Spirit of Styria

Hightech, Sushi und DIE UNI DER ZUKUNFT

Ein Thinktank der Logistik, eine Technologie-Hochburg Österreichs und eine Universität, die sich den globalen Zukunftsfragen stellt: ILS-Mastermind Kajetan Bergles, Leobens Bürgermeister Kurt Wallner sowie der designierte Rektor der Montanuniversität Leoben Peter Moser im spannenden Dreier-Interview über den Mehrwert der Vernetzung und das Betriebssystem der Welt.

Leoben, Logistik und Lehrstuhl: ILS-Mastermind Kajetan Bergles (r.) mit Leobens Bürgermeister Kurt Wallner (l.) und dem designierten Rektor der Montanuniversität Leoben Peter Moser (M.)

Independent Logistics Society und Internationaler Logistik Sommer – seit dem Vorjahr ist alles anders. Oder doch nicht? Was genau ist die ILS?
BERGLES: Tatsächlich hat sich viel verändert. Alles begann mit einer Veranstaltung vor 21 Jahren rund ums Thema Logistik in Leoben – dem Internationalen Logistik Sommer (ILS). Mittlerweile hat sich die ILS in die Plattform „Independent Logistics Society“ verwandelt, die den Logistik Sommer als Main Event veranstaltet. Mit ILS365 können wir unseren Partnern eine hochwertige Plattform bieten, die wir 365 Tage im Jahr mit spannendem Content bespielen, darunter zahlreiche Micro-Events rund um Digitalisierung und Nachhaltigkeit – ein echter Mehrwert für unsere Partner. Wir dürfen nicht vergessen: Logistik ist das Betriebssystem der Welt. Heute mehr denn je. Viele Unternehmen sind längst Logistiker, ohne sich dessen bewusst zu sein – denn das Thema Logistik ist heute praktisch in jedem Unternehmen zentral.

Leoben und Logistik: Wie passt das zusammen? Inwiefern ist Leoben ein Hotspot für Logistik?
WALLNER: Leoben ist heute ein höchst erfolgreicher und moderner Industriestandort. Und Industrie ohne Logistik wäre gar nicht möglich. Schließlich müssen die Produkte, die hier erzeugt werden, in die ganze Welt transportiert werden. Auch die Produktionslogistik wird immer wichtiger, vorangetrieben durch die Digitalisierung. Dazu kommt exzellente Forschung, die in Leoben dank der Montanuni einen hohen Stellenwert hat und den Technologiestandort stärkt. Dadurch ist Leoben prädestiniert, Host City für den Logistik Sommer zu sein. Ein Erfolg mit langer Vorgeschichte. Die Stadt Leoben initiierte bereits 1999 ein Logistikzentrum am Standort der einstigen Konsum-Betriebe und gründete damals einen Logistik-Club. Kurz darauf wurde der allererste Logistik Sommer veranstaltet.

Der Bezug der Montanuniversität Leoben zum Thema Logistik?
MOSER: Es gibt viele Verbindungen, schließlich ist die Montanuniversität eng mit der rohstoff- und energieintensiven Industrie verknüpft. Ob Ressourcen-, Energie- oder Produktionseffizienz – das sind allesamt Bereiche, die logistisches Know-how erfordern. Dabei gibt es heute in jedem Unternehmen enorm viel zu tun. Die Montanuniversität ist im Bereich der angewandten Forschung angesiedelt, daher ist für uns die Nähe zu Industrie- und Logistikunternehmen zentral. Unsere Forschungen zielen darauf ab, die Prozesse nachhaltiger, energie- und ressourceneffizienter zu machen, nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch und sozial. Daher gewinnt der Lehrstuhl für Industrielogistik, der bereits vor 20 Jahren an unserer Uni gegründet wurde, weiter an Bedeutung.

„Logistik ist das Betriebssystem der Welt. Heute mehr denn je. Viele Unternehmen sind längst Logistiker, ohne sich dessen bewusst zu sein.“ Kajetan Bergles, ILS-Mastermind

An wen richtet sich die ILS bzw. das Main Event in Leoben?
BERGLES: Wir haben eine sehr breite Zielgruppe und bringen Schülerinnen und Schüler, Studierende, Start-ups, KMU und Corporates zusammen. Unser Ziel ist, das Th ema Logistik an eine möglichst breite Öffentlichkeit zu tragen – generationen- und branchenübergreifend. Über Logistik wird ja meist nur gesprochen, wenn es Probleme gibt – etwa wenn der Suez-Kanal blockiert ist. Aber in Wahrheit gibt es viele positive Dinge, die mit dem Th ema Logistik verknüpft sind und mit denen wir Menschen begeistern wollen. Einen besonderen Schwerpunkt in diesem Jahr bilden Lehrlinge. Wir wollen junge Menschen mit Corporates zusammenbringen und ihnen eine Bühne geben.

Das Jahresthema der ILS lautet „Digital Efficiency“ – was ist darunter zu verstehen?
BERGLES: Wir kommen ja aus der Industrielogistik, die einen starken Konnex zur Digitalisierung hat – in der Corona-Zeit hat die Digitalisierung einen Boom erlebt und viele Branchen erst überlebensfähig gemacht. Jetzt wollen wir Digitalisierung mit Effizienz und Nachhaltigkeit verknüpfen. Inwieweit kann uns Digitalisierung helfen, Prozesse in Logistik und Industrie effizienter und grüner zu machen? Da gibt es ungemein viele Ansätze und Lösungen, über die wir uns austauschen wollen. Wir wollen ein Thinktank der Logistik sein.

Digital Efficiency: Wie gelingt der Stadt Leoben der Brückenschlag zwischen Tradition und Innovation?
WALLNER: Wir haben einerseits eine lange Tradition in der Eisen- und Stahlerzeugung sowie im Bergbau, aber längst ist Leoben ein hochmoderner Industrie- und Technologiestandort mit Weltmarktführern aus unterschiedlichen Bereichen – ob voestalpine, AT&S, RHI, Mayr-Melnhof oder KNAPP. Damit sind wir eine echte Technologie-Hochburg in Österreich. Wir sind attraktiver Arbeitgeber mit 17.000 Arbeitsplätzen bei 25.000 Einwohnern. Alle diese Betriebe haben ihre Produktionen längst digitalisiert und investieren viel Geld in die Dekarbonisierung. So stellt die voestalpine gerade Teile der Produktion um, um künftig grünen Stahl zu erzeugen – eine wahre Revolution. Dafür braucht es Strom und die Infrastruktur – daher planen wir aktuell in Leoben gerade zwei Flusskraftwerke, einen Windpark und ein neues Umspannwerk.

Independent Logistics Society ILS 2023
Interdisziplinäre Plattform für Driving Trends rund um Digitalisierung und Nachhaltigkeit in der Logistik. Das Main Event der ILS ist der Internationale Logistik Sommer, der in diesem Jahr zum 21. Mal in Leoben über die Bühne geht.
20. und 21. September im Live Congress Leoben.
Das Jahresthema lautet „Digital Efficiency“ https://ils365.at

Wie kann die Forschung Logistik und Industrie effizienter und grüner machen?
MOSER: Eine Stahlproduktion wie hier in Donawitz ist technologisch absolute Weltspitze. Hochkomplexe Abläufe ermöglichen es, zunehmend grünen Premiumstahl für die Automobilindustrie oder andere Anwendungen zu produzieren. Dafür braucht es eine ausgeklügelte Versorgungslogistik mit unterschiedlichen Input-Rohstoffen für den Produktionsprozess ebenso wie die notwendige Energie – in der Produktion selbst fallen neben dem Output auch Unmengen Rest- und Nebenstoffe an, die man ebenso in nutzenstiftende Anwendung bringen muss – eine Riesenherausforderung. Um diese Prozesse zu optimieren, muss man sie digital abbilden – dafür braucht es viel Know-how, ein zentrales Forschungsthema an unserer Uni. Auf diese Weise können wir die Systeme in puncto Effizienz und Emissionen immer weiter verbessern. Wir bewegen uns produktionstechnisch gerade in der Metallurgie an den Grenzen des Machbaren. Was für die Stahlindustrie gilt, trifft auch auf andere Branchen zu. So beschäftigen wir uns etwa mit der nächsten Generation an Werkstoffen für neue Chips, die nur mehr halb so viel Strom brauchen.

Was zeichnet die Partnerschaft der ILS mit der Stadt Leoben und der MUL aus?
BERGLES: Partnerschaften sind für uns extrem wichtig. Es freut mich, dass wir mit unserem Zugang bei Firmen und Organisationen einen Nerv treffen und die Themen gemeinsam vorantreiben. Das ist auch das Ziel bei unserem Main Event in Leoben. Wir haben wieder viel zu erzählen – so stellt Neurologe Wolfgang Lalouschek in seiner Keynote die Frage, was Digital Efficiency für uns Menschen bedeutet? Weiters geht es um die Themen Urbanisierung, Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft. Professor Michael Braungart wird uns die Vision einer Welt ohne Abfall darlegen. Zudem haben wir wieder eine Reihe innovativer Formate, darunter die dritte Auflage unseres KitchenTalks, wo wir uns in der „Kitchen“ in Leoben zum Talk treffen. Diesmal werden wir während der Zubereitung von Sushi über Logistik und Digitalisierung diskutieren.

„Der Strukturwandel in Leoben ist vollzogen, der Imagewandel voll im Gange. Unsere Logistikkompetenz und die Plattform ILS helfen uns dabei, dieses Image über die Grenzen hinauszutragen.“
Kurt Wallner, Bürgermeister Leoben

„Wir liefern Antworten auf Zukunftsfragen rund um Ressourcen, Energie und Klima. Mit einem Studium in Leoben kann jeder dazu beitragen, die Welt besser zu machen.“
Peter Moser, designierter Rektor der Montanuniversität Leoben

Das Missing Link zwischen Sushi und Logistik?
BERGLES: Da gibt es eine Menge Verbindungen hinsichtlich logistischer Optimierung, Verfügbarkeit und Effizienz. Der Sushi-Meister braucht schließlich die beste Qualität und muss sein Produkt genau auf den Punkt bringen – nur mit perfekter Beschaffungs- und Produktionslogistik wird der Gast zufrieden sein.

MOSER: Und die voestalpine liefert den perfekten Stahl für das Sushi-Messer. (lacht)

Event-Highlights
International renommierte Speaker: Neurologe Wolfgang Lalouschek (Keynote-Speaker „Neurons & Bytes: The Logistics of our Brain“), Katja Maria Huber (Expertin für Change, Innovation & Customer Experience), Ökopionier Michael Braungart („Cradle to Cradle – Eine Welt ohne Abfall“), Startup-Gründer Johannes Braith (Storebox), Sandra Stein (Fraunhofer Austria Research, „Physical Internet“), Patrick Siebert (KI Enthusiast und AI Influencer) und andere. 
Weiters: 
Panel Discussiones, Use Cases und innovative Event-Formate wie der KitchenTalk, der erstmals stattfindende Knowledge Nexus sowie 360°Talks für und mit Masterminds, Newcomer und Start-ups. 

Auch die Stadt Leoben ist Träger logistischer Prozesse? Wie digital sind diese bereits?
WALLNER: Immer mehr Prozesse in der Stadtverwaltung lassen sich mittlerweile online bewerkstelligen – wenn auch noch Luft nach oben herrscht. Ob bei Parkleitsystemen in der Stadt, intelligenter Beleuchtung oder smarten Müllcontainern, die das System fixer Tourenplanung künftig flexibilisieren. Vor großen Herausforderungen stehen wir auch in der Umstellung der Busflotte und des Fuhrparks auf nachhaltige Antriebssysteme – schon allein, was die Infrastruktur und die künftig zu produzierenden Strommengen betrifft. Hier haben wir gerade einiges in Vorbereitung und investieren in die Zukunft unserer Stadt.

Die MUL ist auch „Logistiker von Wissen“. Welche Akzente werden Sie künftig setzen?
MOSER: Unsere neue Strategie beinhaltet drei Schwerpunkte: Ressourcen, Produktionsprozesse und -verfahren sowie Smart Materials. Bei diesen Themen haben wir eine herausragende Kompetenz. Und dieses Know-how wollen wir verstärkt in aktuelle Anwendungen mit globalen Fragestellungen bringen. So investieren wir neben einem House of Digitalization gerade in ein neues Wasserstoffzentrum. Egal, ob Wasserstoff oder Erneuerbare Energie aus Wind oder Photovoltaik – wir brauchen die richtigen Rohstoffe und Produktionsverfahren ebenso wie die richtigen Werkstoffe, um energieeffizienter zu werden und künftig CO2-Emissionen zu reduzieren. Auch die Zirkularität der Stoffflüsse wird immer wichtiger. Dazu kann die MUL einen enormen Beitrag leisten. Daher mein Appell an junge Menschen: Wir brauchen nicht nur eine Änderung des Verhaltens, wir brauchen vor allem technologische Lösungen! Aus diesem Grund nutzen wir Plattformen wie die ILS, um uns zu vernetzen und den Austausch mit der Industrie und den jungen Menschen zu be flügeln. Dabei wollen wir die Chancen aufzeigen, die eine Ausbildung an der MUL bietet: Denn wir beschäftigen uns mit Lösungen für wichtige Zukunftsfragen rund um Ressourcen, Energie und Klima. Mit einem Studium in Leoben kann jeder bzw. jede dazu beitragen, die Welt besser zu machen.

WALLNER: Der Slogan gefällt mir: „Komm nach Leoben und mach‘ die Welt ein Stück besser!“ Die Unternehmen und die Universität füllen die Stadt mit Leben und bilden die Lebensgrundlage für viele Menschen. Diese Zukunftsperspektive lockt mittlerweile Menschen von nah und fern an. Da in Leoben rund 90 Nationalitäten leben, arbeiten, forschen oder studieren, haben wir auch bereits eine internationale Schule im Regelbetrieb und arbeiten aktiv am weiteren Ausbau. Der Strukturwandel ist vollzogen, der Imagewandel voll im Gange. Unsere Logistikkompetenz und die Plattform der ILS helfen uns dabei, dieses Image über die Grenzen hinauszutragen.

Fotos: Oliver Wolf

ILS365 – DIE PLATTFORM
FÜR DIGITALISIERUNG UND NACHHALTIGKEIT IN DER LOGISTIK

Die Plattform lebt und die Community wächst! Innovation, Interaktion und Inspiration rund um Digitalisierung und Nachhaltigkeit in der Logistik – dafür steht die Independent Logistics Society, die mit ihrer Plattform ILS365 das ganze Jahr über die Vernetzung zwischen Wirtschaft, Wissenschaft, Industrie und Bildung vorantreibt. In sogenannten Micro-Events werden gemeinsam mit den ILS-Partnern Innovationen aus der Welt der Logistik vorgestellt und gesellschaftlich relevante Themen diskutiert. Bestes Beispiel ist der regelmäßig stattfindende KitchenTalk. Die 2. Auflage versammelte im Frühjahr Expertinnen und Experten aus Industrie, Logistik und Wissenschaft in „The Kitchen“ in Leoben. Unter dem Titel „Qualification as a Service“ wurde nicht nur über Fachkräftemangel, Digitalisierung und Skilltransfer diskutiert, sondern erfolgreich Pizza-Teig gerührt. Der Erfolg der Plattform sorgt längst auch bundesweit für Aufsehen. Im Vorjahr war das Team der ILS für den renommierten „Austrian Event Award 2023“ nominiert.

Kneten und Talken: Das ILSFormat KitchenTalk suchte nach Analogien zwischen Kulinarik, Digitalisierung und Logistik.

Das Kern-Team der Independent Logistics Society (v.l.): Julian Bergles-Tritscher, Vanessa Weiss, Andrea Stelzer, Sabine Lukas, Kajetan Bergles und Bernd Schweiger.

Fotos: Independent Logistics Society

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