Spirit of Styria

DIGITALISIERUNG, what else?

Dass auch ein mittelständisches steirisches Unternehmen digital ziemlich groß denken  und damit höchst erfolgreich werden kann, beweist die Auktionsplattform der „Aurena GmbH“ mit Sitz im obersteirischen Niklasdorf. Kaufhaus Österreich und Co, schaut’s oba!

Eine kurze Umfrage im Bekanntenkreis bestätigt: Gefühlt kaum jemand, der noch nicht auf der Auktionsplattform „aurena. at“ zugeschlagen hätte. Jüngst gelangten – überaus publikumswirksam – ganze Büroeinrichtungen aus dem Fundus insolventer Signa-Unternehmen zur Auktion. Insgesamt entspringen die zur Versteigerung stehenden Güter den unterschiedlichsten Quellen: von der privaten Verlassenschaft oder Haushaltsauflösung über Lagerräumungen und Geschäftsauflösungen bis hin zu Insolvenzen. Nichts, was es nicht gäbe – von der Fußmatte bis zum Mähdrescher. Über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt Aurena mittlerweile. Im laufenden Geschäftsjahr steht bei zuletzt regelmäßig ca. 25 Prozent Wachstum per anno ein Umsatz von rund 100 Millionen Euro auf dem Spickzettel.

Aurena
Im Jahr 2012 vom Obersteirer Karl Kühberger gemeinsam mit seiner damaligen Frau als Präsenzauktionshaus gegründet. Bereits 2013 wurden die ersten Schritte Richtung Online-Auktionen gesetzt. 2018 wurde die Plattform aurena.at gelauncht.
 
Heute beschäftigt die Aurena GmbH mit Sitz in der Depotstraße 2 in Niklasdorf bei Leoben über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und erwartet für das laufende Geschäftsjahr einen Umsatz von ca. 100 Mio. Euro. Insgesamt sind weit über 200.000 Bieter aus ca. 30 Nationen registriert. Auch der Auktionsmarkt erstreckt sich längst über die Grenzen Österreichs hinaus und soll laufend erweitert werden. Das Unternehmen befindet sich zu 100 Prozent im Besitz des Gründers Karl Kühberger.

Der Sitz des mittlerweile zur „Aurena Group“ diversifizierten Unternehmens zwischen Bundesstraße und Bahn ruft uns in Erinnerung, dass sich noch vor wenigen Jahrzehnten alles Wirtschaften weitestgehend „analog“ vollzog; materiell, stationär – wie auch immer wir es nennen mögen. Und auch heute kann eine gute Verkehrsanbindung kein Fehler sein: Auf dem Firmenparkplatz stehen Dutzende mit dem Firmenlogo gebrandete Pkw, deren Funktion sich uns auf diesen ersten Blick noch nicht erschließt. Das in der architektonisch eher schmucklosen Umgebung durchaus zeitgenössisch wirkende hallenartige Objekt in der Depotstraße 2 mag zwar noch einiges an Lagerflächen bieten, doch im Obergeschoss reiht sich Büro an Büro, dazwischen Chill-Areas. Alles schön hell und betont freundlich. Es wird spürbar ins Arbeitsklima investiert. Jürgen Blematl, Technikchef des Unternehmens und unser Gesprächspartner, schnappt sich einen der Besprechungsräume. Er habe hier, erwähnt er, nämlich gar kein fixes Büro. Sein Tech-Team, aktuell 16 hochqualifizierte IT- und Software-Fachleute, sei über ganz Europa verstreut – von Großbritannien etwa über Deutschland bis nach Kroatien. „In Leoben gibt’s zwar einen Meetingroom, de facto arbeiten wir jedoch remote.“

DIGITALER WANDEL
Dabei hatte einst alles ganz konventionell, sprich analog, begonnen. Der Obersteirer Karl Kühberger hatte Aurena 2012 als Präsenzauktionsunternehmen gegründet, nachdem er jahrelang im An- und Verkauf von gebrauchten Gütern, vorwiegend Fahrzeuge und Maschinen etwa aus Leasing- oder Insolvenzbeständen, tätig gewesen war. Die Versteigerungen seien vor Ort – unter anderem in angemieteten Kinosälen – über die Bühne gegangen. Bereits 2013 fiel die Entscheidung, auch Onlinegebote zu ermöglichen, um damit ein breiteres Publikum ansprechen und größere Volumina bewegen zu können. Dabei sei anfangs auf fertige Lösungen von Drittanbietern zurückgegriffen worden.

Die Digitalisierung des Auktionshauses war die Schnittstelle, über die Blematl zu Aurena stieß. Er sei damals mit seinem Beratungsunternehmen „radwerk15“ als externer Dienstleister in die Neuformatierung der Prozesse involviert gewesen. Blematl, Jahrgang 1986 und gebürtiger Leobener, hatte an der dortigen Montanuniversität ein Studium der Industrielogistik absolviert, danach bei Volkswagen im niedersächsischen Wolfsburg sowie am malaysischen Standort des nordrhein-westfälischen Spezialdrahtherstellers Elektrisola international Erfahrung gesammelt. Schon während des Studiums hatte er sein Beratungsunternehmen gegründet. Dessen Schwerpunkt: Unternehmens- und Markenentwicklung sowie Entwicklung digitaler Produkte. „Es geht“, erklärt Blematl „in meiner Arbeit in der Regel um eine Kombination beider Bereiche: Marken-, Unternehmens- bzw. Standortentwicklung auf der einen Seite, Technik, sprich Digitalisierung auf der anderen.“ Nicht selten seien jedoch die in den Beratungen herausgearbeiteten Potenziale aus unternehmenspolitischen Motiven gar nicht oder nur marginal realisiert worden. „Es war nicht immer sehr befriedigend, erkennen zu müssen, dass die Ergebnisse in irgendwelchen Schubladen verschwanden.“

Aurena-Tech-Head
Jürgen Blematl,
das digitale Mastermind
des erfolgreichen Unternehmens, ist seit 2014 dabei.

USER-PERSPEKTIVE
Anders bei Aurena. Hier habe sich nämlich, lässt Blematl den Beratungsprozess Revue passieren, im Zuge der Marktanalysen nicht nur relativ rasch herausgestellt, dass eine Online-Auktionsplattform enormes Potenzial in sich berge. Der Eigentümer Karl Kühberger habe sich auch dafür entschieden, dieses Potenzial vorbehaltlos zu heben. Eine Herangehensweise, für die neben unternehmerischem Weitblick auch entsprechender Mut erforderlich gewesen sei; immerhin sei es nicht bloß um weitreichende strategische Entscheidungen, sondern über die Jahre auch um Investitionen in Millionenhöhe gegangen. „Ein großes Softwareentwicklungsprojekt“, betont Blematl, „das mit entsprechenden, vor allem personellen Ressourcen ausgestattet werden musste. 2015 begannen wir mit der Entwicklung einer eigenständigen Plattform, 2018 gingen wir online.“

Wir sind die Profis, wenn es darum geht, große Mengen an Gütern in kurzer Zeit zu versteigern.

JÜRGEN BLEMATL, AURENA-TECH-HEAD

Neben dem eigens aufgebauten Inhouse-Tech-Team wurde auch ein externes Softwareentwicklungsunternehmen einbezogen – einfach um das Risiko von Fehlern zu minimieren. Denn die Aufgabe sei, so Blematl, durchaus herausausfordernd und komplex gewesen: die Entwicklung einer Enterprise-Resource-Planing-Software (ERP-Software), die alle logistischen und monetären Prozesse abbildet, zugleich radikal aus der Perspektive potenzieller User designt ist und diesen ein gegenüber herkömmlichen Lösungen disruptiv neuartiges Auktionserlebnis bieten sollte – nämlich „das beste“, so der Anspruch des Unternehmens. Und genau das sei auch der Punkt. Usability, konstatiert der Aurena-Tech-Head mit Blick auf die österreichische Digitalisierungslandschaft, werde zwar bei allen möglichen Projekten gerne im Mund geführt, doch wirklich kompromisslos von der User-Experience her konzipiert seien eben nur die wenigsten.

Aurena-Gründer Karl Kühberger (l.) und Jürgen Blematl: „Es geht immer um das Auktionserlebnis.“

Kuratiertes Business: Über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen im Headquarter, aber auch vor Ort bei den Auftraggebern dafür, dass die Auktionen reibungslos über die Bühne gehen.

PROGRAMMIERTER ERFOLG
„Das Konzept für aurena.at hingegen haben wir von Anfang an userzentriert aufgesetzt, das System dann Schritt für Schritt unter diesem Gesichtspunkt entwickelt und die Usererfahrung auch immer wieder abgefragt und getestet.“ So sei es gelungen, den Echtzeit- und Erlebnischarakter, den Nervenkitzel einer reinen Präsenzauktion in den virtuellen Raum zu übertragen. „Wir waren“, geht Blematl technisch ins Detail, „eine der ersten Single-Page-Anwendungen im europäischen E-Commerce-Bereich – damals noch mit dem Risiko, von Google nicht gefunden zu werden. Wir haben uns trotz des Suchmaschinenrisikos bewusst für diesen Weg entschieden, eben weil er uns diese Gamifikation und damit auch ein packendes Real-Time-Auktionserlebnis ermöglichte – und die Entwicklung hat uns recht gegeben.“

Der Erfolg der steirischen Auktionsplattform war also im wahrsten Sinne des Wortes (vor)programmiert. Doch auch weitere strategische Positionierungen hätten maßgeblich dazu beigetragen, dass die Plattform mittlerweile Marktführer im digitalen Auktionsbusiness in Österreich sei, auf weit über 200.000 registrierte Bieter aus rund 30 Ländern verweisen könne und auch jenseits der österreichischen Grenzen, etwa in Deutschland, der Schweiz und Südtirol, immer häufiger für Auktionen herangezogen werde. So rühre ein Gutteil der Überzeugungskraft, die aurena.at mittlerweile international zum Selbstläufer gemacht habe, aus dem Umstand, dass die Plattform kuratiert werde. Mit Argusaugen werde so darauf geachtet, dass das Auktionserlebnis nicht verwässert und die Plattform nicht etwa als Onlinemarktplatz zweckentfremdet werden könne. „Es geht immer um das Auktionserlebnis“, betont Blematl. „Wir sind die Profis, wenn es darum geht, große Mengen an Gütern in kurzer Zeit zu versteigern.“

HYBRIDGESCHÄFT
Ob bei Auftragsauktionen etwa nach Insolvenzen, Geschäftsauflösungen oder zur Lager-, Fuhr- oder Maschinenparkbereinigung, die, so Blematl, etwa drei Viertel des Versteigerungsvolumens ausmachen würden, oder bei privaten Haushaltsauflösungen: Überall seien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter maßgeblich miteinbezogen – von der Akquise über die Bewertung bis zur Inventarisierung. Womit auch das „Rätsel“ des eingangs erwähnten Aurena-Fuhrparks gelöst wäre. Bestimmter Themenfelder nehme sich im Übrigen nach wie vor der Gründer Karl Kühberger persönlich an, der, wie Blematl anmerkt, bei der Begutachtung von Einzelobjekten, aber auch ganzen Beständen über ein verblüffendes Einschätzungsvermögen verfüge.

Die Präsenz dieses Gründergeistes in der neu gefundenen digitalen Führungsrolle mache das Aurena-Geschäftsmodell auch so einzigartig und erfolgreich, ist Blematl überzeugt. „Das ist das Faszinierende an Aurena, es ist ein Hybridgeschäft; digital – und doch zum Angreifen. Es braucht beides: die handfesten Prozesse vor Ort; und die digitalen Tools, um in die Breite skalieren zu können.“ Nichts werde entwickelt, bringt Blematl seine Tech-Agenda noch einmal auf den Punkt, „von dem wir nicht bereits im Vorhinein wissen, dass es einen Mehrwert bringt – für Bieterinnen und Bieter, Auftraggeberinnen und Auftraggeber oder für uns und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das ist unser Job: Es soll noch einfacher, noch effizienter, noch besser skalierbar sein.“

Jürgen Blematl
fungiert seit 2014 als Leiter der digitalen Entwicklung. Mit seinem derzeit 16-köpfigen internationalen Entwicklungsteam ist er für die gesamte digitale Ausrichtung des Unternehmens verantwortlich. Daneben führt er nach wie vor das schon während seines Studiums (Industrielogistik) an der Montanuni Leoben gegründete Beratungsunternehmen „radwerk15“. 
Innerhalb der Aurena-Gruppe verfügt Aurena Tech über den Status einer Unternehmensdivision mit eigenem Auftritt. 
www.aurena.group
www.aurena.at
www.aurena.tech

Fotos: AURENA/BEIGESTELLT

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