Spirit of Styria

Ein Ort, der NIE STILLSTEHT

Roberto Grill gründete 2021 in der Bürgergasse im Herzen der Grazer Altstadt die gleichnamige Galerie Grill. Im Interview erzählt der Galerist über die Anfänge inmitten der Coronapandemie, warum er sich hauptsächlich auf zeitgenössische Malerei junger Künstler konzentriert, verrät, welche Strahlkraft der Kunststandort heute noch nach außen besitzt und gewährt Einblick in Zukunftspläne.

Die Galerie Grill wurde 2021 gegründet und konzentriert sich hauptsächlich auf zeitgenössische Kunst. Wie kam es zur Gründungsidee?
ROBERTO GRILL: Mein Interesse für die Kunst wurde schon früh geweckt und entstand durch eine zufällige Begegnung: Als ich nach meiner Ausbildung an der Ortweinschule für Grafikdesign in einer Werbeagentur zu arbeiten begann, kam ich über meinen damaligen Chef Sigi Faschingbauer, der auch künstlerisch tätig war und Ausstellungen gemacht hat, mit Kunst in Berührung. Ich habe durch ihn Künstler wie Günter Brus getroffen und viel über Kunst gelernt. Was damals noch eher selten war: Ich begann in meinen Zwanzigern, Werke von jungen Künstlern und Künstlerinnen zu sammeln. Mein Motto: Jedes Jahr ein Bild. Doch irgendwann habe ich mich gefragt: „Will ich mich nur persönlich damit auseinandersetzen, oder den Zugang zur Kunst auch einem breiteren Publikum ermöglichen und vom Privaten loslösen?“ Und da traf es sich gut, dass die Galerieräumlichkeiten am jetzigen Standort frei wurden. Meine spontane Reaktion? Ich mache eine Galerie auf, um Künstlern und einem kunstinteressierten Publikum einen Raum zu bieten!

Von Anfang an lag der Fokus auf zeitgenössischer Malerei, Zeichnung und am Rande Fotografie und darauf, jüngere Künstler und Künstlerinnen auf ihrem Weg zu unterstützen.

ROBERTO GRILL, Galerist

Die Galerie eröffnete während der Coronapandemie. Wie haben Sie diese Zeit gemeistert?
Das war zugegeben eine spannende Zeit. Ich gab mir selbst drei Monate vom Unterschreiben des Mietvertrages bis zur Eröffnung und der ersten Ausstellung. Glücklicherweise fielen die ersten Ausstellungen in jene Zeitfenster, in denen kein Lockdown war. Während der Pandemie, als viel spazieren gegangen wurde, konnte man beim Vorbeigehen durch die großen Schaufensterflächen mehr oder weniger die ganze Galerie einsehen. In regelmäßigen Abständen habe ich die ausgestellten Bilder gewechselt, parallel wurden im Onlineshop Kunstwerke angeboten. Langsam wurde das Interesse geweckt und immer mehr Menschen sind anfangs entweder über Telefon und Mail mit mir in Kontakt getreten, oder, als es schon wieder erlaubt war, persönlich hergekommen, um sich die Arbeiten in Natura anzusehen.

Bis zu vier Ausstellungen zeigt die Galerie Grill pro Jahr in der Grazer Bürgergasse

Es werden hauptsächlich junge Nachwuchskünstler aus Österreich gezeigt. Wodurch ergab sich dieser Fokus, und wie sieht die Zusammenarbeit mit den Künstlern aus?
Von Anfang an lag der Fokus auf zeitgenössischer Malerei, Zeichnung und am Rande Fotografie und darauf, jüngere Künstler und Künstlerinnen auf ihrem Weg zu unterstützen – sozusagen die Grundidee der Galerie. Die Zusammenarbeit mit den Künstlern beruht auf der Basis, dass ich die Künstler, die oft noch einen Brotjob haben und in der verbleibenden Zeit auch ihrer Kunst nachgehen wollen, bei der Präsentation, Vermarktung und dem Verkauf ihrer Kunst helfe. Die Grundlage der Zusammenarbeit ist gegenseitiges Vertrauen und Interesse. So ergaben sich Synergien, wie es etwa bei Georg Dinstl und Nicole Wogg der Fall ist. Ich sehe mich in der Position des Vermittlers.

Nach welchen Kriterien werden Nachwuchskünstler ausgewählt?
Für mich stehen künstlerischer Anspruch, die Eigenständigkeit und vor allem die Professionalität der Arbeit im Vordergrund. Das fängt damit an, wie der Künstler, die Künstlerin im Atelier arbeitet, die eigenen Bilder archiviert. Gibt es Professionalität in der Umsetzung, in der Materialkunde? Denn wenn sich das Werk nach kurzer Zeit aufzulösen beginnt, da die technische Komponente fehlt, ist niemandem damit geholfen. Was für mich auch dazu gehört, ist eine breite Auseinandersetzung mit der Kunst. Dadurch kann ich Käufern Hintergründe zu Künstler und Werk vermitteln und so ein breiteres Verständnis des Werkes beim Kunden schaffen.

Roberto Grill
geboren in Eisenerz
Ausbildung an der
Ortweinschule für Grafikdesign
10 Jahre als Grafik-Designer in namhaften Werbeagenturen tätig,
seit 2005 selbstständig

Wer sind die Kunden der Galerie Grill?
Die Galerie besetzt keinen bestimmten Markt und bedient auch nicht den klassischen Kunsthandel, da ein einfacher, unkomplizierter Zugang zur Kunst geschaffen werden soll. Deshalb kommen auch immer mehr junge Leute zu mir, die Kunst kaufen und aufgrund der Inflation vermehrt in Kunst investieren. Sammlerstücke von renommierten Künstlern stehen nicht im Vordergrund, eher eine kleine Auswahl an Werken von Künstlern, die man persönlich kennt und hinter denen man stehen kann. Und diese persönliche Komponente schätzen auch Besucher, die noch wenig Berührungspunkte mit Kunst hatten.

Ziel der nächsten Jahre ist die Positionierung auf Kunstmessen und Umsetzung hochwertiger Ausstellungen mit Künstlern wie Hans Peter Perner.

ROBERTO GRILL, Galerist

Die Kunstszene in Graz besitzt eine lange Historie. Graz wurde vor allem in den 1960ern als österreichisches Zentrum der Avantgarde in Literatur, Musik und Kunst einem internationalen Publikum bekannt. Welche Strahlkraft besitzt Graz als Standort heutzutage nach außen und innen?
Es ist oft zu sehen, dass sich viele Künstler und Künstlerinnen nicht mehr so stark mit der Historie von Graz auseinandersetzen, sondern dass sich heute der Horizont durch technische Möglichkeiten wie Soziale Medien globalisiert und weniger ortsgebunden ist. Der Weg für junge Künstler, auch außerhalb Österreichs an Kunstmärkte anzudocken, ist wesentlich einfacher geworden. Es gibt verstärkt internationale Einflüsse von außen, was es Künstlern erleichtert, neue Impulse für ihre Werke zu finden, die eigene Kunst weiterzuentwickeln und irgendwann einen eigenständigen Stil zu finden. Zwar zeigen sich gerade in der jungen Szene in Graz immer wieder Trends, jedoch ist die Kunst sehr divers und individuell, was eine spannende Entwicklung ist.

Wenn wir von Entwicklung sprechen: Was ist in Zukunft geplant? Wie will sich die noch junge Galerie Grill in Zukunft am Kunstmarkt positionieren?
Es wäre noch zu früh, von einem geschärften Galerieprofil zu sprechen, aber das Ziel der nächsten Jahre ist, mit dem umfangreichen Pool an Künstlern weiterhin qualitativ hochwertige Ausstellungen zu konzipieren und umzusetzen. Ein nächster Schritt für das kommende Jahr ist die Positionierung auf Kunstmessen wie die Spark Art Fair Vienna 2024 und die Parallel Vienna. Für nächstes Jahr sind Einzelausstellungen, unter anderem mit Georg Dinstl und Hans Peter Perner, geplant. Zuerst jedoch steht die aktuelle Ausstellung im Vordergrund.

Sigi Faschingbauers „Eineswegs“. Genau. Die Werke der Ausstellung, die noch bis 28. Oktober zu sehen sein werden, basieren auf einer Geschichte aus einem Lesebuch, aus dem Inhalte gefiltert werden und vom Künstler gestisch in skripturale Malerei auf Leinwand und Papier umgesetzt werden. Damit treten nicht nur unterschiedliche Kunstformen miteinander in Dialog, sondern über die Ausstellung wird auch ein Austausch zwischen Künstlern, Kunstliebhabern und Experten ermöglicht. Und das wiederum trägt zur kulturellen und künstlerischen Vielfalt in Graz bei. Ein Ziel, das die Galerie zukünftig noch stärker verfolgen wird.

Galerie Grill
Galerie für zeitgenössische Gemälde, Druckgrafiken, Skulpturen und Fotografie, gegründet 2021
Die Galerie Grill ist Teil des Umfeld Palais Trauttmansdorff, bestehend aus Room of Fine Arts, esc medien kunst labor und Grazer Kunstverein 

Ausstellungs-Highlights: 10/2021: from structure to surface: Linda Ebert (NOR/ DE), David Reumüller (AT), Gunther Skreiner (AT/PT), Esther Stocker (IT/AT) 9/2022: Monica Kus-Picco (AT/BRA) · FLOATING 5/2023: Klaus Mosettig · Typeface Corona
Aktuelle Ausstellung „Sigi Faschingbauer – Eineswegs“ bis 28. Oktober 2023 https://galeriegrill.com

Folgt uns

Tretet mit uns in Kontakt, folgt uns auf unseren Social Media Kanälen. Wir freuen uns!