INTERNATIONALER VORREITER IM BATTERIE-RECYCLING
„E-Mobilität ist gekommen, um zu bleiben. Bei Saubermacher haben wir glücklicherweise schon frühzeitig begonnen, uns mit dem Thema Batterie-Recycling zu beschäftigen“, erklärt Ralf Mittermayr, CEO der Saubermacher AG, einem Pionier in der Aufbereitung von Batterien und Akkus. Das steirische Entsorgungsunternehmen entwickelte ein innovatives Verfahren, das beim Tochterunternehmen REDUX Recycling in Bremerhaven bereits im industriellen Maßstab zum Einsatz kommt. Bis zu fünf Tonnen Lithium-Ionen-Batterien können hier pro Stunde in einem vierstufigen Verfahren – Entladung, Demontage, thermische Vorbehandlung und mechanische Aufbereitung – effizient aufbereitet werden. Die REDUX-Anlage verarbeitet sämtliche Lithium-Ionen-Batterien, Haushalts- und Gerätebatterien ebenso wie E-Auto-Batterien, und verfügt über eine genehmigte Kapazität von 10.000 Tonnen pro Jahr. „Damit setzen wir beim Recycling von Lithium-Ionen-Batterien erstmals industrielle Standards und schaffen eine wesentliche Voraussetzung für echte Kreislaufwirtschaft in diesem Bereich“, so Mittermayr. Die Recyclingquote bei Metallen erreicht 95 Prozent. Die Qualität der Recycling-Metalle wie Nickel, Kobalt, Lithium und Kupfer entspricht dabei jener von Primärrohstoffen. „Aktuell sind die gewonnenen Sekundärrohstoffe zwar noch deutlich teurer als der Primärrohstoff, aber langfristig werden die Aufbereitungskosten durch Produktivitätsverbesserungen auch finanziell wettbewerbsfähig sein, zudem steigt der Bedarf an den knappen Rohstoffen stetig an.“

Schließlich gebe es in Europa keine relevanten Rohstoffvorkommen. „Mehr als 70 Prozent der weltweiten Kobaltversorgung kommen aus dem Kongo – unter den bekannt fragwürdigen Umständen. Daher müssen die einmal eingeführten Primärrohstoffe wie Kobalt, Nickel und Lithium unbedingt zu 100 Prozent im Kreislauf gehalten werden.“ Dementsprechend brauche es gesetzliche Vorgaben, um das Recycling zu verbessern. „Die geplante EU-Batterieverordnung sieht hier verpflichtende Recyclingquoten – sogar auf Elementebene – vor. Das wird die Kreislaufwirtschaft in diesem Sektor weiter vorantreiben und damit auch die Profitabilität verbessern“, erklärt Mittermayr. „Unser Ziel ist Zero Waste. Wir arbeiten einerseits an Second-Life-Projekten und andererseits verbessern wir unseren Recyclingprozess weiterhin Schritt für Schritt, um letztlich 100 Prozent der Rohstoffe aus den Batterien herauszuholen. Mit den steigenden Mengen wird Batterie-Recycling zunehmend zu einem großindustriellen Thema mit ganz neuen Playern. Als Technologieführer sehen wir in dieser Entwicklung große Chancen.“

„Durch Deep-Learning in der Lage, bislang unsortierbares Material zu trennen“, so der Vorstand der Binder+Co-Gruppe: Jörg Rosegger (l.) und Martin Pfeffer. Hightech-Recycling für den Weltmarkt: Sensorbasiere Sortieranlagen für Glas & Co. von Binder+Co aus Gleisdorf

Nicht nur E-Mobilität, auch Digitalisierung ist ein Treiber in der Abfall- und Recyclingwirtschaft und verändert die Branche nachhaltig. Eine echte Chance für Kreislaufwirtschaft bieten vor allem digitale Plattformen, die Käufer und Verkäufer bestimmter Fraktionen vernetzen – wie das erfolgreiche steirische Start-up Schrott24 oder die Handelsplattform für Sekundärrohstoffe SECONTRADE.

GELEBTE KREISLAUFWIRTSCHAFT DANK DIGITALEM MARKTPLATZ
„Wir müssen vom Reden ins Tun kommen“, verleiht Brigitte Reich ihrem Credo Nachdruck. „Alle reden von der Kreislaufwirtschaft und freuen sich, dass die österreichische Kreislaufwirtschaftsstrategie endlich – wenn auch mit Verspätung – beschlossen wurde, aber jetzt geht es um die Umsetzung“, so die Geschäftsführerin von SECONTRADE, einer Online -Handelsplattform für Sekundärrohstoffe. SECONTRADE steht für gelebte Kreislaufwirtschaft. Vor fünf Jahren gegründet, bringt der digitale Marktplatz Anbieter und Nachfrager von Sekundärrohstoffen einfach und effizient zusammen. Gehandelt werden Metalle, Kunststoffe und Glas genauso wie Baurestmassen, Holzabfälle und biogene Reststoffe – und das europaweit. Bisheriges Handelsvolumen: rund 43.000 Tonnen. „Wir sind Teil der UFH-Gruppe, die Elektro-Altgeräte sammelt und verwertet und auch eine eigene Kühlgeräte-Recyclinganlage in Niederösterreich betreibt. Wir kennen daher den Markt und haben gesehen, dass der Handel mit den anfallenden Recycling-Materialien oft – vor allem Metalle und Kunststoffe – noch sehr althergebracht und analog abläuft. Wir haben das Potenzial für eine digitale Plattform erkannt und SECONTRADE gegründet.“ Seither wuchs nicht nur das Portfolio der gehandelten Fraktionen, sondern auch der Kreis der Kunden – auf beiden Seiten. „Sowohl Anbieter von Sekundärrohstoffen als auch produzierende Betriebe und Händler, die diese Rohstoffe nachfragen, nutzen unsere Plattform im zunehmenden Maß“, bestätigt Reich und verweist auf den Mehrwert: „Wir sind einfach, schnell und transparent in der Anwendung. Zudem garantiert die Plattform die ordnungsgemäße Dokumentation aller gehandelten Mengen und einen reibungslosen Geschäftsabschluss mit geprüften Trading-Partnern.

LITHIUM-IONENBATTERIEN
Laut einer Studie des Frauenhofer-Instituts könnten bis 2040 jährlich etwa 
1.500 Kilotonnen (Szenarienbreite 600 bis 2.500 Kilotonnen) gebrauchte Lithium-Ionen-Batterien (LIB) dem europäischen Recycling zugeführt werden. Einen großen 
Anteil daran nehmen Fahrzeugbatterien ein. 
Mittelfristig dürften gebrauchte LIB aus Kleinanwendungen jedoch noch dominierend sein. Ein großer Anteil der Recyclingmengen derzeit sind Produktionsausschüsse aus der LIB-Zellfertigung.

Generell steigt der Anteil der Lithium-Ionen-
Batterien und Akkus stetig – von 35% 
 im Jahr 2019 zuletzt auf 45%. Damit ist fast die Hälfte der Gerätebatterien mittlerweile Lithium-Ionen-Batterien. Die in Österreich in Verkehr gesetzte Menge betrug im Jahr 2021 2.789 Tonnen.

Weiterer Vorteil: Für viele Materialien werden dadurch neue, höherwertige Verwertungsschienen möglich“, so Reich, die ein Umdenken bei den Betrieben ortet. „Immer mehr Abnehmer erkennen, dass sie ihren Bedarf auf unserer Plattform in gewünschter Qualität und Quantität optimal decken können. Gleichzeitig leisten sie damit einen wichtigen Betrag zu Ressourcenschonung und Klimaschutz.“ Beeindruckendes Zahlenmaterial, die die Einsparungen durch die Verwendung von Sekundärrohstoffen illustriert, hat SECONTRADE auf der Web-Plattform aufgelistet – ein Beispiel: In der Aluminiumproduktion werden 80 % der Vormaterialien durch Alu-Schrott (2019: 366.300 Tonnen in Europa) ersetzt – mit einer Energieeinsparung von 95 % gegenüber Primärmaterial. „Der Trend geht eindeutig in diese Richtung. Kreislaufwirtschaft ist das Gebot der Stunde“, so Reich. „Daher sehen wir für SECONTRADE sehr großes Potenzial.“

TOP-TRENDS ÖKOLOGISIERUNG UND DIGITALISIERUNG
Neben dem Klimaschutz durch den vermehrten Einsatz von Sekundärrohstoffen setzt die heimische Recyclingbranche auch darüber hinaus Maßnahmen für einen geringeren ökologischen Fußabdruck. „Ob bei der Tourenplanung oder der Vermeidung von Leerfahrten – wir nehmen unsere Vorbildfunktion im Bereich Nachhaltigkeit sehr ernst und investieren verstärkt in Projekte wie nachhaltige Mobilität, um unseren CO2-Ausstoß zu reduzieren“, erklärt Manfred Grubbauer, Vertriebsleiter von FCC Austria, einem in Zentral- und Osteuropa führenden Abfallwirtschaftsunternehmen mit rund 4.300 Mitarbeitern. In der Steiermark betreibt das Unternehmen fünf Standorte mit knapp 260 Mitarbeitern. Eine Reduktion der Emissionen gelingt durch den Einsatz von LKWs, die mit LNG, Liquefied Natural Gas – also verflüssigtem Erdgas als umweltschonende Alternative zu Diesel – betrieben werden. Zudem hat auch FCC bereits seinen ersten vollelektrischen Abfallsammelwagen im Einsatz. „Der E-LKW emittiert im Fahrbetrieb kein CO2.
Ein weiterer Vorteil ist die signifikante Lärmreduktion.“ Weiterer Megatrend: die Digitalisierung. „Sie hat in unserer Branche in den letzten Jahren stetig zugenommen und stellt einerseits eine Herausforderung dar, eröffnet andererseits auch immense Potenziale“, ergänzt Bernhard Konschegg, Standortleiter der FCC Austria in der Steiermark. „Intelligente Abfallwirtschaft 4.0, Verbesserung der Anlagenperformance durch Robotiksysteme bei der Trennung des Abfalls, verbesserte Touren- und Flottenmanagement-Lösungen oder flexibleres Behältermanagement sind nur einige Schlagworte dazu.“ Auch die Abfallentsorgung in den Haushalten wird durch Digitalisierung unterstützt: Eine eigene Online-Plattform mit dazugehöriger App hilft, die korrekte Mülltrennung bei den Kunden einfacher und effizienter zu gestalten.

Im Umfeld der steirischen Entsorgungswirtschaft entstanden in den vergangenen Jahren Umwelttechnikhersteller, die auf unterschiedlichen Gebieten der Abfallsortierung und -aufbereitung Technologie-Weltmeister-Status erreichten, allen voran Komptech, REDWAVE und Binder+Co.

„Betonstahl und der ihn umgebende Beton können zu nahezu 100% stofflich wiederverwertet werden“, so Markus Ritter vom Stahl- und Walzwerk Marienhütte in Graz.

„Wir müssen vom Reden ins Tun kommen“, so Brigitte Reich, Geschäftsführerin von SECONTRADE, einer Online-Handelsplattform für Sekundärrohstoffe

TECHNOLOGIEFÜHRER AUS FROHNLEITEN
Von Frohnleiten aus entwickelte sich Komptech zum führenden internationalen Anbieter von Maschinen und Systemen für die mechanische und biologische Behandlung fester Abfälle und für die Aufbereitung holziger Biomasse als erneuerbarer Energieträger.

Die Maschinen und Anlagen erreichten bereits mehr als 4.000 Kunden in 80 Ländern der Erde. „Die aktuelle Nachfrage entwickelt sich weltweit sehr gut“, erklärt CEO Heinz Leitner. „Hier spielt die steigende Bedeutung für die Gewinnung sekundärer Rohstoffe, aber auch die Nutzung von erneuerbaren Energieträgern und die Abkehr von fossilen Energieträgern eine große Rolle.“ Getrieben werde dieser Trend durch gesetzliche Rahmenbedingungen wie den Green Deal, aber auch durch das generell steigende Bewusstsein und die aktuell sehr hohen Energiekosten. „Dadurch steigt auch der Bedarf an entsprechender Aufbereitungstechnologie.“ Das globale Engagement steht bei Komptech weiterhin im Fokus. „Zuletzt haben wir das Augenmerk verstärkt auf die Märkte USA, Australien und Brasilien gelegt“, so Leitner. „Insbesondere in Wachstumsmärkten wie Afrika bestehen zurzeit große Herausforderungen in Bezug auf steigende Zinsen und Währungsschwankungen, die die Projektfinanzierung erschweren.“ Unsicherheiten auf den Finanzmärkten seien aber generell weltweit zu beobachten. „Die erhöhten Preise und teils schlechte Verfügbarkeit für Komponenten kommen dann noch dazu. Gemeinsam mit unseren Partnern vor Ort gelingt es uns aber, diese Herausforderungen zu meistern.“

MASCHINEN, DIE DAS „UNSORTIERBARE“ TRENNEN
Überwiegend positiv fällt auch die aktuelle Einschätzung bei Binder+Co aus, einem weltweit tätigen Spezialisten für Aufbereitungstechnik in der Roh- und Wertstoffindustrie sowie in der Verpackungstechnik. „Durch Investitionsanreize vieler europäischer Staaten haben wir in den vergangenen Jahren eine deutliche Anfragetätigkeit verspürt, diese wurde durch höhere Energie- und Personalkosten im Jahr 2022 allerdings wieder etwas gedämpft“, erklärt das Vorstandsduo Jörg Rosegger und Martin Pfeffer. „Derzeit sehen wir großes Potenzial im Altglas-, Metall- und Bauschuttrecycling. Letzteres wird vor allem durch Deponieverordnungen sowie neue sensorische Trennungsverfahren immer attraktiver“, betont Rosegger. Pfeffer ergänzt: „Durch den enormen Anstieg der Energiepreise ist für viele Recycling-Unternehmen der Austausch alter Maschinen interessant. Neues Equipment rentiert sich schnell durch geringeren Energiebedarf, effizientere Ergebnisse und geringere Stillstandzeiten.“ Kurz- bis mittelfristig sehen die beiden in Europa und Nordamerika sehr gute Wachstumschancen, gefolgt von Asien. „Langfristig entstehen auch Potenziale am afrikanischen Kontinent“, so Rosegger. Aktuelle Innovationen aus dem Hause Binder+Co? „Wir setzen weiterhin auf unsere Stärken in der Entwicklung intelligenter Systeme: Das ist zum einen unsere Digitalisierungsplattform b-connected, die Anlagen- und Maschinendaten orts-, zeit- und herstellerunabhängig zur Verfügung stellt“, erklärt Pfeffer. „Zum anderen sind die Sortiersysteme durch Deep-Learning in der Lage, bislang unsortierbares Material wie z.B. im Straßenabbruch Asphalt von Kies zu trennen“, so Rosegger.

Freut sich über die Sammlung von Altspeiseöl in Supermärkten: Christoph Holzer, Geschäftsführer von SPAR Steiermark und Südburgenland.

STEIN, STAHL UND SCHROTT: DER EWIGE KREISLAUF
Auch die bereits angesprochene Industrie optimiert ihre Möglichkeiten, vermehrt Sekundärrohstoffe im Produktionsprozess einzusetzen, permanent. Bestes Beispiel: das Grazer Stahl- und Walzwerk Marienhütte, Österreichs einziger Betonstahlhersteller. 400.000 Tonnen verlassen jährlich das Werk in der Südbahnstraße. „Betonstahl und der ihn umgebende Beton können am Ende ihrer Lebenszeit zu nahezu 100% stofflich wiederverwertet werden“, erklärt Geschäftsführer Markus Ritter. „In demselben Produktionsverfahren und damit emissionsfrei wird das Kunstgestein Hüttenschotter hergestellt. Damit kann Naturgestein im Straßen- und Ingenieursbau ersetzt werden. Beide Stoffströme – Stahl und Stein – ermöglichen somit Bautätigkeit, ohne dass hierfür natürliche Ressourcen abgebaut werden müssen. Diese können beliebig oft recycelt werden – das ist gelebte Kreislaufwirtschaft“, betont Ritter. Darüber hinaus investierte das Unternehmen in den vergangenen Jahren massiv in seine Öko-Bilanz. „Die in der Marienhütte entstehende Wärme wird nicht in teuren Kühltürmen vernichtet, sondern durch das Fernwärmenetz der Energie Graz der Grazer Wohnbevölkerung zur Verfügung gestellt. Rund 10 % der Grazer Fernwärme kommen zu 100% CO2-frei aus der Marienhütte.“

HANDEL IM ÖKO-WANDEL
Schließlich stellt auch der Handel ein wesentliches Glied der Recyclingkette dar, insbesondere der Lebensmittelhandel – der Ort, an dem viele (Kunststoff-) Verpackungen in Verkehr gebracht werden. „Uns sind die Herausforderungen bewusst. Aber ohne Verpackungen wären die Logistik, die Selbstbedienung und das Convenience-Angebot in modernen Supermärkten undenkbar“, erklärt Christoph Holzer, Geschäftsführer von SPAR Steiermark und Südburgenland. „Ganz verpackungsfrei wird der Lebensmittelhandel auch in Zukunft nicht sein. Das heißt aber nicht, dass wir untätig sind – im Gegenteil: SPAR hat sich in einer eigenen Verpackungsstrategie bis 2030 ambitionierte Ziele gesetzt: Verpackungen wo immer möglich zu reduzieren und notwendige Verpackungen recyclingfähig bzw. mit zunehmendem Recyclat-Anteil zu gestalten.“ Auch im Bereich Mehrweg-Verpackungen möchte SPAR ökologisch vorangehen. Holzer: „Diese sind im Sinne der Kreislaufwirtschaft eine der umweltfreundlichsten Verpackungsmöglichkeiten, sofern die Mehrweg-Kreisläufe regional gehalten werden. Daher bietet SPAR allen Kundinnen und Kunden diese Möglichkeit – im Branchenvergleich liegt der Umsatzanteil von Bier, Mineralwasser, Fruchtsäften und Limonaden in Mehrweggebinden im Vergleich zu Einweg bei SPAR jeweils deutlich über dem Branchen-Durchschnitt.“ Jüngste Recycling-Initiative des Lebensmittelhändlers: die Sammlung von Altspeiseöl in den Märkten. Dafür kooperiert SPAR mit dem heimischen Start-up „E&P UCO-Recycling“ (UCO = Used Cooking Oil /Altspeiseöl), das ein weltweit patentiertes Sammelsystem für Altspeiseöl aus Haushalten entwickelte. „Wir stellen den Platz für die Aufstellung der Sammelautomaten in ausgewählten Standorten zur Verfügung und ermöglichen unseren Kunden damit das Recycling von Altspeiseöl dort, wo die Wege des täglichen Lebens vorbeiführen, nämlich beim Einkaufen im Supermarkt“, betont Holzer.

FOTOS: OLIVER WOLF, JIMMY LUNGHAMMER, BEIGESTELLT, Binder+Co,

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