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Sichere Schlüssel für DAS INTERNET DER DINGE

Anwendung in Milliarden Devices: TU Graz-Forscherin Maria Eichlseder, eine der weltweit führenden Forscherinnen im Bereich der Kryptographie, macht mit dem Algorithmus ASCON das Internet of Things und damit unsere Welt ein Stück sicherer. Eine Spitzenleistung, die ihr den Gewinn unseres Science-Award in der Kategorie „Senior Scientist Grundlagenforschung“ einbrachte.

Die Meldung ging vor einem Jahr durch die Medien. Der Inhalt, ganz unkryptisch gesprochen, eine kleine Weltsensation für den Wissenschaftsstandort Österreich: Das US-amerikanische „National Institute of Standards and Technology“ (NIST) kürte einen an der TU Graz entwickelten Algorithmus zum internationalen Standard für „Lightweight Cryptography“. Diese Spezialdisziplin der Kryptographie beschreibt Verschlüsselungsverfahren für kleine, leichtgewichtige, elektronische Geräte – wie zum Beispiel Smart-Home-Devices, RFIDTags, Sensoren, smarte Bauteile in Autos oder Industrieanlagen, medizinische Implantate, schlüssellose Autoöffner und vieles mehr. „Im Grunde alles, was sich unter dem Titel Internet of Things zusammenfassen lässt. Es geht also um viele Millionen kleiner Devices, die künftig nach dem neuen Standard verschlüsselt werden“, erklärt Maria Eichlseder, Professorin am Institut für Angewandte Informationsverarbeitung und Kommunikationstechnologie (IAIK) der TU Graz, die ASCON – so der Name des Algorithmus – gemeinsam mit ihren damaligen Kollegen Christoph Dobraunig, Florian Mendel und Martin Schläffer entwickelte. Und sich damit gegen weltweite Konkurrenz von 56 Kryptographen-Teams durchsetzen konnte. Ein Adelsschlag von höchster Stelle, schließlich gilt NIST als die entscheidende, global anerkannte Instanz, der Hard- und Softwarehersteller aus aller Welt Folge leisten. „Hat man sich einmal für einen Standard entschieden, dann gilt dieser in der Regel für Jahrzehnte“, so Eichlseder, die sich über den Erfolg doppelt freut. „Zum einen haben wir seit mittlerweile fast zehn Jahren daran gearbeitet. Und zum zweiten freuen wir uns natürlich, dass wir die Welt damit ein Stück weit sicherer machen können. Schließlich werden die Bedrohungen in einer unsicheren Weltlage nicht geringer und damit auch Angriffe auf IT-Systeme nicht weniger“, so Eichlseder. Jedes einzelne Device – bis hin zum Sensor eines Staubsaugers – könne zum Einfallstor für Hacker werden. „Die Schadensszenarien kann sich jeder vorstellen, wenn Angreifer in die Sensorik eines Autos oder einer Fabrikanlage eindringen.“ Von Überwachung bis zur Sabotage reichen die Motivationen der Zugriffe, die es zu verhindern gilt. „ASCON zeichnet aus, dass er größtmögliche Sicherheit in einem limitierten Umfeld garantiert, da bei Lightweight-Anwendungen nur wenig Energie und Rechenleistung zur Verfügung stehen.“ Zudem müsse der Algorithmus darüber hinaus auch noch zusätzliche Features gegen physikalische Angriffe, wie z.B. Unterbrechungen der Stromzufuhr oder Seitenkanalangriffe, aufweisen. „Gewissermaßen also die Quadratur des Kreises, die uns offenbar gelang“, lacht die Forscherin.

Informatik hat einen enormen Einfluss auf unser aller Alltag. Schon aus dem Grund wäre hier ein höherer Frauenanteil wünschenswert.

MARIA EICHLSEDER, KRYPTOLOGIN DER TU GRAZ

Schlägt sich die Verwendung in zig Millionen, wohl eher Milliarden Anwendungen auch finanziell nieder? „Nein“, winkt Eichlseder ab, „Patente sind in der Welt der Kryptographie verpönt. In dieser Szene tummeln sich viele Idealisten. Eine Community-Kultur, die mir sehr behagt“, gesteht sie. „Daher sehe ich meine Zukunft auch weiterhin in Forschung und Lehre“, so Eichlseder, die in den vergangenen Jahren als Autorin bzw. Co-Autorin von rund 50 wissenschaftlichen Artikeln in Fachzeitschriften und Konferenzberichten in Erscheinung trat und weltweit zu den Top 10 Wissenschafterinnen auf dem Gebiet der Kryptographie zählt. Ihr exaktes Forschungsgebiet beschreibt sie selbst als Kryptoanalyse. „Diese beschäftigt sich mit der Verbesserung von Verfahren, um Algorithmen zu brechen – mit dem Ziel, Sicherheitslücken aufzudecken und die Algorithmen schließlich zu verbessern.“ Oder anders formuliert: „Wir versuchen Schwachstellen zu entdecken, bevor sie mögliche Angreifer finden – gleichsam ein Frühwarnsystem.“ Dabei werden in der Regel bestehende Verschlüsselungsverfahren analysiert und evaluiert oder eben – wie im Falle von ASCON – neue Verfahren, meist im Rahmen von internationalen Wettbewerben, entwickelt.

Selbst kam die 35-Jährige im Zuge eines Schülerprogramms am IAIK der TU Graz auf den Geschmack. „Asymetrische Verschlüsselungsverfahren haben mich dermaßen begeistert, dass der Funke sofort übersprang“, so Eichlseder, die ihren ursprünglichen Karriereplan, ein Sprachenstudium, aufgab und schließlich in Informatik und Technischer Mathematik inskribierte, ehe sie darin im Jahr 2018 – als erste Frau in der Geschichte der TU Graz – „sub auspiciis praesidentis“ promovierte. „Der Frauenanteil in der Informatik ist immer noch viel zu gering. Vor allem deshalb schade, weil Informatik einen enormen Einfluss auf unser aller Alltag hat und unterschiedliche Perspektiven dem Fach und seinen Anwendungen gut tun würden“, so Eichlseder, die zuletzt mit dem renommierten Hedy Lamarr Preis 2023 ausgezeichnet wurde. Über Computersprachen hinaus bleibt sie auch ihrer zweiten Leidenschaft – Fremdsprachen – treu und erfreut sich in ihrer Freizeit an angewandter Linguistik. In ihrem Bücherregal findet sich Tolkiens „Der Herr der Ringe“ in 60 Sprachen – inklusive Arabisch und Chinesisch.

Maria Eichlseder
Studium der Informatik und Technischen Mathematik an der TU Graz – inspiriert von einem Schüler-Praktikum im Bereich Kryptographie an der TU Graz Spezialisierung auf symmetrische Kryptographie und Kryptanalyse Promotion im Jahr 2018 „sub auspiciis praesidentis“, als erste Frau in der Geschichte der TU Graz

Seit 2019 Assistenzprofessorin und Leiterin einer Forschungsgruppe am Institut für Angewandte Informationsverarbeitung und Kommunikationstechnologie (IAIK) der TU Graz Das von ihr gemeinsam mit drei Kollegen entwickelte Verschlüsselungsverfahren ASCON wurde nach mehrjährigem Auswahlprozess vom US-National Institute of Standards and Technology (NIST) zum neuen weltweit gültigen Verschlüsselungsstandard in der Kategorie „Lightweight Cryptography“ gekürt.

Für ihre Lehre erhielt sie den Preis für Exzellente Lehre der TU Graz. Eichlseder ist auch Gewinnerin des Hedy Lamarr Preis 2023 der Stadt Wien. 
www.iaik.tugraz.at

FOTOS: MIAS PHOTOART

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