Spirit of Styria

HUMORVOLLE SEELENKERAMIK im phantastischen Kunstzirkus

Der steirische Künstler Gregor Fauland entzieht sich mit seinem vielgestaltigen Werk aus keramischen Figuren gängigen Gattungseinordnungen. Seine Werke changieren zwischen traditioneller Formensprache und Abstraktion und greifen humoristisch innere Emotionen und äußere Welteinflüsse auf. Ein Gespräch über den Kunstmarkt als Zirkus, das Naturmaterial Ton als ursprünglichsten aller Werkstoffe und die Wichtigkeit, Unvollkommenheit zuzulassen – in der Kunst und im Leben.

Kunst will verstanden, bewundert, ja, kritisiert werden – aber nicht belacht. Humoristisches, Komisches hatte es in einer so ernsthaften Domäne wie der Kunst immer schon ein bisschen schwerer. Wurde vor ein paar Jahrhunderten noch das Sakrale und Geistige vorangestellt, überwiegt in der modernen Kunst nicht selten das wirtschaftliche Moment. „Für Andy Warhol galt, ein gutes Geschäft zu machen, als beste aller Künste“, schmunzelt der steirische Künstler Gregor Fauland und schüttelt den Kopf: „Ich bin froh, die Freiheit zur kreativen Selbstexpression, der Kommunikation von Ideen und Gefühlen und der Kommentierung von gesellschaftlichen Themen über das Vehikel der Kunst zu haben.“ Diese Gefühle sollen die bunten, lebendig wirkenden Skulpturen und Objekte Gregor Faulands nach dem Motto „L’art pour le plaisir“ an ihre Umgebung weitergeben. Die vielgestaltigen Arbeiten reichen von traditionellen Formen der Darstellung bis zur Abstraktion. Verbunden sind sie durch humoristisches Augenzwinkern. Fauland will aufzeigen, ohne mit dem Finger draufzuzeigen: „Meine Figuren interpretieren die Unvollkommenheit unseres Lebens. Diese Unvollkommenheit“, so Fauland, „ist ihnen allein schon durch das Material eingeschrieben: brüchiger Ton.“

Gregor Fauland
Keramiker, Maler, Fotograf, Bildhauer, Galerist und Kurator

DER TON GIBT DEN TON AN
Konzentrierte sich der Künstler früher vorwiegend auf Malerei und Zeichnung, so steht seit seiner Ausbildung für Keramische Formgebung an der Ortweinschule Graz im Jahr 2014 Dreidimensionales im Vordergrund. „Keramik ist das ideale Material, um meine Gedanken in den Raum zu setzen. Damit zu arbeiten, setzt Fingerspitzengefühl voraus. Man braucht Geduld. Durch die Beschaffenheit und Formbarkeit des Materials kann man fast alles damit machen. Die Werkstoffe Ton und Lehm in ihrer einfachsten Form zu verarbeiten und in Verbindung mit Naturrohstoffen so zu brennen, dass man die Gewalt und die Kraft dieser naturgegebenen Energie spüren kann – das ist die treibende Kraft meines künstlerischen Schaffens. Dass langsam aus einer anfänglichen Idee ein Objekt entsteht, das durch unseren Tastsinn körperlich, also haptisch, und damit sinnlich erfahrbar wird, ist für mich wie eine Therapie“, sagt Fauland, der seine Kunst aus diesem Grund als „Seelenkeramik“ bezeichnet. „Ich halte mich für einen sensiblen Menschen. Früher, in meiner Jugend, habe ich Emotionen und Erlebnisse wie Herzschmerz wegen einer unerfüllten Liebe noch in düsteren Bildern verarbeitet. Heute hinterfrage ich festgefahrene Strukturen und breche diese auf; über Humor und eine spielerische Gestik und Mimik meiner Figuren.“

Für Gregor Fauland steht die individuelle Persönlichkeit einer Figur im Zentrum. Jedes Werk ist ein Unikat und besitzt ein bestimmtes Merkmal, durch welches sich beim Betrachter ein Sinn erschließt. „Oder im besten Fall ein positives Gefühl, ein Lachen. Und indem ich dadurch Hoffnung weitergebe, ergibt dieses positive Gefühl für mich einen Sinn im Leben“, sagt der Familienvater, der seine Frau als „erste Kritikerin“ sieht: „Wenn sie über eine Figur lacht, habe ich eine positive Emotion erreicht“, schmunzelt Fauland, der Künstler wie Maurizio Cattelan als Vorbild und Inspiration nennt. Aber wo bekanntlich Licht ist, ist auch Schatten. Ganz besonders beim Modellieren mit Ton.

Die Extrudate Gregor Faulands erwecken je nach Lichteinfall unterschiedliche Spiegelungen, Texturen und Assoziationen.

DER BRUCH ALS SOLL
Bevor ein Werk zwischen Licht und Schatten, zwischen Oberfläche und Struktur oder Harmonie und Dissonanz oszillieren kann, stellt sich die Frage: „Ist es ganz oder zerbrochen, wenn ich es aus dem Brennofen nehme?“, so Fauland, „und folgt darauf demnach Freude oder ein Schlag in die Magengrube?“ Meist überwiegt das Gefühl der Euphorie, doch spricht Fauland auch von Rückschlägen, in denen er sich sammelt und eine künstlerische Auszeit nimmt. „Doch gerade daraus ergeben sich dann neue Impulse, indem ich etwas wage, einen Schritt in eine noch unbekannte Richtung gehe“, so Fauland, der ein Beispiel nennt: „In einer Ausstellung namens „nackt“, die ich gemeinsam mit Prof. Curt Dautermann und Schülern aus der 5. Klasse der HTBLVA Graz-Ortweinschule konzipierte, wurden keramische Objekte auf natürliche und unverfälschteweise – eben nackt – mithilfe eines Koksbrandofens erzeugt. Ein Objekt daraus wurde beim Brand zerstört. Wir haben es trotzdem ausgestellt. Laut Publikum wurde es eine unserer besten Arbeiten. Denn wir zeigten, dass auch Dinge zu Bruch gehen können, dass nicht immer alles funktioniert. Dieses „Entblößen“ eines kaputten Objektes, es nicht zu verstecken, ist eine wichtige Lehre, im Leben wie in der Kunst“, sagt der Künstler.

„Angelehnt an
Michelangelo, dessen
David schon immer im
Marmor war, entstehen
meine ‚Extrudate‘
aus einem Tonziegel –
Schicht für Schicht.“

GREGOR FAULAND
KÜNSTLER

Gregor Fauland wagte sich erst 2006 an die Öffentlichkeit. „Nicht, weil ich mich verstecken wollte, sondern weil ich Skrupel hatte, mich dem Kunstmarkt zu stellen. Wenn Kunstwerke Rekordpreise bei Sammlern erzielen, sind das Phantasiepreise, die mit Spekulationen an der Börse vergleichbar sind. Natürlich freue ich mich für Künstler, die von ihrer Kunst leben können. Es ist aber in vielen Fällen nicht mehr nachvollziehbar. Es ist fast wie ein Zirkus.“

Gregor Fauland entzieht sich bewusst gängigen Zuschreibungen. Das zeigt sich nicht zuletzt an seinem Oeuvre, das strikt in Zyklen eingeteilt ist. „Ich kann nicht zu lange bei einer Sache bleiben. Das wurde mir schon oft angekreidet – nicht erkennbar zu sein wie zum Beispiel ein Hundertwasser. Wo wir wieder beim Kunstmarkt wären“, lacht Fauland.

Gregor Fauland
Geboren 1968 in Murau. Lebt und arbeitet in Graz seit 1986.
Meisterklasse für Keramische Formgebung Ortweinschule Graz 2014/2016

Gründung „Studio Fauland“ am Lendplatz 24/Am Damm 1, 8020 Graz. 
Das Studio ist jeden ersten Samstag im Monat von 10:00 – 13:00 geöffnet und bietet Raum zum künstlerischen Austausch: „Keramik-Kaffee – Treffpunkt für investigative Keramik!“

ENTARTETE TROPHÄEN
Große Anerkennung fand Faulands vorletzte Ausstellung „Trophäenschau“ 2022. Humoristisch, jedoch mit ernster Aussage, zeigte er imaginierte Funde vergangener Zeiten, der Gegenwart und der Zukunft. Unter ihnen Fabelwesen, Coronaviren und Monster. „Gilt die Trophäe als Zeichen des Sieges, des Stolzes, der Macht und als Inbegriff des Jagens, sollten meine Trophäen auf den menschgemachten Einfluss des Artensterbens aufmerksam machen“, erklärt der Künstler. Aktionistisch ließ er sich dabei fotografieren, wie er seine Wesen aus dem Murschlamm herauszog und ihr Auftreten mit dem Murkraftwerk in Verbindung brachte. Später wurden die Köpfe im Rahmen der Ausstellung an die Wände seines „Studio Fauland“ gehängt und mit lateinischen Phantasienamen versehen. Die Botschaft kam an: „Viele Besucher hatten ernste, nachdenkliche Gesichter.“

Die humorvoll gestaltete Trophäenschau
soll durchaus ernsthaft zum Nachdenken
über das Artensterben anregen.

GESTALT AUS DEM ZIEGEL
Eine völlig andere Botschaft transportiert Gregor Faulands jüngste Ausstellung „Extrudate“: Extrudate sind formbare, dickflüssige Massen, die unter Druck kontinuierlich aus einer formgebenden Öffnung herausgepresst werden, wodurch Profile mit komplexen Querschnitten hergestellt werden können, wie z.B. keramische Hohllochziegel. Diesen technisch und industriell produzierten Formteilen haucht Gregor Fauland neues Leben ein, indem er den gitterförmigen Kern von der äußeren Hülle trennt. „Bei den Extrudaten habe ich mich an Michelangelo orientiert: Er sagte, sein David war immer schon im Stein. Er hat ihn nur freigelegt. So war es auch bei den Keramikziegeln, die die Form vorgaben, und aus denen ein Objekt entsteht. Das ist wie bei der weißen Leinwand. Wenn du nicht weißt, wie du anfangen sollst, gibst du mal einen Klecks drauf und fängst von diesem Startpunkt aus an. Bei den Extrudaten verhält es sich ähnlich. Ich trage die erste Schicht ab, bis nach mehreren abgetragenen Schichten die Figur erscheint.“ Womöglich ist es genau das, was Faulands Kunst beschreibt – einen Gedanken über ein Objekt begreifbar zu machen. Und welcher Gedanke das als nächster ist? Fauland: „Das wird die Zukunft weisen. Alle meine Projekte entwickeln sich durch die permanenten Einflüsse aus meiner unmittelbaren Umgebung.“

Ausstellungen und Projekte (Auswahl):
2023: „Extrudate“ – die Metamorphose
2022: „Trophäenschau“
2020: Kurator: „Zwischenwelten“ Maria Bierbaum
2019: nackt; Koksbrandworkshop mit der Ortweinschule Graz 
2018: SALIGIA Die Sieben Todsünden
https://gregor-fauland.at/

Fotos: Oliver Wolf, beigestellt

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